Berlin.

Als Abdullah bin Hamad Al-Attiyah in Doha den Hammer fallen ließ, beendete er damit nicht nur eigenmächtig das zähe Ringen beim UN-Klimagipfel. Der katarische Konferenzpräsident bereitete damit vor knapp vier Wochen auch den Weg für einen verstärkten Kampf gegen ein sehr schädliches Treibhausgas.

Denn in dem per Hammerschlag bis 2020 verlängerten Kyoto-Protokoll verpflichten sich die 27 EU-Staaten und 10 weitere Länder, neben den bisher sechs einberechneten Treibhausgasen ab 2013 auch Stickstofftrifluorid (NF³) in die Klimabilanz einzubeziehen. Es wird daher ab sofort auch in Deutschland stärker kontrolliert.

Das Gas entsteht bei der Produktion von Solarzellen

Die rasante Zunahme seit den 90er Jahren hängt vor allem mit der verstärkten Verwendung des Gases bei der Produktion von Flachbildschirmen und von Solarzellen zusammen. NF³ wird unter anderem zur Beseitigung von Siliziumrückständen benutzt.

Die NF³-Konzentration in der Atmosphäre steigt nach Angaben des Umweltbundesamtes (UBA) um elf Prozent pro Jahr – allerdings sei die Gesamtmenge bisher marginal, betont die Behörde. „Der Anstieg dürfte in direktem Zusammenhang mit dem Produktionszuwachs bei Solarmodulen und Flachbildschirmen stehen“, sagt UBA-Präsident Jochen Flasbarth.

Als eines der drei stärksten Treibhausgase ist NF³ rund 17 000-mal schädlicher als Kohlendioxid. Der Ausstoß hat auch deshalb zugenommen, weil die Substanz als Ersatzstoff für verbotene Fluorkohlenstoff-Verbindungen verwendet wird. Neben der hohen Klimaschädlichkeit kommt erschwerend hinzu, dass NF³ nur sehr langsam abgebaut wird. Die Verweildauer in der Atmosphäre beträgt 740 Jahre.

Ab 2013 muss nun gemäß des verlängerten Kyoto-Protokolls in 37 Staaten die NF³-Ausstoßmenge erfasst werden. Dies soll in Deutschland vor allem über eine Erfassung der Emissionen aus der Solarindustrie geschehen, eine nennenswerte Flachbildschirmproduktion gibt es in Deutschland nicht mehr.

Besonders in Asien wird der Ausstoß stark zunehmen

„Dieser Stoff zählt zu den klimawirksamsten Gasen in der Atmosphäre“, erläutert Flasbarth. Für Deutschland gebe es aber bereits erhebliche Anstrengungen, um den Ausstoß zu mindern. In der Solarindustrie werde der NF³-Austritt durch Abgasreinigungsanlagen zunehmend eingedämmt. Zudem gebe es bei der Herstellung von Flachbildschirmen und Dünnschicht-Solarzellen neue Methoden, mit denen sich NF³ durch molekulare Fluor-Gase ersetzen lasse, die kein Treibhauspotenzial besitzen.

Ausgangswert für die Berechnung der Klimaschädlichkeit ist immer co² , das in Deutschland 86 Prozent der klimaschädlichen Ausstöße ausmacht. Methan (21-mal so schädlich wie co² ) und Lachgas (310-mal so schädlich) machen jeweils fünf Prozent aus. Bisher ist die NF³-Menge noch sehr gering – aber jedes ausgestoßene Kilogramm hat in der Atmosphäre eben eine Wirkung wie 17 200 Kilogramm co² .

Besonders in asiatischen Ländern, wo die meisten Solarzellen und Flachbildschirme produziert werden, dürfte der NF³-Ausstoß stark zunehmen. Sie machen bei Kyoto II aber nicht mit. Bis zu dem ab 2020 geplanten Weltklimavertrag gibt es hier also keine Minderungs- oder Kontrollauflagen. dpa