Braunschweig. Das Braunschweiger Stadion wird zwar umgebaut, aber nicht vergrößert.

Unser Leser Bernd Reupke aus Braunschweig fragt:

„Wie kann das Stadion erweitert werden, wenn Eintracht wieder in der Bundesliga spielt?“

Die Antwort recherchierte Jörg Fiene

Das Thema Stadionerweiterung steht im Braunschweiger Rathaus gegenwärtig nicht auf dem Spielplan – und wird dort wohl in absehbarer Zeit keinen Platz finden. Die Taktik der Verantwortlichen in Verwaltung und Politik in dieser Frage ist auf kontrollierte Offensive ausgerichtet.

Stadtsprecher Adrian Foitzik erklärt es so: „Zunächst ist das Stadion uneingeschränkt erstligatauglich. Bleibt die Eintracht dann wie etwa Freiburg oder Mainz längerfristig Erstligist, wird man diese Frage konkret angehen.“ Beide Klubs, sagt Foitzik, seien auch jahrelang mit vergleichbaren Kapazitäten in der Bundesliga erfolgreich gewesen.

Platz für 24 400 Besucher wird Eintrachts Heimstatt bieten, wenn der letzte Handwerker plangemäß im Sommer die Werkzeugkiste zuklappt und die Baustelle verlässt. Knapp 24 Millionen Euro wird die Stadt dann in den Ausbau von Nordkurve und Westtribüne gesteckt haben, dazu kommen 450.000 Euro Eigenanteil des Hauptnutzers Eintracht. Die Arena an der Hamburger Straße wird dann zeitgemäß sein, freundlicher und komfortabler fürs Publikum, tauglicher für Sponsoren – sie wird aber nicht mehr Fußball-Fans fassen können als jetzt.

Unser Leser Bernd Reupke findet das nicht gut. „Meiner Meinung nach steckt man viel zu viel kostbares Steuergeld in einen zu kleinen Kasten“, sagt der Braunschweiger, Eintracht-Fan seit 1975. Er fürchtet, dass der Verein die Kartennachfrage im Fall des Aufstiegs noch schwerer werde befriedigen können als jetzt. 35.000 Zuschauer seien das Mindeste für einen Erstligisten mit beträchtlicher Fangemeinde.

Immerhin, den größeren Teil der Geldausgabe haben die Bewohner Braunschweigs ihrer Stadt selbst zugebilligt, als sie bei der Bürgerbefragung Anfang 2011 zu 60 Prozent für den Ausbau der Haupttribüne stimmten. Das Investitionsvolumen war seinerzeit auf 14,5 Millionen Euro taxiert, mittlerweile hat es sich um knapp zwei Millionen ausgedehnt.

In der 1. Liga würde Eintracht ziemlich hinten stehen, was das Fassungsvermögen der Stadien angeht. Weniger können allein in Freiburg (24.000 Plätze) zuschauen, und Greuther Fürth gibt sein Erstliga-Kurzgastspiel gegenwärtig vor einer Heimkulisse von maximal 18.000 Menschen.

Braunschweigs Stadtsprecher sagt: Es gibt zurzeit keine konkrete Planung zur Erweiterung des Stadions. Foitzik räumt aber ein: Natürlich habe es schon Überlegungen zu Varianten gegeben. Eine Möglichkeit zum Raumgewinn jenseits des Spielfeldes könnte die Aufstockung der Tribünen mit einem zusätzlichen Oberrang sein, so wie es etwa die Leverkusener vor vier Jahren vorgemacht haben. Eine Variante, die in der Braunschweiger Bauverwaltung noch nicht näher untersucht wurde. Foitzik sagt: „Eine Überbauung der Kurven ist aus Platzgründen problematisch, müsste dann noch genauer geprüft werden.“

Eine andere Variante wäre eine Absenkung des Innenraumes nach Bremer Muster. Das Spielfeld des Weserstadions ist vor knapp zehn Jahren tiefer gelegt worden, die Laufbahn verschwand für 8000 zusätzliche Plätze.

Die Stadt Braunschweig hat diese Möglichkeit bereits vor einigen Jahren untersucht. Ein Zuwachs von 2000 Plätzen wäre möglich, aber eine politische Grundsatzentscheidung gegen die Leichtathletik nötig gewesen. Seit der Jahrhundertwende war Braunschweig dreimal Ausrichter der Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften. Im nächsten Jahr wird die Stadt die kontinentalen Spitzenkönner der Zunft zur Team-EM begrüßen. Das Eintracht-Stadion gilt in Fachkreisen wegen seines Zuschnitts, seiner Größe und seiner Atmosphäre als die Leichtathletik-Arena in der Republik mit höchster Tauglichkeitsstufe.

