Braunschweig. René Baumann alias DJ Bobo ist einer der erfolgreichsten Solo-Künstler Europas. Mehr als 15 Millionen Platten hat er bis heute verkauft.

Am 18. Mai kommt der Schweizer Pop-Star mit seiner „Circus“-Tour nach Braunschweig. Drei Leserinnen trafen ihn und sprachen mit ihm über seine neue Show, seinen Durchbruch und über Eintracht Braunschweig.

Angela Markworth: Hören Ihre Kinder eigentlich Ihre Musik?

Ja, die mögen meine Musik eigentlich recht gerne. Wobei sie ein zwiespältiges Verhältnis von Papa zu DJ Bobo haben. Denn immer, wenn ich als DJ Bobo weggehe, kann ich für sie nicht da sein. Wenn sie wählen könnten, dürfte der Papi nur Papi sein, denn dann ist er zu Hause – ich verstehe das gut. Deshalb hänge ich in der Familie eine Tournee gar nicht an die große Glocke. Wir spielen dann immer nur fünf oder sechs Shows am Stück, um dann wieder zwei bis drei Tage zu Hause zu sein. Für die beiden ist es wichtig, dass sie kein Zirkus-Leben führen; dass sie ihre Freunde besuchen, zur Schule, zum Fußball oder zum Ballett gehen können. Diese Normalität wollen wir beibehalten.

Bianca Semrau: Welche Rolle würden Sie denn in einem echten Zirkus spielen?

Im Moment bin ich natürlich der Zirkusdirektor, aber vom Typ her bin ich eher der Clown – ich war schon in der Schule der Klassenclown. Immer, wenn es Vorführungen gab, hat man mir die Rolle gegeben; aber ich habe sie auch gerne angenommen.

Mareike Plagge: Was macht die „Circus“-Show aus?

Wir haben uns wieder etwas Neues einfallen lassen. Die Bühne wird mit Video-Mapping bespielt. Das ist eine Technik, die noch relativ neu ist und noch nie bei einer Tour getestet wurde. Bei Gebäuden sieht man das öfter. Wenn sie illuminiert werden, wird plötzlich aus einem Opernhaus ein Schloss. Wir machen das mit der Bühne. Ein 46 Meter großer Clown sitzt auf der Bühne und wird mit Video-Technik bespielt. Mal ist er dann ein Roboter, mal ein netter Clown, mal ein Vampir. Das ist sehr, sehr spannend, weil wir damit unheimlich viele neue Möglichkeiten haben. Das wird für die Konzert-Branche etwas Entscheidendes, das wird zukunftsweisend sein.

Bianca Semrau: Stellen Sie Tourneen immer unter ein Motto?

Ja, schon seit Jahren. Das hat schon 1997 mit „World in Motion“ begonnen. Bei „Magic“ 1998 war die Bühne ein Schloss, und so haben wir uns dazu entschieden, die Bühnenshows zu inszenieren und unter große Themen zu stellen. 2014 ist „Circus“ dran. Wir wollten das Thema eigentlich schon 2009 machen, aber im selben Jahr sind uns Take That und Britney Spears zuvorgekommen. Beide nannten ihre Touren „Circus.“ Und dann wären wir die dritten gewesen. Da haben wir lieber gewartet, bis wir eine außergewöhnliche Bühnenidee haben. Und das ist jetzt der Fall.

Angela Markworth: War die Musik schon als Kind Ihr Traum?

Ja, als Jugendlicher. Ab 12 Jahren habe ich mich für Musik interessiert; hatte Poster von Madonna und Kim Wilde, war natürlich auch verliebt in die. Von Kim Wilde hatte ich einen Bravo-Star-Schnitt an der Tür. Bei dem hat allerdings der Oberschenkel gefehlt. Aber damals konnte ich nichts nachbestellen. In meiner Verzweiflung habe ich dann einfach selbst den Oberschenkel auf Papier nachgemalt.

Bianca Semrau: Wie hat Ihre Karriere angefangen?

Ich habe mit Breakdance angefangen. Und einer musste die Platte wieder an den Anfang setzen, wenn die Musik aus war. Das war ich, weil ich im Jugendhaus in Aarau als Einziger das Mischpult bedienen konnte. An einem Mittwochnachmittag war der eigentliche DJ krank. Und plötzlich habe ich mit 16 oder 17 Jahren die Musik gemacht. Da habe ich sehr schnell gemerkt, dass es mir unheimlich viel Spaß macht, den Menschen die richtige Musik in der richtigen Reihenfolge zu spielen. Das hat mich sofort fasziniert.

Angela Markworth: Wann hatten Sie dann Ihren Durchbruch und wie haben Sie ihn erlebt?

Das lief 1993 über Mund-zu-Mund-Propaganda. „Somebody Dance with me“ lief in den Diskos ganz gut, und dann haben wir die Platte auch ins Ausland verkauft. In Skandinavien ging es los, die erste Nummer 1 außerhalb der Schweiz hatte ich in Schweden, dann kam Finnland. Es hat Monate gedauert, bis der Song breiter aufgestellt war.

