Braunschweig. Der ZGB erhält bis 2021 zusätzliche 30 Millionen Euro. Das Geld kommt vom Bund und soll zum Teil in einen enger getakteten Fahrplan investiert werden.

Unser Leser Martin Kämmer aus Salzgitter fragt:

Bekommt Lebenstedt irgendwann mal wieder einen richtigen Bahnhof?

Neue Regiobus-Linie 740

Die Antwort recherchierte Dirk Breyvogel

Neue Regiobus-Linie 660

Die Frage des Lesers ist zum heutigen Zeitpunkt noch nicht abschließend zu beantworten. Denn die Pläne des Zweckverbands Großraum Braunschweig (ZGB), was er mit den zusätzlichen 30 Millionen Euro aus den Regionalisierungsmitteln des Bundes bis zum Jahr 2021 machen will, sind noch abgeschlossen.

Für das nächste Jahr sieht der ZGB aber schon klar. Gestern kündigte er eine Aufstockung des Angebots im Schienennahverkehr um zusätzlich 111 Fahrten in der Woche an. „Wir verdichten das Netz“, erklärt Hennig Brandes, ZGB-Verbandschef. Auch der Bahnhof in Salzgitter-Lebenstedt spielt in den Plänen des ZGB eine Rolle. Erstmals wird am Wochenende die Regionalbahn RB 44 im einstündigen Takt zwischen Braunschweig, Salzgitter-Thiede und Lebenstedt verkehren. Das sieht der neue Fahrplan, der am 11. Dezember in Kraft tritt, vor. Ob das der Leser mit einem „richtigen Bahnhof“ meint? Zumindest gibt es ein zusätzliches Angebot auf dieser Strecke, das der ZGB finanziert und von der Deutschen Bahn umgesetzt wird.

Neben den Investitionen in ein dichter getaktetes Schienennahverkehrsnetz will der ZGB, der in unserer Region die Planungen, die Auftragsvergabe und Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) verantwortet, die bereits eingeläutete Modernisierung kleinerer Bahnhöfe fortsetzen. „Es geht hier zum einen darum, Geld in die Hand zu nehmen, um die Barrierefreiheit dort zu gewährleisten. Zum anderen wird ein Teil der zusätzlichen Fördermittel dafür aufgewendet, zu schauen, ob Bedarf besteht, zusätzliche Bahnhöfe zu bauen“, sagt Brandes. So werden im Rahmen der sogenannten Stationsoffensive unter anderem als mögliche neue Stationen Braunschweig-Bienrode, Broitzem, Rüningen und Wolfsburg-West genannt. Der ZGB kalkuliert bei der Modernisierung und der möglichen Neueinrichtungen von Stationen mit einem Gesamtvolumen von 40 Millionen Euro. „Neue Halltestellen stellen eher perspektivische Investitionen dar. Einen Bahnhof zu bauen, bedarf eines gewissen Vorlaufs, während die Bereitstellung eines neuen Fahrplans kurzfristiger möglich ist.“

Das gilt auch für den regionalen Busverkehr. Bislang betreibt der ZGB 36 Linien in seinem Verbandsgebiet. Zwei neue sollen hinzukommen. „Mehr als 250 zusätzliche Fahrten werden ab Dezember angeboten. Sie dienen der Taktverdichtung und der Verlängerung der Betriebszeiten im bestehenden Netz. Mit der neuen Linie 740 werden Cremlingen und Sickte an das Mittelzentrum Wolfenbüttel angebunden und in Weddel besteht künftig eine gute Verknüpfung an den Enno in Richtung Wolfsburg beziehungsweise Hildesheim und Hannover. Die zweite neue Linie 660 führt von Baddeckenstedt nach Salzgitter-Bad und erfüllt eine wichtige Erschließungs- und Zubringerfunktion mit Bahnanschluss an den Bahnhöfen Salzgitter-Bad und Baddeckenstedt“, hieß es in einer Pressemitteilung. „Auch vom verbesserten Regio-Bus-Angebot profitiere die gesamte Region“, ist sich Brandes sicher.

