Braunschweig. Leser fragen Marshall und Alexander: Die Sänger sind fast nur noch im Duo unterwegs. Am Sonntag sind sie in der Stadthalle in Braunschweig zu Gast.

Claudia Borchert hat schon mit elf Jahren im Kirchenchor gesungen. Seitdem singt sie regelmäßig in verschiedenen Chören und engagiert sich außerdem im Theaterverein in Wolfenbüttel.

Melanie Rau mag klassische Musik und hat vor zwei Jahren angefangen, in mehreren Chören zu singen. Sie ist ein Fan des Duos Marshall und Alexander, seit sie die beiden im Konzert erlebt hat.

Melanie Rau: Wie haben Sie entdeckt, dass sie musikalisch begabt sind? Hatten sie vielleicht ehrgeizige Eltern und sind schon als Kinder musikalisch ausgebildet worden?

Jay Alexander: Bei mir war es kein Internat und keine besondere Musikschulausbildung in meiner Kindheit. Aber in meiner Familie wurde Musik sehr viel als Hobby praktiziert: Meine Mutter war im Kirchenchor, hat ein wenig Gitarre und Akkordeon gespielt. Mein Vater hat auch im Kirchenchor mitgesungen und im Posaunenchor gespielt. Musik war irgendwie allgegenwärtig. Irgendwann wollte ich dann auch ein eigenes Instrument lernen, dann bin ich einem Musikverein beigetreten. Mit 16 habe ich dann meine Stimme entdeckt und die Liebe zum Gesang. Das ist die Geschichte in kurzer Form.

Marc Marshall: Ich bin auch in einem musikalischen Haushalt aufgewachsen. Mein Vater war Musik-Student, als ich zur Welt kam, hat er gerade seinen Abschluss gemacht. So war ich immer mit Musik in Verbindung, und zwar immer mit Gesang. Das war klassische Musik, aber auch Chansons und internationale Pop-Musik. Da bin ich reingewachsen. Mit fünf Jahren stand ich das erste Mal am Klavier, um Gesangsübungen zu machen. Mit sechs Jahren war ich mit meinem Vater das erste Mal in Amerika bei Auftritten, da war er aber auch noch nicht bekannt.

1971 hatte ich meinen ersten eigenen Auftritt, da war ich sieben Jahre alt. Als Gage hatte meine Oma versprochen, mir eine Uhr schenken. Die habe ich aber nicht genommen, weil ich meinen Text vergessen und auf der Bühne nur zwei Zeilen gesungen hatte. Danach habe ich mir vorgenommen, zu zeigen, dass ich das besser kann. Seitdem arbeite ich daran, Sänger zu sein. 1971 war übrigens genau das Jahr, in dem Jay auf die Welt kam.

Claudia Borchert: Wie haben Sie sich kennen gelernt? Ich habe mal gehört, das war während des Studium in Karlsruhe.

Alexander: Im Jahr 1993 kam ich als Frischling an die Hochschule für Musik in Karlsruhe. Marc hatte sein Studium zu dieser Zeit schon beendet, aber man hat ihn immer wieder konsultiert. Wir haben zum Beispiel eine Operette aufgeführt, da hat man ihn dann schon als Profi dazu geholt. Wir haben uns im Grunde dort kennen gelernt, bei den Proben für das Stück sind wir dann Freunde geworden.

Rau: Haben Sie auch privaten Kontakt außerhalb der Konzerte – also außerhalb der Arbeit?

Marshall: Wir verbringen vermutlich innerhalb der beruflichen Tätigkeit mehr private Zeit miteinander als die meisten Freunde oder Paare. Während unserer Reisen gehen wir auch mal ins Kino, ins Theater oder ins Museum. Da tut es jedem von uns gut, wenn er auch noch seine eigene Welt hat, in die er sich mal zurückziehen kann und wo es um ganz andere Dinge geht. Jay hat kleine Kinder, meine sind schon erwachsen. Wir haben natürlich auch unterschiedliche Interessen.

