Berlin. Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel verzichtet auf die SPD-Kanzlerkandidatur. Allseits beliebt war er nie - hier ein Porträt:

Sigmar Gabriel ist einer der schillerndsten Politiker in Deutschland. Rhetorisch stark, hellwach, nah an den Menschen. Aber auch mitunter sprunghaft, rüde im Umgang mit Parteifreunden. Neben der SPD ist seine niedersächsische Heimat Goslar sein Fixpunkt. Dort ist der frühere Lehrer mit einer Zahnärztin verheiratet. Das Paar hat eine gemeinsame Tochter und erwartet im Februar noch ein Kind.

1999 wird er im Alter von 40 Jahren in Niedersachsen jüngster Ministerpräsident. Bei der Landtagswahl vier Jahre später steht Gabriel als großer Verlierer da. Er stürzt in ein tiefes Karriereloch, macht als Musikbeauftragter der SPD Schlagzeilen („Siggi-Pop“). Der damalige SPD-Chef Franz Müntefering verhilft ihm 2005 zum Comeback.

Gabriel wird in der schwarz-roten Koalition Bundesumweltminister. Er kniet sich rein, glänzt mit Fachwissen, treibt den Klimaschutz voran. 2009 übernimmt er nach der desaströs verlorenen Bundestagswahl den Parteivorsitz und richtet die SPD auf. Seit nunmehr sieben Jahren führt er die älteste deutsche Partei - so lange war seit Willy Brandt niemand SPD-Vorsitzender. 2013 gelingt es Gabriel, die SPD per Mitgliederentscheid von der großen Koalition mit der Union zu überzeugen. Er selbst wird Wirtschaftsminister und Vizekanzler.

Gabriel hat einiges geschafft: bei der Sicherung von knapp 15 000 Jobs bei der Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann mitgeholfen; gegen den Willen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Frank-Walter Steinmeier als künftigen Bundespräsidenten durchgesetzt; das EU-Kanada-Handelsabkommen Ceta gerettet.

In den Umfragen zahlt sich das nicht aus. Seit langem ist Gabriel intern umstritten. Beim Parteitag im Dezember 2015 in Berlin wird er mit nur 74 Prozent wiedergewählt. Er denkt an Rücktritt.

Als Parteichef hat der 57-Jährige nun den ersten Zugriff auf die Kanzlerkandidatur.- und er lehnt ab. dpa