Braunschweig. Der Vorstandsvorsitzende von BS-Energy, Kai Uwe Krauel, erklärt, warum sein Unternehmen den „Rückenwind“-Preis auslobt.

Mit dem Gemeinsam-Preis zeichnet unsere Zeitung Menschen aus, die sich in besonderer Weise für andere engagieren. Im vergangenen Jahr wurde zudem erstmals der „Rückenwind“-Preis für Unternehmen, die ihre Mitarbeiter mit besonderen Projekten und Ideen zum Bürgerengagement und Ehrenamt ermutigen, verliehen. Erster Preisträger war der Braunschweiger Energieversorger BS-Energy mit dem Projekt „50 mal 500 für Ehrenämter“. BS-Energy beschloss nun, den „Rückenwind“-Preis künftig selbst als Gemeinsam-Preis auszuloben – und damit nachhaltig fortzusetzen. Darüber sprachen Armin Maus, Henning Noske und Nadine Zimmer mit dem BS-Energy-Vorstandschef Kai Uwe Krauel (52).

Warum investieren Sie seit Jahren so viel in das ehrenamtliche Engagement Ihrer Mitarbeiter?

Das geschieht aus einem entscheidenden Beweggrund. Wir sind ein besonderes Unternehmen, denn durch unsere Netze – Strom, Gas, Fernwärme, Wasser – sind wir im wahrsten Sinne des Wortes verwurzelt in Braunschweig. Das erklärt unsere besondere Beziehung zu unserer Stadt. Auch unsere Mitarbeiter wohnen natürlich hier – und in der Region. Deshalb ist es uns wichtig, dass wir uns auch hier für das Gemeinwohl engagieren.

„Du lebst nicht allein, du bist Teil einer Gemeinschaft, die dich dringend braucht.“
„Du lebst nicht allein, du bist Teil einer Gemeinschaft, die dich dringend braucht.“ © Kai Uwe Krauel über die Philosophie des Bürgerengagements.

Ihr Unternehmen fördert das gezielt. Wie haben Sie die Förderung aufgebaut?

Es begann schon 2008. Ausgangspunkt war ein Zeitungsbericht: Immer mehr Arbeitnehmer haben Angst, ihre ehrenamtliche Tätigkeit gegenüber dem Arbeitgeber zu offenbaren. Die sorgten sich, dass dadurch Kapazitäten für die Firma verloren gehen könnten. Das haben wir diskutiert. Und uns gesagt: Glaubt man der Statistik, dann müssten sich doch auch bei uns von insgesamt 1200 Mitarbeitern ungefähr 300 bis 400 Mitarbeiter in ihrer Freizeit ehrenamtlich engagieren.

Und denen wollten wir Mut machen! Keine Angst, das war das Signal. Wir wollen ehrenamtliches Engagement sogar honorieren.

„Wer seine Freizeit für wichtige Aufgaben opfert, der ist auch im Beruf eine Bank.“
„Wer seine Freizeit für wichtige Aufgaben opfert, der ist auch im Beruf eine Bank.“ © Kai Uwe Krauel über die besonderen Tugenden engagierter Mitarbeiter.

Außerdem wollten wir auch gemeinnützige Vereine und Organisationen unterstützen, die wir noch nicht kennen. Also haben wir einen Wettbewerb gestartet: Sagt uns, wo Ihr engagiert seid. Und wir fördern eure Vereine mit Geld.

Wie sind Sie dann vorgegangen?

Annette Schütz, die Leiterin unseres Kommunikationsbereichs, hatte die Idee. Von Anfang an ging es uns nicht nur um einmalige Aktionen, sondern um dauerhaftes Engagement. Also haben wir Kriterien aufgestellt – und ein Budget: 25 000 Euro im Jahr. Jeweils 500 Euro Förderung als Spende sollte die Größe sein – also jedes Jahr „50 mal 500 für Ehrenämter“. Das haben wir ausgeschrieben. Bedingung: mindestens 100 Stunden Engagement pro Jahr. Wir hatten zunächst überhaupt keine Vorstellung, wie groß die Resonanz sein würde. Doch gleich im ersten Jahr hatten wir mehr als 100 Bewerbungen. So ging das dann immer weiter. Gerade feiern wir Zehnjähriges. Und es sind immer noch zwischen 70 und 100 Bewerbungen in jedem Jahr!

Und damit fördern sie nicht nur das Engagement, damit lernen Sie auch Ihr eigenes Unternehmen noch besser kennen?

Ja, stimmt, wir hätten zum Beispiel gar nicht gedacht, wie viele Mitarbeiter sich in den Freiwilligen Feuerwehren engagieren. Es sind tatsächlich 162 Vereine und Einrichtungen, die wir mittlerweile über diese Aktion unterstützt haben. Und damit unsere Unterstützung auch nachhaltig ist, können sich Mitarbeiter, deren Engagement bereits gewürdigt wurde, nach zwei oder drei Jahren noch einmal bewerben.

Wie wird entschieden?

Ganz einfach. Wir losen aus, wenn mehr als 50 förderfähige Anträge eingehen. Denn wir wollen Engagement nicht unterschiedlich behandeln. Die Bewerber müssen alle eine Bestätigung ihres Vereins, ihrer Organisation über die ehrenamtlich geleisteten Stunden vorlegen.

