Braunschweig.

TU-Präsident Professor Jürgen Hesselbach: „Wir Braunschweiger sollten einfach mal sagen: Wir sind gut.“
TU-Präsident Professor Jürgen Hesselbach: „Wir Braunschweiger sollten einfach mal sagen: Wir sind gut.“ © Archiv

Zu wenig Hotelgäste in der Stadt, ein leicht schrumpfender Anteil von Ingenieuren an der Gesamtheit der Beschäftigten in Braunschweig und ein Gründergeist, der nicht mehr ganz die Kraft der vergangenen Jahre entfaltet.

Wohl dem, der sich im Standort-Wettbewerb nur solche Schwächen nachweisen lassen muss, werden sie sich gestern mit Feiertagsmiene im Rathaus gesagt haben. Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft hat in ihrem jährlichen Großstadtabgleich zu Wirtschaftsdynamik und Wohlstand nicht viel mehr gefunden, was Braunschweig auf der Soll-Seite verbuchen müsste.

Die Liste der wissenschaftlich belegten Stärken ist ungleich länger. Die Marktforscher attestieren der Stadt in ihrer Studie eine Dynamik wie nur wenigen anderen in der Republik – und das bei einem ohnehin schon hohen Ausgangs-Niveau der gängigen Standort-Faktoren. Die Untersuchung wertet aus, wie es in den 50 größten Städten des Landes um Einkommen und Kaufkraft, Arbeitsplatzaufkommen und Erwerbslosenquote, private Schulden und öffentliche Sicherheit, Wirtschaftsfreundlichkeit und kommunales Kostenbewusstsein bestellt ist – und wie sich als diese Werte in den letzten fünf Jahren entwickelt haben. Eine Datenfülle, die mitunter den Blick auf die qualitative Analyse verdeckt.

Doch gerade dieser Umstand stimmt die lokalen Experten zuversichtlich, dass Braunschweig weiteres Steigerungspotenzial hat – obwohl es so gut abschneidet wie nie in der seit 2004 wiederkehrenden Studie. Bernd Meier, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer, etwa wertet die rückläufige Gründungsdynamik als positives Signal. Die sinkende Zahl an Arbeitslosen, meint er, führe zwangsläufig zu einem Rückgang an Gründungen. Und jene Unternehmen, die in den letzten Jahren in der Stadt neu an den Start gegangen sind, seien technologieorientiert und deshalb auf langfristigen Erfolg ausgerichtet.

Wie Meier wertet auch TU-Präsident Professor Jürgen Hesselbach die Studie als Beleg für gute Zusammenarbeit der Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung und Verwaltung in der Stadt. Und wie Meier glaubt auch Hesselbach, dass der Aufstieg noch nicht beendet ist.

Er macht seine These fest an der seit Jahren wachsenden Zahl der Studierenden, an den Millionen-Investitionen, die Universität und Forschungseinrichtungen in den nächsten Jahren umsetzen, und am Wandel der Bevölkerungsstruktur. Das Städte-Ranking zeigt, dass sich in Braunschweig das Verhältnis zwischen den erwerbsfähigen 20- bis 59-Jährigen einerseits und der Gruppe der Über-60-Jährigen andererseits zugunsten der Jüngeren verschiebt – deutlich gegen den Bundestrend. Der TU-Präsident meint: „Das alles wird den weiteren Aufstieg beschleunigen. Wir Braunschweiger sollten einfach mal sagen: Wir sind gut.“

Auch Michael Kleber, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes in der Region, spricht von einem positiven Befund, der eine nachhaltige Entwicklung belege. „Wenn die Initiatoren neben der Wirtschaftsfreundlichkeit auch den Indikator Arbeitnehmerfreundlichkeit in die Untersuchung aufnehmen könnten, und die Stadt dort einen vorderen Platz belegt, wäre dies der Beginn eines neuen Braunschweiger Markenzeichens“, meint Kleber.

Braunschweiger Stärken im Ranking

Sicherheit: 98 Prozent aller Befragten Unternehmen loben die öffentliche Sicherheit, so viele wie nirgends anders. Dazu kommt eine überdurchschnittlich angestiegene Aufklärungsquote der Polizei

Arbeitsmarkt: Kaum eine andere Stadt hat soviel Beschäftigungswachstum – plus 13,5 Prozent seit 2006.

Bildung: 4,5 Prozent der Jugendlichen in der Stadt verlassen die Schulen ohne Abschluss – der Bundesschnitt: 7,1 Prozent.

Oberbürgermeister Gert Hoffmann liest auch ein Lob für das eigene Rathaus aus den Ergebnissen heraus. Braunschweig habe vor allem dort gut abgeschnitten, wo die Verwaltung Einfluss nehmen könne, etwa bei den Themen Wirtschaftsfreundlichkeit und Kostenbewusstsein.