Braunschweig. Beate Krafft-Schöning hat ein Buch über die „Miri“-Familie geschrieben.

Beate Krafft-Schöning.
Beate Krafft-Schöning.

Beate Krafft-Schöning hat in Bremen über den Volksstamm der „Mhallymieye“ recherchiert. Sie hat Polizeiakten gewälzt, Prozesse besucht – aber auch für Mitglieder der dortigen „Miri“-Familie Behördengänge erledigt und vermittelt. Ihre Erfahrungen hat sie niedergeschrieben in dem neu erschienenen Buch „Blutsbande“. Mit der Autorin sprach Dirk Breyvogel.

Glaubt man Berichten, gibt es etwas, das die Mitglieder dieses Volksstammes besonders schätzen: Verschwiegenheit. Wie ist es ihnen gelungen, hier Einblicke in Strukturen zu bekommen?

Ich bin da sehr naiv gewesen. Erst habe ich mich über die Familie informiert; bin dann immer dort aufgetaucht, wo Familienmitglieder auftraten. So habe ich Vertrauen aufgebaut, auch weil ich offen sagte, was ich mache. Seitdem fungiere ich als eine Art Vermittler, wenn Probleme mit Polizei oder Behörden aufkommen.

Können Sie kurz beschreiben, woher diese Volksgruppe kommt?

Bei den „Mhallymieye“ handelt es sich um einen alten Stamm, der seine Wurzeln im Dreiländereck Türkei, Syrien und Libanon hat. Sie sprechen arabisch mit einem besonderen Akzent. Sowohl in der Türkei als auch im Libanon hatten sie nie den Status von Staatsbürgern. Damit verbunden ist auch ihr Gefühl, seit je her in der Diaspora zu leben. Nach Deutschland kam die erste Generation als Flüchtlinge. Es gibt hier rund 30 Familien, die sich der Gruppe der „Mhallymieye“ zugehörig fühlen. Die „Miris“ sind in Bremen die größte Familie. Teilweise kennen die sich aber auch gar nicht alle untereinander.

In der Vergangenheit machte der Begriff „M-Kurden“ im Zusammenhang mit Prozessen die Runde. Ist der Begriff überhaupt zulässig?

Das ist in meinen Augen ein Polizeibegriff. Die Mitglieder der „Miri“-Familie fühlen sich ihrem Stamm verbunden, nicht aber zwangläufig der Region, in dem der Stamm verortet wird. Dieser Verbundenheit fühlt man sich auch dann verpflichtet, wenn man in Deutschland oder anderen europäischen Ländern lebt. Im Übrigen kenne ich viele „Mhallymieye“, die es mir sehr übel nehmen würden, wenn ich sie als Kurden bezeichnen würde.

Unter welchen Umständen leben diese Personen in Deutschland?

Es gibt einige regionale Schwerpunkte. In Bremen ist es so, dass von den rund 600 Mitgliedern der Familie „Miri“ etwa 30 bei der Polizei aktenkundig sind. Es ist eine Mär, dass die Strukturen einem Clan gleichen. Es gibt da auch keinen Paten wie bei der Mafia. Die überwiegende Mehrheit von denen spricht fließend deutsch und betreibt Geschäfte wie Wasch-Anlagen. In ihren Wurzeln liegt es, zu handeln. Sicherlich ich will Integrationsprobleme gar nicht leugnen. Der Sozialstaat hat einige satt gemacht, aber die meisten sind voll integriert.