Die Politik hat sich dafür entschieden, diese Option nicht zu versperren – unabhängig von der Frage, welche kostspieligen Folgen ein Laufbahnverzicht zugunsten zusätzlicher Zuschauerplätze für die gerade erst fertiggestellte Dachkonstruktion haben würde.

Das Rathaus warnt ohnehin vor ungestümer Offensive: „Wir sollten zunächst den Aufstieg abwarten und dann die Spielzeit“, so der Stadtsprecher. „Wie man es überstürzt falsch machen kann, zeigt das Beispiel Aachen. Die haben nach dem Aufstieg gleich ein tolles neues Stadion gebaut – und sind mittlerweile in der 3. Liga und dadurch praktisch ruiniert.“ Auch Dresden und Kaiserslautern hätten sich bei ihren Stadionbauten übernommen.

Manfred Pesditschek ist Aufsichtsratschef der Stadthallen GmbH, die das Stadion im Auftrag der Stadt betreibt. Er spricht von einem schmucken Stadion für Fußball, Leichtathletik und anderes. Auch er sagt: „Dabei wird es wohl bleiben. Einen nochmaligen Umbau sehe ich in absehbarer Zeit nicht.“ Pesditschek, der auch die Rats-SPD anführt, verweist auf das Abstimmungsergebnis der Bürgerbefragung: „Da die Fraktionen erklärt haben, diese Befragung als verbindlich anzusehen, ist für die nächsten Jahre gar kein Raum für eine Veränderung der Entscheidung.“ Sollte Eintracht aufsteigen, viele Jahre in der 1. Liga bleiben und stets vor ausverkauften Rängen spielen, sei es am Verein, neue Überlegungen anzustellen, so Pesditschek.

Eine Erweiterung würde übrigens unweigerlich eine zweite Diskussion nach sich ziehen: Wohin mit den zusätzlichen Autos?

Unser Leser Bernward Wisiorek aus Braunschweig fragt:

„Wenn Eintracht aufsteigt – gibt es dann nur noch Dauerkarten? Außerdem interessiert mich, ob das Stadion seinen Namen behält.“

Die Antwort recherchierten Hans-Dieter Schlawis und Thomas Fröhlich

Zu den Dauerkarten stellt Eintracht-Geschäftsführer Soeren Oliver Voigt klar: „Sollten wir in der Saison 13/14 in der Bundesliga spielen, wird es nicht nur Dauerkarten geben. Nicht jeder Fan ist in der wirtschaftlichen Lage, eine Dauerkarte zu erwerben, deshalb wird es nach wie vor auch Tageskarten im Verkauf geben.“

Erhöhen wird sich im Falle des Aufstiegs die Stadionpacht – und zwar ordentlich. Das sieht der Nutzungsvertrag zwischen Eintracht und der Stadthallen GmbH vor. Der Vertrag ist gerade erst bis Mitte 2022 verlängert worden. Musste Eintracht in der 3. Liga noch eine Saisonpauschale von 165.000 Euro zahlen, so sind es in der 2. Liga schon 430.000 Euro. Bei einem Aufstieg würde sich dies auf 900 000 Euro erhöhen.

Den Namen behält das Stadion wohl eher nicht – obwohl es im Volksmund bestimmt immer das Eintracht-Stadion bleiben wird.

Der über drei Jahre abgeschlossene Vertrag mit fünf Braunschweiger Unternehmen – Volkswagenbank, Landessparkasse, Volksbank, BS Energy und Öffentliche Versicherung – läuft am 30. Juni aus. Das Quintett hatte zu gleichen Teilen insgesamt 300.000 Euro aufgebracht, aber rein werbetechnisch wenig Gegenwert dafür erhalten. Eine tolle symbolische Geste, dass die ganze Region hinter dem Klub steht, war das allemal. Aber der Stadionname ist in der Eliteliga wohl das Zwei- bis Dreifache wert.

Da Hauptsponsor Volkswagen – die Marke VW, die Volkswagen Bank und die Autovision unterstützen Eintracht – der erste Ansprechpartner der Braunschweiger ist, wäre es vielleicht eine Option, der Stadionname käme in einem Gesamt-Sponsoring-Paket zur Sprache. Die Stadt, der das Stadion ja gehört, würde Eintracht wohl kaum bei der Sponsorensuche reinreden, auch wenn der Rat einer Um- oder Neubenennung zustimmen müsste.