Braunschweig. Das Klinikum Wolfsburg kooperiert in einer neuen Studie mit dem Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig.

Unsere Leserin Cornelia Fehs fragt aus unserer Facebook-Seite:

Schützt eine Impfung Frauen vor Gebärmutterhalskrebs?

Die Antwort recherchierte Johannes Kaufmann

Etwa 4700 Frauen erkranken pro Jahr an Gebärmutterhalskrebs, 1700 sterben jährlich daran. Viele dieser Erkrankungen könnten verhindert werden, denn das sogenannte Cervix-Karzinom ist eine der wenigen Krebsarten, deren Ursache sicher bekannt ist: eine Infektion mit humanen Papillomviren (HPV), die beim Geschlechtsverkehr übertragen werden. Für die Entdeckung dieses Zusammenhangs erhielt der deutsche Mediziner Harald zur Hausen im Jahr 2008 den Nobelpreis. Seine Forschungen ermöglichten die Entwicklung eines Impfstoffs, der guten Schutz gegen die gefährlichsten Typen von HPV-Viren bietet und damit der Entstehung von Cervix-Karzinomen vorbeugt.

Das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig kooperiert jetzt in einer neuen Studie mit der Frauenklinik des Klinikums Wolfsburg bei der Erforschung von HPV und Cervix-Karzinomen. „Wir wollen ein Simulationsmodell für die HPV-Infektion entwickeln. Die ist sehr komplex, für viele Parameter konnten bisher lediglich Annahmen getroffen werden. Wir hingegen können jetzt auf die Daten des Klinikums zurückgreifen“, erklärt Professor Rafael Mikolajczyk, Leiter der Arbeitsgruppe Epidemiologische und statistische Methoden am HZI.

Denn das Wolfsburger Klinikum sammelt seit 2006 in mehreren Projekten Daten von insgesamt 28 000 Frauen aus der Region, die regelmäßig auf HPV getestet werden. „Nicht jede Infektion führt zu Krebs, aber jeder Krebs wird von einer Infektion ausgelöst“, sagt Professor Karl Ulrich Petry vom Klinikum Wolfsburg. Die Untersuchungen an der Frauenklinik hätten gezeigt, dass es im Schnitt etwa zehn Jahre von der Infektion über Gewebsveränderungen und Vorstufen bis zum Krebs dauert, mindestens aber sieben Jahre. „Wir haben die Frauen alle fünf Jahre untersucht und die dabei gefundenen Vorstufen entfernt. Dadurch konnten wir das Auftreten von Cervix-Karzinomen um drei Viertel reduzieren“, so Petry.

Eine kleinere Gruppe junger Frauen wurde außerdem jedes Jahr getestet. So habe man die Entwicklung von HPV-Infektionen, den Einfluss der Impfung und andere Faktoren untersuchen können. „Mit Hilfe des HZI können wir nun darstellen, wie sich HPV in der weiblichen Bevölkerung im Alter von 20 bis 70 Jahren verhält.“ Schon jetzt sei erkennbar, dass Infektionen, die zu Krebs führen, zumeist sehr früh erworben werden. „Wer sich später infiziert, bekommt deutlich seltener Krebs“, sagt Petry. Mindestens 80 Prozent der Frauen mit Cervix-Karzinom habe sich vor dem 30. Geburtstag infiziert.

Die Studie von HZI und Klinikum wird von der Niedersächsischen Krebsgesellschaft mit 15 000 Euro gefördert. „Bei wenigen Tumoren ist die Ursache so eindeutig, und bei wenigen Forschungsprojekten ist die Übertragung in den Klinik-Alltag so einfach“, begründet der Generalsekretär Professor Jörn Hilfrich die Finanzierung.

Die Professoren sind sich einig, dass die Impfung für den Kampf gegen Gebärmutterhalskrebs entscheidend ist. Der Impfstoff besteht aus einer künstlichen Virus-Hülle, die kein Erbgut enthält. Deswegen gilt er als besonders sicher, weil er, anders als Impfstoffe, die tatsächliche Viren enthalten, kaum Nebenwirkungen auslösen kann.

„Die EU will das Cervix-Karzinom bis 2050 in Europa ausrotten“, sagt Karl Ulrich Petry. Um das zu erreichen, sei es nötig, möglichst früh zu impfen: „Kurz vor dem ersten Geschlechtsverkehr ist zu spät. Sinnvoller wäre es bei Neun- bis Zehnjährigen“, fordert der Mediziner.