Hannover. Niedersachsens Kultusministerin Frauke Heiligenstadt muss den Stundenausfall in den Griff bekommen, tut sich dabei aber schwer.

Unsere Leserin Gisela Kamp aus Braunschweig fragt:

Das Thema gibt es nicht nur in Niedersachsen; fast überall gibt es große Probleme. Wie soll eigentlich der weiterführenden Bildung Rechnung getragen werden, wenn es schon am Anfang nicht klappt, weil angeblich Geld fehlt?

Die Antwort recherchierte Michael Ahlers

„Das ist kein Wert, der uns zufrieden stimmt.“
„Das ist kein Wert, der uns zufrieden stimmt.“ © Frauke Heiligenstadt (SPD), Kultusministerin, zur Unterrichtsversorgung

Der SPD-Abgeordnete Stefan Politze brachte es am Freitag im Kultusausschuss des Landtags auf den Punkt, aus Sicht der rot-grünen Koalition zumindest: „Lehrermangel haben wir bundesweit, und wir fahren die Ausbildungskapazitäten hoch.“ Doch damit ist die Debatte für Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) nicht erledigt. Denn zum einen geht es eben um Niedersachsen. Und zum zweiten ist der Kultus-Etat Heiligenstadts von Jahr zu Jahr gewachsen – er marschiert von der 5-Milliarden-Marke längst Richtung 6 Milliarden. Und da will Rot-Grün irgendwann auch schöne Schlagzeilen sowie zufriedene Eltern, Lehrer und Schüler sehen.

Die sogenannte Unterrichtsversorgung ist für Heiligenstadt derzeit das Hauptproblem. Liegt der Gesamtwert bei Hundert Prozent oder mehr wie bis zum Schuljahr 2014/2015, ist die Lage entspannt – auch wenn die Lage von Schule zu Schule unterschiedlich sein kann. Gibt es wie derzeit einen Trend nach unten, wird die Lage kritischer. Kurzfristiger Stundenausfall kann oft nicht aufgefangen werden, dazu kommt – je nach Fach und Region – Fachlehrermangel. Besonders betroffen sind laut Statistik Förderschulen und Oberschulen. Treffen kann es allerdings jede Schule. Das Thema dürfte Heiligenstadt in Atem halten. Dabei würde sie viel lieber über ihre „Zukunftsoffensive Bildung“ reden mit dem pädagogischen Ausbau der Ganztagsschulen. Der Plan, zum Betreuen der Kinder am Nachmittag statt Vereinsvertretern und anderer Externer lieber Lehrer der Schule einzusetzen, erscheint in Zeiten bedrohten Unterrichts als Fehlsteuerung. Denn er kostet Lehrerstunden. Punkt 4 eines aktuellen 17-Punkte-Plans des Kultusministeriums für mehr Unterricht lautet denn auch „Einsatz von Lehrkräften aus dem Ganztagsbereich im Pflichtunterricht“. Durch „Ganztagsangebote mit außerschulischen Kooperationspartnern“ würden Lehrkräfte-Stunden für den Pflichtunterricht gewonnen, heißt es weiter. Das ist ein Zurückrudern, das den Ernst der Lage zeigt. Denn die „Ganztagsschule light“ aus Regierungszeiten von CDU und FDP, die auf Kooperation mit Vereinen setzten, hatte Rot-Grün immer heftig kritisiert.

„Heiligenstadts 17-Punkte-Plan bedient sich eines Etiketts, das kompetentes Handeln suggeriert, aber zum großen Teil nur Regelungen kombiniert, deren Unwirksamkeit erwiesen ist“, hatte die Niedersächsische Direktorenvereinigung mitgeteilt. Sie sprach von einem „Offenbarungseid“ bei der Unterrichtsversorgung. In der Tat finden sich Klassiker bedrängter Kultusminister, wie der Appell an Vollzeit-Lehrer, mehr Stunden zu unterrichten und über ein Arbeitszeitkonto später auszugleichen. Mehr Pensionäre sollen gewonnen werden, mehr Lehrer an besonders bedürftige Schulen abgeordnet werden. Rund 600 Lehrerstellen sind aktuell noch nicht besetzt, das Einstellungsverfahren läuft noch.

„Das ist kein Wert, der uns zufrieden stimmt“, hatte Heiligenstadt zum Schuljahresauftakt über die Lage gesagt. Die Ministerin selbst und ihre Fachleute verweisen darauf, dass die aktuellen Werte lediglich Prognosewerte seien. An große Stellschrauben wie die Lehrer-Arbeitszeit kommt Heiligenstadt derzeit aber nicht heran. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hatte eine Unterrichtstunde mehr pro Woche für Gymnasiallehrer verworfen.

Wie die Unterrichtsversorgung im Land wirklich aussieht, sollte zum Stichtag 18. August an den Schulen erhoben werden. Veröffentlicht werden diese Werte aber stets mit großer Verzögerung, weil sie aufbereitet und nachgerechnet werden müssen, wie es heißt. Am Montag präsentiert die Ministerin erst einmal eine Umfrage zur Lehrerzufriedenheit. Auch die gilt als verbesserungsfähig.