Mareike Plagge: Was passierte, als Sie bekannter wurden?

Die „Bravo“ kam. Das erste Bravo-Interview war in einem kleinen Raum. Als ich reinkam, fragte die Redakteurin, wann denn DJ Bobo kommt. Ich sagte dann, dass ich doch hier bin, aber sie glaubte mir nicht. Sie hatte das typische Bild eines obercoolen Rappers im Kopf. Ich passte da ja mit meinen langen Haaren gar nicht ins Bild. Das hat so gar nicht gepasst zu meiner Musik. Aber die „Bravo“ hat mir dann erzählt, dass es drei Gruppen mit unheimlich viel Fanpost gebe: Take That, die Kelly Family und ich. Und sie wussten nicht warum. Das war damals ein Phänomen.

Mareike Plagge: Wer hat Ihnen den Künstlernamen gegeben?

(lacht). Wer? So hat das bisher noch nie jemand gefragt. Bobo war mein Spitzname, als ich Breakdance gemacht habe. Als ich dann als DJ angefangen habe, habe ich einfach den Beruf dazuaddiert. Und später habe ich keine Sekunde überlegt, den Namen zu wechseln. Ich hätte ja auch niemals erwartet, dass meine Musik außerhalb meines Landes jemanden interessieren würde. Allerdings war das nicht so eine weise Entscheidung, denn in allen spanisch sprechenden Ländern bedeutet „Bobo“ so viel wie „Depp“. Es hat Jahre gedauert, bis die Spanier keine Witze mehr über meinen Namen gemacht haben. Und in Japan ist Bobo das weibliche Geschlechtsteil. Da ging gar nichts, da war es sofort vorbei. Da hieß ich nur DJ Bo.

Mareike Plagge: Was für eine Ausbildung haben Sie gemacht?

Ich habe Bäcker und Konditor gelernt. Da musste ich immer sehr früh aufstehen, aber das war nicht so schwer für mich. Allerdings würde ich das heute auch nicht machen, wenn es mit der Musik nicht geklappt hätte. Ich war 15, als ich die Berufswahl treffen musste. Ich komme aus einem kleinen Dorf mit 3000 Einwohnern, und jeder aus der Klasse hatte eine Lehrstelle im Dorf oder im Nachbardorf. Ich bin einfach in die Bäckerei gegangen, der Chef kannte mich schon und hat gefragt, ob ich anfangen will und dann hatte ich die Ausbildung. Die habe ich durchgezogen. Ich kann gut Torten dekorieren (lacht). Meine Lieblings-Torte ist die Rübli-Torte mit geraspelten Karotten.

Angela Markworth: Was machen Sie in Ihrer Freizeit, wenn Sie nicht auf der Bühne stehen?

Die Kinder sind an erster Stelle, aber da geht es dann auch schnell zum Fußball (lacht). Denn mein Sohn ist Torwart, und ich gucke mir jedes Spiel an. Es gibt ja Väter, die draußen herumkeifen und meckern. Aber ich will nie reinschreien. Er ist sehr dankbar, dass ich das nicht mache. Meine Tochter ist eher musisch, singt im Chor und spielt im Theater.

Bianca Semrau: Muss man für Ihre fröhliche Musik auch ein positiver Mensch sein?

Ja, das bin ich auch. Ich habe die Einstellung, dass man unheimlich viel bewegen kann. Als Botschafter des Welternährungsprogramms sammele ich Geld für Kinder in Äthiopien. Da merke ich, wie man mit wenig unglaublich viel bewegen kann. Seit 2006 haben wir Hunderte Schulen mit Speisen unterstützt. Es ist ein so simples System.

Bianca Semrau: Was trauen Sie denn Eintracht Braunschweig zu?

BIOGRAFIE

DJ Bobo wurde als René Baumann am 5. Januar 1968 im Kanton Aargau in der Schweiz geboren. Nach der Schule entschied er sich für eine Lehre als Bäcker und Konditor. Mit seiner zweiten Frau Nancy, die seit Jahren in seiner Crew tanzt, hat Baumann zwei Kinder; eine Tochter und einen Sohn.

Anfang der 1990er-Jahre erschien seine erste Single „Love you“, aber ohne den großen internationalen Erfolg. Die nächste Single „Somebody Dance with me“ stieg im März 1993 auf Platz 1 der Schweizer Hitparade. In Deutschland dauerte es noch bis Juni, bis die Single in den Charts stand. Bei seiner ersten Europa-Tournee 1994 unterstützten ihn die damals noch unbekannten Backstreet Boys als Vorband.

Zehnmal wurde DJ Bobo mit dem World Music Award als „The Worlds Best Selling Swiss Recording Artist“ ausgezeichnet. Er gewann mehrmals den „Bravo-Otto“ als bester Sänger und als erster Künstler den „Ehren-Otto“ 2001. Weltweit verkaufte er mehr als 15 Millionen Singles.