Der Vorsitzende der Verbandsversammlung, Detlef Tanke, der zusammen mit Brandes den Fünf-Jahres-Plan gestern vorstellte, betonte die Bedeutung, die die Investitionen in den Nahverkehr hätte. Tanke beschrieb auch den Gegenwind, der ihm aus Hannover entgegengeweht sei, als es um die Verteilung der Regionalisierungsmittel des Bundes ging. „Es ist ein Unterschied, Politiker aus der Region zu überzeugen. Wenn man aber auf Stimmen aus anderen Teilen Niedersachsens angewiesen ist, ist das nicht so einfach.“

Das verabschiedete Nahverkehrsgesetz sei aber auch bitter nötig gewesen, so Tanke. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die wirtschaftlich stärkste Region des Landes das schlechteste Nahverkehrssystem besitzen würde. Dieses jahrelange Ungleichgewicht habe sich mit den zusätzlichen Millionen, die im neuen Nahverkehrsgesetz für die Region festgeschrieben werden, aufgelöst.

Tanke nannte gestern das Beispiel der Großstädte Braunschweig und Wolfsburg, die im Schienennahverkehr immer noch nicht über einen 30-Minuten-Takt verbunden seien. Eines der wichtigsten Ziele sei, ergänzte Verbandschef Brandes, die Achse Salzgitter, Braunschweig, Wolfsburg mit Hilfe der neuen finanziellen Möglichkeiten im Bereich des Nahverkehrs zu stärken.

Auch die Oberbürgermeister aus Braunschweig, Ulrich Markurth (SPD), aus Wolfsburg, Klaus Mohrs (SPD) und aus Salzgitter, Frank Klingebiel (CDU), hatten sich über das Millionen-Plus für den ZGB erfreut gezeigt. Nach der Landtagsentscheidung in der vergangenen Woche hatten sie gemeinsam erklärt: „Das beharrliche Einfordern für eine bessere finanzielle Ausstattung des Zweckverband Großraum Braunschweig hat sich gelohnt. Das ist ein großer Erfolg für unsere Region und wird den öffentlichen Personennahverkehr endlich auf das Niveau vergleichbarer Regionen heben.“

Über alle Parteigrenzen hinweg hatten Politiker aus der Region das mit den Stimmen von Rot-Grün verabschiedete Nahverkehrsgesetz begrüßt. Der verkehrspolitische Sprecher der CDU im Großraum Braunschweig, Michael Kramer, sprach von der für die Verkehrspolitik „glücklichsten Nachricht seit 15 Jahren“ und einer „Zukunftsperspektive“ für die kommenden Jahre.

Björn Gryschka, der Sprecher des Fahrgastverbandes Pro Bahn für die Region Braunschweig-Hildesheim, wollte dann doch nicht so weit gehen. Er hält allerdings den überproportional hohen Anteil aus den Regionalisierungsmitteln des Bundes für die Region Braunschweig für gerechtfertigt. „Die entstandenen Nachteile werden langsam ausgeglichen“, so Gryschka. Er sieht den Weg, den der ZGB eingeschlagen hat, positiv. „Der Wettbewerb auf den Strecken durch die privaten Anbieter hat die Zugpreise für den gefahrenen Kilometer abgesenkt. Dadurch können für dasselbe Geld automatisch mehr Zugverbindungen eingesetzt werden. Das verbessert das Angebot für den Kunden.“

Gryschka ist auch Landessprecher von Pro Bahn. Er betont die Bedeutung eines landesweit gut ausgebauten Netzes im ÖPNV. „Wenn ich plane, von Oldenburg nach Wolfenbüttel zu fahren, muss ich wissen, dass ich auch ankomme. Was hilft es mir, wenn ich am Schluss die letzten 20 Kilometer nicht überbrücken kann?“