Braunschweig. Besonders Ford-Modelle schneiden in der Untersuchung schlecht ab. VW hat aus Fehlern gelernt, so die Tester.

Unser Leser Uwe Mahlendorf bemerkt auf unseren Facebookseiten:

Ich bin der Meinung, dass man sich auf VW eingeschossen hat, weil sie alles sofort zugegeben haben und nicht wie die anderen nur rumeiern.

Unter den sechs Fahrzeugen mit den schlechtesten Abgaswerten sind laut Umwelthilfe gleich drei Fahrzeuge des Herstellers Ford.
Unter den sechs Fahrzeugen mit den schlechtesten Abgaswerten sind laut Umwelthilfe gleich drei Fahrzeuge des Herstellers Ford.

Die Antwort recherchierte Andre Dolle

„Diesel-PKW praktisch sämtlicher Hersteller halten vorgeschriebene Grenzwerte nur im Labor ein.“
„Diesel-PKW praktisch sämtlicher Hersteller halten vorgeschriebene Grenzwerte nur im Labor ein.“ © Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe

Die in Deutschland meistverkauften Diesel-Autos reißen die Abgas-Werte oft gleich um ein Vielfaches. Das ist das Ergebnis der bisher umfangreichsten Abgas-Untersuchung der Deutschen Umwelthilfe im Straßenverkehr. Jürgen Resch, der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, stellte die Untersuchung der 36 getesteten Diesel-Fahrzeuge gestern vor.

Demnach überschritten die Fahrzeuge die Stickoxid-Grenzwerte teilweise um mehr als das Neunfache. Nur drei der Testfahrzeuge blieben unter den für die Euro-6-Norm geltenden Stickoxid-Grenzwerten (NOx) von durchschnittlich 80 Milligramm pro Kilometer für PKW beziehungsweise 125 Milligramm für Nutzfahrzeuge. „Das zeigt aber grundsätzlich, dass es geht“, sagte Resch. Stickoxide greifen die Atemwege an und können das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten erhöhen.

Unter den sechs Fahrzeugen mit den schlechtesten Abgaswerten sind laut Umwelthilfe gleich drei Fahrzeuge des Herstellers Ford. Am schlechtesten schnitt ein Ford Mondeo mit 739 Milligramm NOx ab. Das ist eine Überschreitung des Grenzwertes um den Faktor 9,2. Die besten Werte bei Dieselfahrzeugen erreichten ein Audi Q3 sowie ein Mercedes E 220d der neuen Motorengeneration. Auch der T6 von VW hielt den für dieses Fahrzeug geltenden Euro-6-Grenzwert von 125 mg NOx pro Kilometer auf der Straße ein.

In drei Fällen stellten die Hersteller laut Resch selbst die Autos zur Verfügung, die anderen Wagen wurden bei Autovermietern angemietet. Jeder der Wagen wurde zehn Mal im Straßenbetrieb getestet, üblich sind zwei bis drei Mal. Selbst der vom Bundesverkehrsministerium beim Kraftfahrt-Bundesamt in Auftrag gegebene Test sah so viele Fahrten nicht vor.

Für die Neuzulassung von Wagen reichen bislang in Deutschland in der Regel Abgastests auf dem Prüfstand im Labor. „Selbst bei sommerlichen Temperaturen verpesten die aktuell verkauften Euro-6-Diesel-PKW die Luft in unseren Städten 70 Mal mehr als moderne Benzin- beziehungsweise Benzin-Hybrid Fahrzeuge“, kritisierte Resch. Er kündigte weitere Tests in den Wintermonaten an. Wenn der politische Wille fehle, die Grenzwerte durchzusetzen, bleibe nur ein Fahrverbot für alle Diesel in Innenstädten.

Resch: Viele Hersteller nutzen illegale Abschalteinrichtungen

Der Verband der Automobilindustrie widersprach: Für mehr Luftqualität seien Innovation und Ingenieurskunst besser als reine Verbotspolitik. Am besten hätten in dem Test deutsche Konzernmarken abgeschnitten, hob der Verband hervor, der die deutschen Hersteller vertritt.

Auffällig ist laut der Umwelthilfe, dass die getesteten Modelle von VW im Mittel niedriger lagen als die der meisten anderen Hersteller. „Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass VW aus dem massiven öffentlichen Druck der letzten Monate gelernt hat“, sagte Verkehrsexperte Axel Friedrich, der die fachliche Leitung der Untersuchung der Umwelthilfe übernahm. „Es ist dringend nötig, dass andere Hersteller dies auch endlich verstehen und die Fahrzeuge im Felde nachbessern.“ Dass dies möglich ist, zeige das Beispiel des Opel Zafiras. Nach der Nachbesserung durch Opel seien die Stickoxidemissionen um 75 Prozent niedriger als bei vorangegangenen Messungen.

Resch nahm den Test zum Anlass, um seine Fundamentalkritik an den Herstellern – ganz im Sinne unseres Lesers – zu erneuern. „Der Abgasskandal, der mit VW im September 2015 ins Rollen gekommen ist, hat deutlich gemacht, dass Diesel-PKW praktisch aller Hersteller die vorgeschriebenen Abgasgrenzwerte nur im Labor einhalten und im realen Fahrbetrieb die Abgasreinigung rechtswidrig abgeschaltet wird“, sagte er. Opel, Renault, Fiat und andere sollen wie VW betrogen haben. Für die Umwelthilfe ist dies längst bewiesen, das Bundesumweltministerium hat sich noch nicht abschließend geäußert.

In einem Punkt irrt unser Leser übrigens. VW hat „alles sofort zugegeben“, behauptet er. Erst auf den monatelangen Druck der US-Umweltbehörden musste der Konzern schließlich einräumen, beim sogenannten „Clean Diesel“ betrogen zu haben. Die anderen Hersteller hatten sich mit ihren Diesel-Modellen gar nicht erst auf den US-amerikanischen Markt mit seinen strengen Umweltvorschriften gewagt.

TEST DER UMWELTHILFE

Die Messungen der Deutschen Umwelthilfe an den mehr als 30 meistverkauften Diesel-Modellen in Deutschland erfolgten im normalen Straßenverkehr. Es handelte sich um eine festgelegte Strecke von 32 Kilometern in Berlin, mit Anteilen von Stadtverkehr, Landstraße und Autobahn. Die Höchstgeschwindigkeit auf der Landstraße betrug 80 km/h, auf der Autobahn 120 km/h. Die Fahrer folgten den Hinweisen der in den Fahrzeugen vorhandenen Schaltanzeigen. Jedes Auto durchlief zehn Fahrten.