Braunschweig. Nur 2,6 Prozent der Einbrüche enden mit einer Verurteilung. Strafen schrecken die Täter deshalb kaum ab.

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Unser Leser Helmut Krüger aus Wolfsburg fragt:

Wie viele von den Tätern wurden denn verurteilt?

Die Antwort recherchierte Jens Gräber

Bei der Vorstellung der niedersächsischen Strategie gegen Einbrüche hat Innenminister Boris Pistorius (SPD) gestern den Schock betont, den eine solche Tat bei den Opfern auslöst. „Ein Einbruch ist ein unglaublich drastischer Eingriff in das Leben der Opfer. Denn: jemand völlig Fremdes ist in die persönliche Sicherheits- und Wohlfühlzone eingebrochen“, so Pistorius.

„Ein Einbruch ist ein unglaublich drastischer Eingriff in das Leben der Opfer.“
„Ein Einbruch ist ein unglaublich drastischer Eingriff in das Leben der Opfer.“ © Boris Pistorius (SPD), niedersächsischer Innenminister

Da liegt die Frage nahe, die unser Leser stellt: Wie viele der Täter werden eigentlich bestraft? Für Niedersachsen teilt das Landeskriminalamt mit, dass es im vergangenen Jahr 16 575 Einbrüche gab, in etwa einem Viertel der Fälle wurden Tatverdächtige ermittelt. Die Zahl der Verurteilungen ist aber deutlich geringer, wie Gina Rosa Wollinger vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) erklärt: Nur 2,6 Prozent der erfassten Einbrüche endeten tatsächlich mit einer Verurteilung. Das ergab die Untersuchung einer Stichprobe von Fällen.

Was tut die Polizei, um Einbrüche zu verhindern?

Angesichts der niedrigen Aufklärungs- und Verurteilungsquoten bei Wohnungseinbrüchen ist Prävention umso wichtiger. Niedersachsen verfolgt hier nach den Worten des Innenministers einen neuen Ansatz, der in den USA schon mit Erfolg benutzt wird: Rechenmodelle versetzen Computer in die Lage, aufgrund bereits verübter Taten vorherzusagen, wo wahrscheinlich die nächsten geschehen werden. Die Idee beruht, vereinfacht gesagt, auf der Erkenntnis, dass einer ersten Tat oft in kurzer Zeit weitere in der Umgebung folgen.

Die neue Technik soll in einem Pilotprojekt in unserer Region getestet werden. Die zuständige Polizeidirektion in Braunschweig wollte auf Anfrage unserer Zeitung noch keine weiteren Details verraten, die über das hinausgehen, was Pistorius vorgestellt hat.

Zusätzlich setzt die Polizei auf die Beratung der Bürger. In unserer Region gibt es mehrere Ansprechpartner, die auf Wunsche Bürger zu Hause beraten und ganz konkrete Tipps geben, wie die Wohnung oder das Haus sicherer werden kann (siehe unten). Stefan Weinmeister von der Braunschweiger Polizeidirektion hat noch einen speziellen Tipp für alle Nutzer sozialer Medien: „Wenn man dort postet, dass man sich auf einen dreiwöchigen Urlaub freut, kann das ein Risiko sein“, sagt er.

Wie sind die Reaktionen auf die von Pistorius vorgestellte Strategie?

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Niedersachsen teilt mit, sie habe bereits in der Vergangenheit ein Pilotprojekt zur Vorhersage von Straftaten befürwortet. „Das System kann helfen, Arbeit nimmt es der Polizei aber nicht ab“, erklärt der GdP-Landesvorsitzende Dietmar Schilff.

CDU-Fraktionschef Björn Thümler wirft Pistorius vor, eine Forderung seiner Partei nun als eigene Idee auszugeben. In der Sache befürwortet aber auch er den Ansatz: „Der Einsatz einer Prognosesoftware ist ein echter Fortschritt.“

Schrecken höhere Strafen die Täter ab?

Diese Frage ist allgemein schwer zu beantworten. Das KFN in Hannover befragt gerade eine Gruppe von verurteilten Einbrechern, die derzeit im Gefängnis sitzen. Ziel: mehr zu erfahren über Einbruchskriminalität – und was man dagegen tun kann.

Projektleiterin Gina Rosa Wollinger glaubt nach ersten Ergebnissen nicht, dass höhere Strafen abschrecken. „Die Täter kalkulieren nicht streng rational, was sie erbeuten können und was sie eventuell als Strafe dafür bekommen. Wichtiger ist: Wie hoch ist die Chance, erwischt zu werden? Und die ist gering.“ Von der von der Großen Koalition geplanten Abschaffung des minderschweren Falles beim Einbruch hält Wollinger nichts. Es gebe durchaus Fälle, die eher Lappalien seien und wo eine geringe Strafe ausreiche.

Unser Leser Hans-Jürgen Ziegler aus Braunschweig fragt: Wie hoch ist der Anteil an Deutschen, an EU-Ausländern, an sonstigen Ausländern und Flüchtlingen bei den ermittelten Tätern?

Das Landeskriminalamt teilt dazu mit, dass der Anteil ausländischer Tatverdächtiger bei Einbrüchen in Niedersachsen von 2011 bis 2015 von 20 auf über 30 Prozent gestiegen ist. Rund 12 Prozent der gesamten Tatverdächtigen sind laut Statistik für das Jahr 2015 Asylbewerber, Geduldete oder Ausländer, die sich unerlaubt in Deutschland aufhalten. Die drei wichtigsten Herkunftsländer der ausländischen Tatverdächtigen: Albanien, Rumänien und Polen. Nur ein Zehntel der ertappten Rumänen etwa hat laut LKA einen Wohnsitz in Niedersachsen – das heißt, die meisten sind reisende Täter.