Braunschweig. Die Aufklärungsquoten unterscheiden sich stark: 100 Prozent bei Tötungsdelikten, 14 Prozent bei Einbrüchen.

Unser Leser Martin Kämmer fragt:

Die Aufklärungsquote zum Beispiel bei Mord liegt bei über 90 Prozent, bei Einbruch meines Wissens aber nur um die 15 Prozent. Warum werden da nicht die gleichen forensischen Möglichkeiten wie bei Mord genutzt?

Kriminalität_Braunschweig_Maske_2015

Die Antwort recherchierte Cornelia Steiner

Unser Leser ist gut informiert: Ein Blick in die Kriminalstatistik für das vergangene Jahr zeigt, dass seine Schätzungen zur Aufklärungsquote der Realität entsprechen. Polizeipräsident Michael Pientka hat das Zahlenwerk gestern vorgestellt. Ein riesiger Berg an Daten – schließlich ist die Polizeidirektion für unsere gesamte Region zuständig: Braunschweig, Salzgitter und Wolfsburg gehören dazu, sowie die Landkreise Gifhorn, Goslar, Helmstedt, Peine und Wolfenbüttel. 76 000 Straftaten hat die Polizei erfasst. Fast 60 Prozent wurden aufgeklärt.

Bei Einbrüchen mangelt es oft an auswertbaren Spuren

Schauen wir in die Details, die unser Leser anspricht: Es gab 21 Fälle von Mord, Totschlag und fahrlässiger Tötung. So tötete etwa in Wolfsburg ein 67-Jähriger zunächst seine Ehefrau und dann sich selbst. In Salzgitter wurde ein 17-Jähriger Opfer seines Mitbewohners. In Schandelah im Kreis Wolfenbüttel kam es zu einer tödlichen Messerattacke unter Zechkumpanen. Alle Tötungsdelikte wurden aufgeklärt. Erfolgsquote: 100 Prozent.

Ganz anders sieht die Lage bei den Wohnungseinbrüchen aus. Mit Ausnahme von Braunschweig haben sie erneut regionsweit stark zugenommen: Rund 2000 Einbrüche wurden registriert, fast ein Fünftel mehr als im Jahr 2014. Nur 14 Prozent aller Einbrüche konnte die Polizei aufklären. Nun zurück zur Frage unseres Leser: Lässt sich da nicht mehr machen? Warum nutzt man nicht die gleichen Ermittlungsmöglichkeiten wie bei Mord? Weil es eben nicht ganz so einfach ist. Polizeisprecher Joachim Grande erläutert die Unterschiede: „Bei Mord handelt es sich oft um eine Beziehungstat – da haben wir ganz andere Ansätze, um einen Sachverhalt aufzuklären und Täter zu ermitteln. Bei Einbrüchen hingegen gibt es nur selten auswertbare Spuren.“

Die Täter hinterlassen kaum Fingerabdrücke, kaum Haare, kaum Fußspuren. In sehr vielen Fällen stammen die Einbrecher auch nicht aus der Nachbarschaft, sondern es handelt sich um überregional agierende Banden, vorwiegend aus Osteuropa. „Das erschwert es uns, Einbrecher zu ermitteln“, sagt Grande. „Hinzu kommt, dass ein einzelner Einbrecher oft für mehrere Taten verantwortlich ist. Doch meistens kann er nur für eine Tat überführt werden, weil der Nachweis so schwierig ist und die Täter in der Regel nicht geständig sind.“

37 Prozent der Straftaten von Flüchtlingen sind Ladendiebstähle

Was hat die Kriminalstatistik neben Mördern und Einbrechern noch zu bieten? Jede Menge Ladendiebe, Taschendiebe und Autodiebe – deutlich mehr 2014. Von PKW-Diebstählen sind demnach vor allem die Wolfsburger und Braunschweiger betroffen. Regionsweit wurden 760 Autos gestohlen.

Bei Laden- und Taschendiebstählen fällt auf, dass Flüchtlinge anteilig häufiger erfasst wurden als andere Tatverdächtige. So sind 37 Prozent der Straftaten, die Flüchtlinge begehen, Ladendiebstähle. Übrigens: Bei 667 aufgeklärten Sexualstraftaten waren Flüchtlinge nur in 17 Fällen als Tatverdächtige beteiligt.

Insgesamt wurden laut Statistik etwa acht Prozent aller Straftaten in unserer Region durch Flüchtlinge begangen. 2014 waren es noch fünf Prozent. „Man muss hier berücksichtigen, dass der Gesamtanteil der Flüchtlinge an der Bevölkerung stark gestiegen ist“, sagt Polizeipräsident Pientka. Allein in der Landesaufnahmebehörde in Braunschweig befanden sich insgesamt 40 000 Menschen.

Häusliche Gewalt kommt immer häufiger ans Tageslicht

Weitere Schlaglichter aus der Arbeit der Polizei: Die erfassten Fälle häuslicher Gewalt stiegen auf einen Rekordwert von rund 1850 – eine Zunahme um 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Sie ist zurückzuführen auf immer mehr Anzeigen. Das Thema wird weniger tabuisiert.

Eine große Rolle spielt nach wie vor auch die Internetkriminalität: Rund 3900 Fälle wurden registriert. Sehr oft handelt es sich um Betrug: Jemand bietet Waren an und kassiert Geld, liefert aber nicht. Oder jemand bestellt Waren, bezahlt sie aber nicht.

Einer Umfrage zufolge werden überhaupt nur zwölf Prozent aller Fälle von Internetkriminalität angezeigt. Das verdeutlicht, was für die gesamte Kriminalstatistik gilt: Sie bildet nur die Straftaten ab, die der Polizei bekannt werden. Pientka warb daher eindringlich dafür, bei jedem Verdacht auf eine Straftat die 110 zu wählen.