Braunschweig. Der Chef der Jungen Liberalen, Lasse Becker, sprach über seinen Weg in die Politik, Hochschulpolitik und die Chancen der FDP bei der Landtagswahl.

Florian Thielebörger: Es gibt ja viele Parteien. Warum sind Sie gerade den Jungen Liberalen beigetreten?

Ich bin als Schüler zu den Liberalen gekommen. In der Mittelstufe musste ich ein Referat über die Bildungspolitik der verschiedenen Parteien halten. Da habe ich mir alle Programme für die Bundestagswahl angeschaut – dass Bildung eher Ländersache ist, hatte ich noch nicht so richtig verinnerlicht. Ich war mir dann relativ schnell sicher, dass die beiden großen Volksparteien für mich nicht in Frage kommen. Die PDS war noch schneller raus. Dann stellte sich nur noch die Frage, entweder FDP oder Grüne. Im Zweifel war für mich aber der Gedanke der Freiheit entscheidend, und dass man ihn wirklich zur obersten Handlungsmaxime machen will.

Gleich nach der zweiten Aktion, an der ich für die Jungen Liberalen teilgenommen habe, musste ich dann meinem Schulleiter erklären, warum wir Flyer zur Legalisierung weicher Drogen vor der Schule verteilt hatten. Und wenn man sich das erste Mal für so eine Sache rechtfertigen muss, wird man schnell hineingezogen. Dabei war mir persönlich dieses Thema damals eher egal, ich rauche nicht einmal. Aber andererseits sah ich eben auch nicht ein, warum man weiche Drogen verbieten sollte, Alkohol und Tabak aber nicht.

Dominik Bennett: Die Junge Union will ja nun in ihr Grundsatzprogramm schreiben, dass sie gerne die Allgemeinen Studierendenvertretungen abschaffen will. Wie stehen die Jungen Liberalen zu diesem Thema?

Das ist sehr unterschiedlich, weil es eben Landespolitik ist. In Bayern zum Beispiel gibt es die verfasste Studierendenschaft in der Form gar nicht, wie wir sie in Hessen oder Niedersachsen kennen.

Persönlich finde ich, dass das manchmal seltsame Blüten treibt. Wenn autonome Referate an der Uni Gelder dafür nutzen, Reisen nach Südamerika oder nach Japan zu machen, dann ist das aus meiner Sicht nicht in Ordnung. Die unterliegen keinerlei Kassenprüfung. Abschaffen will ich verfasste Studierendenschaften aber auch nicht, es müssen nur dort auch die Grundsätze der Transparenz gelten. Das Rechnungsprüfungsamt der Universität könnte zum Beispiel auch die Bücher der Studierendenschaft prüfen. Dann passiert auch nicht sowas wie in Göttingen, dass ein Partykeller finanziert wird, ohne dass hinterher klar ist, woher genau eigentlich das Geld kam.

Bennett: Was ist Ihrer Meinung nach der Auftrag von Studentenvertretern?

Wenn in Marburg der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) ein Semesterticket aushandelt, mit dem man von Heidelberg bis Göttingen mit dem Intercity fahren kann, dann habe ich durchaus Respekt vor diesem Ergebnis. So etwas dient den Interessen der Studentinnen und Studenten.

Einen allgemeinen politischen Auftrag des Asta lehne ich aber ausdrücklich ab, jedenfalls wenn es nicht um Hochschul- oder Bildungspolitik geht.

Bennett: Waren Sie selbst als Student in einer verfassten Studierendenschaft aktiv?

Ich war nie Teil eines Studierendenparlaments, aber ich bin zur Wahl angetreten. Ich war zwei oder drei Mal Kandidat für die Liberale Hochschulgruppe in Göttingen. Weil ich aber zu dem Zeitpunkt schon Landesvorsitzender der Jungen Liberalen war, habe ich gesagt: Wenn ich gewählt werde, ist das ok. Aber ich prügele mich jetzt nicht um den ersten Listenplatz.

Thielebörger: Bei den Jungen Liberalen kann man bis zum Alter von 35 Mitglied sein, bei der Grünen Jugend zum Beispiel liegt die Obergrenze bei 28 Jahren – da wären Sie schon ein Jahr raus. Ich bin jetzt 19, mit 35 wäre ich meiner Meinung nach zu alt für die Jugendorganisation einer Partei. Wie sehen Sie das?