Mit dieser Art, Rückenwind zu geben, haben Sie jetzt zehn Jahre Erfahrung und sind erster Preisträger des Rückenwind-Gemeinsam-Preises unserer Zeitung. Nun wollen sie sogar der Stifter dieses Preises werden. Was hat Sie dazu bewogen?

Wir haben erkannt, dass der Rückenwind-Preis exakt unsere Intention trifft. Das hat noch gefehlt. Und so können auch noch mehr Betriebe inspiriert werden. Das ist uns als BS-Energy sehr wichtig. Denn wir wissen mittlerweile: Ehrenamtliches Engagement der Mitarbeiter schadet dem Unternehmen nicht, es nutzt ihm. Wer seine Freizeit für wichtige Aufgaben opfert, der ist auch im Beruf eine Bank.

Auch eine öffentliche Preisübergabe ist ein ganz wichtiger, würdiger Akt. Es geht um Anerkennung. Das sehen wir immer wieder auch bei unserer feierlichen Bekanntgabe der Gewinner. Da kommt ganz viel zurück. Man schaut in die Augen der Mitarbeiter und sieht: Sie sind stolz auf ihr Unternehmen. Da helfen wir gern mit, andere Unternehmen zu ähnlichen Projekten zu motivieren.

Haben es kleinere Unternehmen nicht aber dennoch etwas schwerer? Geben Sie Ihre Erfahrungen auch weiter, vielleicht mit einem Workshop?

Dazu sind wir sehr gern bereit. Wir tun es ja auch nicht als Selbstzweck. Wir sind nach unseren Erfahrungen überzeugt, dass sich die Motivation der Mitarbeiter über die Förderung ihres ehrenamtlichen Engagements steigern lässt. Wenn sich dieser Gedanke durchsetzt, dann finden wir das großartig.

Damit werden Sie nachhaltig zu einem Teil des Gemeinsam-Preises. Was bedeutet Ihnen das?

Darauf sind wir stolz, und wir empfinden es auch als Anerkennung für das, was wir in den vergangenen zehn Jahren gemacht haben. Ja, Nachhaltigkeit ist für uns das entscheidende Kriterium. Einmaliges Engagement ist auch schön und wichtig, aber noch schöner und wichtiger ist das regelmäßige, dauerhafte Engagement, das Vorbilder produziert und Nachahmer findet.

Damit wird nachhaltig verändert und verbessert, damit werden notwendige Diskussionen angestoßen. Davon profitieren alle, Stadt, Region, Unternehmen. Ein solches Rückenwind-Klima brauchen wir. Das passt gut zum Gemeinsam-Preis Ihrer Zeitung, der bereits Einzelpersonen und Gruppen hervorhebt. Die Betriebe und Unternehmen haben da noch gefehlt. Das passt und rundet das Bild ab.

Sie wollen dem Rückenwind-Preis auch durch eine Trophäe ein Gesicht geben.

Richtig, gemeinsam mit dem Galeristen Olaf Jaeschke haben wir den Kontakt zu einem renommierten Künstler geknüpft, Heinrich Brockmeyer. Die Formensprache seiner Skulpturen passt zu unserem Preis und zum Thema Rückenwind. Die Skulptur, die wir gemeinsam vorstellen werden, soll dann ein Wanderpokal werden. Ein Jahr lang geht er in das Unternehmen, das gewonnen hat. Und die Gewinner erhalten zusätzlich eine vom Künstler signierte Skizze der Trophäe mit der Jahreszahl des Preises. Außerdem ist der Preis mit 1000 Euro dotiert.

Und wo engagieren Sie sich persönlich?

Das Engagement in der IHK-Vollversammmlung ist ehrenamtlich, außerdem bin ich ehrenamtlicher Handelsrichter am Landgericht. Dazu engagiere ich mich als Kuratoriumsmitglied bei Soli Deo Gloria, bei der Gesellschaft der Staatstheaterfreunde sowie im Hochschulbund. Dann sitze ich noch in einigen Stiftungen im Beirat. Die Konzernmutter sieht übrigens unser Engagement auch positiv. Veolia hat unser Programm jetzt von Berlin aus übernommen und mittlerweile bundesweit aufgezogen. So sind wir mit „50 mal 500 für Ehrenämter“ zum Modell Braunschweig geworden.

Das ist ein positives Modell. Manchmal gibt es jedoch auch Kritik, dass im Bereich der Wirtschaft, der Schulen und Hochschulen noch deutlich mehr für das Engagement getan werden könnte.

Das denke ich auch. Ich denke, dass die Situation, die da 2008 kritisiert wurde und die für uns den Anstoß gab, bis heute anhält. Es muss noch mehr geschehen. Für die Freiwilligen Feuerwehren und den Katastrophenschutz zum Beispiel ist das existenziell.

Von den sichtbar werdenden persönlichen Tugenden der Engagierten, über die wir gesprochen haben, kann auch der Bildungsbereich stärker profitieren.

Gerade junge Menschen brauchen hier Ermutigung, aber auch Anerkennung. Die Philosophie lautet: Du lebst nicht allein, du bist Teil einer Gemeinschaft, die dich dringend braucht. Unser Gemeinwesen hängt davon ab, dass diese Mentalität lebendig ist. Sie muss auch belohnt werden.