Berlin.

Die NPD hat bundesweit rund 6000 Mitglieder. In Niedersachsen verfügt sie in kommunalen Parlamenten über 21 Mandate, zum Beispiel in den Kreisen Helmstedt, Goslar und Osterode.
Die NPD hat bundesweit rund 6000 Mitglieder. In Niedersachsen verfügt sie in kommunalen Parlamenten über 21 Mandate, zum Beispiel in den Kreisen Helmstedt, Goslar und Osterode.

Die Bundesländer wollen einen zweiten Anlauf für ein NPD-Verbotsverfahren wagen, in der Bundesregierung und im Bundestag gibt es Bedenken. Ein Überblick:

Die Argumente der Innenminister

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Lorenz Caffier (CDU) aus Mecklenburg-Vorpommern, sagte gestern: „Die Demokratie in Deutschland ist wehrhaft. Wir können mit öffentlich zugänglichen Beweismitteln belegen, dass die NPD eine verfassungsfeindliche Partei ist.“

Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) betonte, dass nur ein Verbotsverfahren die Möglichkeit biete, die NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen. Im Jahr 2011 hat die Partei zum Beispiel rund 1,3 Millionen Euro erhalten. „Klar ist aber auch: Ein Verbot der NPD ist nur ein Mosaikstein im Kampf gegen den Rechtsextremismus insgesamt“, sagte er. „Mit einer solchen Maßnahme sind das Personal und die Mitglieder ja nicht aus der Welt.“

So könnte es weitergehen

Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung können beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe beantragen, die Verfassungswidrigkeit der NPD festzustellen. Aus der Bundesregierung und dem Bundestag sind bisher aber eher skeptische Stimmen zu hören.

Kanzlerin Angela Merkel sieht weiterhin erhebliche Risiken. „Ich bin noch mit den zuständigen Ministern in der Prüfung, ob wir die Risiken, die sich mit einem solchen NPD-Verbotsverfahren verbinden, überwinden können“, sagte sie dem Fernsehsender Phoenix gestern am Rande des CDU-Parteitags in Hannover. „Es ist ja gar kein Zweifel, dass wir den Rechtsextremismus in Deutschland bekämpfen wollen. Ich möchte nur, dass es aussichtsreich ist, wenn man ein solches NPD-Verbotsverfahren anstrebt.“

Der Bundesrat könnte in seiner letzten Sitzung vor der Weihnachtspause am 14. Dezember ein Verfahren mit einfacher Mehrheit anstoßen. Das Bundeskabinett und der Bundestag werden das Thema frühestens zum Jahresbeginn auf die Tagesordnung setzen. Bis der Antrag in Karlsruhe eingereicht werden könnte, dürfte es Frühjahr werden.

Die NPD hat im November selbst einen Antrag in Karlsruhe gestellt: Sie will vom Gericht feststellen lassen, dass sie nicht gegen die Verfassung verstößt. Ein solcher Antrag ist aber im Gesetz nicht vorgesehen; viele Experten halten ihn deshalb für unzulässig.

Der Ablauf eines Verbotsverfahrens

Formal würde es beim Bundesverfassungsgericht zunächst ein Vorverfahren geben, in dem die NPD sich zu den Vorwürfen äußern könnte. Erst danach würden die Richter entscheiden, ob sie das Hauptverfahren eröffnen. Dann käme es zu einer mündlichen Verhandlung. Experten rechnen mit einer Gesamtdauer von anderthalb bis zwei Jahren.

Die Kriterien für ein Verbot

Das Verfassungsgericht hat bisher nur zwei Parteien verboten: 1952 die rechtsextreme Sozialistische Reichspartei und 1956 die Kommunistische Partei Deutschlands. Nach den damals aufgestellten Kriterien kann eine Partei verboten werden, wenn sie die Prinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ablehnt – unter anderem die Achtung vor den Menschenrechten, Gewaltenteilung und das Mehrparteienprinzip. Hinzukommen muss „eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung“.

Die Vorwürfe gegen die NPD

Der rechtsextremen Partei wird vorgehalten, sie missachte die universelle Menschenwürde, lehne das Mehrparteiensystem ab und vertrete rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Positionen. Die NPD habe sich außerdem für Gruppierungen mit Gewaltpotenzial geöffnet und betreibe gezielte Propaganda. Experten bezweifeln allerdings, dass sich der NPD direkte Verbindungen zur Terrorzelle NSU nachweisen lassen.

Insgesamt haben Bund und Länder auf etwa 1000 Seiten 2649 Belege zusammengetragen, die die NPD belasten sollen, darunter Reden, Pressemitteilungen oder Publikationen von Parteifunktionären.

Der Unterschied zum Antrag von 2003

Der erste Verbotsantrag scheiterte, weil Informanten des Verfassungsschutzes bis in die Führungsebene der rechtsextremen Partei tätig waren. Das soll diesmal anders sein: Bund und Länder versichern, dass alle V-Leute in der NPD-Führung schon vor Monaten „abgeschaltet“ wurden, also nicht mehr für den Verfassungsschutz aktiv sind. In der Materialsammlung sollen sich keine Informationen dieser Spitzel finden.