Was den Vorstand angeht, sehe ich das ähnlich. Ab 30 oder 31 haben die meisten bei uns keine Funktionen mehr, oder sie sitzen noch im Schiedsgericht oder sind Kassenprüfer.

Dafür braucht man auch jemanden, der neutral und vielleicht schon etwas außen vor ist. Das mache ich vielleicht irgendwann auch mal.

Es ist aber nicht schlecht, dass man Leute wie den niedersächsischen Fraktionsvorsitzenden Christian Dürr hat. Der war bis vor zwei oder drei Jahren noch Bundes-Ombudsmann der Jungen Liberalen, der hat noch eine Verbundenheit zu uns. Den kann ich wesentlich leichter anrufen als jemanden, der Mitte 50 ist. Dadurch hat man natürlich auch etwas höheren Einfluss, man will ja auch etwas bewegen in der Partei.

Thielebörger: Die Ergebnisse der FDP bei Landtagswahlen sahen in den letzten Jahren ja nicht ganz so rosig aus. Glauben Sie, es wird wieder besser bei der nächsten Wahl?

Ich glaube schon. Einerseits weil die Umfragen nicht mehr so verheerend sind wie im vergangenen Jahr. Andererseits wegen der Mannschaft um Stefan Birkner hier in Niedersachsen. Dazu gehören einige junge Köpfe, wie unser Juli-Spitzenkandidat Björn Försterling, aber auch manche ältere. Das ist eine sehr gute Mischung.

Aber es ist natürlich keine leichte Ausgangssituation. Vor zwei Jahren, als die FDP bei 14 bis 16 Prozent in den Umfragen stand, war es mit Sicherheit leichter, in die Wahlen zu gehen. Aber rund lief es danach trotzdem nicht. Wie schnell es bei den Prozentzahlen hoch und runter gehen kann, haben wir zum Beispiel auch bei den Grünen gesehen.

Bennett: In Hessen hat sich die FDP gegen Studiengebühren ausgesprochen, in Niedersachsen war sie ganz klar dafür. Warum gibt es in solchen Grundsatzfragen keine einheitliche Meinung?

Es ist ein wichtiges Thema, aber wir leben nun mal in einem föderalen Land. Das bedeutet, in Niedersachsen entscheidet die niedersächsische FDP und in Hessen die hessische.

Verschiedene Modelle in verschiedenen Bundesländern ermöglichen auch einen Wettbewerb der Systeme – da hat der Föderalismus bei der Bildung seine Vorteile. Man kann sich die Länder anschauen und entscheiden, welches System das beste ist.

Bennett: Was halten Sie von Studiengebühren?

Ich persönlich sehe Studiengebühren kritisch. Ich habe aber gesehen, dass sich die Ausstattung und die Studienbedingungen an den Universitäten verbessert haben. In Göttingen, wo ich studiert habe, kam man vorher nur mit Glück in einen Sprachkurs. Es gab so viele Interessenten, dass gelost werden musste. Nach Einführung der Gebühren hat man relativ sicher einen Platz bekommen.

Leia Wolff: Mit der Einführung der Bachelor- und Master-Studiengänge sollte eigentlich alles vereinfacht werden, zum Beispiel durch die Einführung der Credits (Punkte, die für belegte Veranstaltungen vergeben werden, die Redaktion). Was halten Sie davon?

Es gibt ja inzwischen schon einzelne Bewegungen, die das Ganze durchaus kritisch hinterfragen. Ich halte die europäische Vergleichbarkeit durch die neuen Studiengänge eigentlich für wünschenswert, glaube aber, man hat das in Deutschland falsch ausgelegt. An manchen Universitäten hat man einfach nur zwei Pflichtveranstaltungen aus den alten Studiengängen gestrichen und die Inhalte sonst unverändert für den Bachelor übernommen. Damit sind die zentralen Standards gar nicht richtig zum Tragen gekommen. Eine Rückkehr zu den alten Studiengängen wie dem Diplom kommt meiner Meinung nach aber nicht in Frage.