Braunschweig. Die Debatte um Feiertage weitet sich aus. Die Sachsen haben am Buß- und Bettag frei, zahlen jedoch mehr.

Ein Leser namens „Ich“ fragt auf der Internetseite unserer Zeitung:

Herr Weil, ich möchte den Reformationstag – einen evangelischen Feiertag – als gesetzlichen Feiertag. Gab es zu diesem Thema auch schon Überlegungen?

Die Protestanten sind in Feiertagsfragen zurückhaltend. Arbeiten galt Luther als frömmster Zeitvertreib nach dem Beten. Und aus der Ablehnung der Heiligenverehrung als Weg zum Heil ergab sich auch die Absetzung von Feiertagen wie Heilige drei Könige und Allerheiligen. Einen Buß- und Bettag hielten dagegen gerade die evangelischen Kirchen für nützlich, er wurde auf den Mittwoch vor dem Toten- oder Ewigkeitssonntag gelegt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er Feiertag in allen Bundesländern außer Bayern, das erst 1952 nachzog, zunächst nur für die überwiegend evangelischen Gebiete, ab 1981 durchgehend. Auch die neuen Bundesländer nach der Wiedervereinigung schlossen sich dem an. Als 1994 die Pflegeversicherung eingeführt wurde, opferte man den Buß- und Bettag als arbeitsfreien Tag, um so die Mehrbelastung der Arbeitgeber durch Mehrarbeit der Arbeitnehmer auszugleichen. Die Kirchen ließen sich darauf auch wegen des sozialen Effekts der Pflegeversicherung ein. Umstritten blieb die Entscheidung trotzdem, da die Pflegeversicherung trotz fehlenden Feiertags längst weitere Beitragserhöhungen nötig gemacht hat. Das Land Sachsen machte nicht mit und erhebt stattdessen einen höheren Arbeitnehmerbeitrag zur Pflegeversicherung.

Der Buß- und Bettag ist weiterhin geschützt, so muss Arbeitnehmern in der Regel ein unbezahlter freier Tag gewährt werden, wenn sie ihn als Feiertag begehen wollen. Eine Massenbewegung ist daraus allerdings nicht entstanden.

Noch schwieriger ist es mit dem von unserem Leser erwähnten Reformationstag, der am 31. Oktober zur Erinnerung an den Thesenanschlag Martin Luthers 1517 begangen wird. Luther ging gegen den Ablasshandel und die Verrechnung guter und böser Werke in der katholischen Lehre vor.

Der Tag war in der Bundesrepublik nie Feiertag, aber in evangelischen Ländern wie Niedersachsen gab es zumindest schulfrei. Dies ist jetzt nur noch auf Antrag so. Die Gottesdienstangebote sind entsprechend spärlich.

Nach der Wiedervereinigung machten die neuen Bundesländer als Wiege der Reformation den 31. Oktober zum arbeitsfreien Feiertag. Als 1993 die neue niedersächsische Verfassung verabschiedet wurde, gab es eine Initiative, auch hier und in den weiteren Nordländern den Reformationstag zum gesetzlichen Feiertag zu erklären.

Dies hätte das Ungleichgewicht der Feiertage zwischen Nord und Süd etwas ausgeglichen. Die Wirtschaft machte dagegen Druck, die Kirche blieb letztlich zu dezent.

Zuletzt wurde im Juli ein CDU-Antrag im niedersächsischen Landtag, den Reformationstag dauerhaft zum Feiertag zu machen und den Buß- und Bettag als arbeitsfreien „Gebetstag der Religionen“ wiedereinzuführen, von SPD, Grünen und FDP abgelehnt. Auch der katholische Hildesheimer Bischof Trelle war dagegen.

Lediglich für 2017, zum 500. Jahrestag von Luthers Thesenanschlag, soll der Reformationstag in Niedersachsen arbeitsfrei sein. In dem Zusammenhang betonen nun alle Politiker, dass die Reformation auch unabhängig von ihrer religiösen Bedeutung eine kulturell prägende Kraft gehabt habe, etwa für die Entwicklung der deutschen Sprache.

In Slowenien und Chile ist der Reformationstag übrigens gesetzlicher Feiertag.