Rau: Gibt es auch mal Streit oder schlechte Laune?

Marshall: Von uns hat niemand schlechte Laune (lacht).

Alexander: Auch wir sind nur Menschen, da ist schlechte Laune auch mal normal. Klar gibt es auch mal Meinungsverschiedenheiten, aber das hat sich im Laufe der 14 Jahre, die es uns jetzt gibt, stark gebessert. Man wird eben reifer und geht mit heißen Situationen besser um.

Aber wir finden es auch wichtig, dass jeder seinen Senf dazu gibt. Ich glaube, nur deshalb gibt es uns schon so lange.

Borchert: Beschäftigen Sie sich in der spärlichen Freizeit dann auch noch mit Musik oder lieber mit anderen Dingen?

Marshall: Ich beschäftige mich schon rundum mit Musik. Ich bin immer daran interessiert, dabei neue Dinge zu entdecken, die mir Freude machen. Darin finde ich meine Erfüllung, es gibt eigentlich keine bestimmten anderen Hobbys. Ich mache höchstens ab und zu ein wenig Sport. Ansonsten bin ich froh, wenn ich zu Hause sein kann und einen guten Wein trinken oder mit meiner Familie und Freunden gemeinsam kochen kann.

Alexander: Meine erste Leidenschaft ist auch die Musik, das Singen – das ist total wichtig. Aber ich liebe auch alte Autos. Selbst wenn da nur ein Schrotthaufen steht, ist der in meinem Kopf oft schon fertig restauriert. Mit den Händen zu arbeiten, das macht mir irrsinnig viel Spaß. Ich arbeite auch gerne im Garten und auf unserem kleinen Weinberg. Ich liebe es, die Erde unter den Fingernägeln zu spüren. Für mich ist das ein schöner Ausgleich, aber leider reicht manchmal die Zeit gar nicht dafür.

Rau: Haben Sie eine klassische Berufsausbildung gemacht? Außer dem Studium an der Musikhochschule?

Marshall: Ich nicht, ich habe nur Musik gelernt.

Alexander: Ich bin gelernter Offset-Drucker, ich fand den Beruf wahnsinnig spannend. Für mich stand nicht schon als Kind fest, dass ich mit Musik meinen Lebensunterhalt verdienen werde – aber ich wollte auf jeden Fall etwas Kreatives machen. Ich habe Musik damals eher als Hobby gesehen. Wenn es mir nicht gut ging, habe bei meinen Eltern im Hausflur gesungen, dort hat es so schön gehallt. Danach ging es mir wieder gut.

1992 habe ich an einem Gesangswettbewerb teilgenommen, und dann hat mir die Fachjury gesagt: Überlegen Sie mal, ob sie das nicht zum Beruf machen wollen. Diese Möglichkeit habe ich dann ergriffen. Die Entscheidung war nicht einfach, weil ich ja schon gutes Geld verdient habe, gerade durch die Schichtarbeit und Arbeit an Sonntagen. Meine Kollegen haben alle gesagt, ich sei verrückt, einen guten Job für brotlose Kunst aufzugeben. Heute allerdings ist es so, dass es diese Druckerei mit damals 350 Mitarbeitern nicht mehr gibt. Zum Glück kann ich von der Musik leben.

Borchert: Wie bereiten Sie sich auf Auftritte vor? Haben Sie Lampenfieber?

Alexander: Zur Hochschulzeit hatten wir natürlich regelmäßig Gesangsstunden und haben geübt. Heute ist es so: Wenn man ein Programm einstudiert, muss man das erstmal zusammenstellen. Das macht hauptsächlich Marc, ihm liegt das einfach. Dann besprechen wir das, wir arbeiten gemeinsam daran. Dann kommt noch die Band dazu – das sind alles einzelne Bausteine, die zusammengefügt werden.

Die Texte der einzelnen Lieder muss man natürlich so verinnerlichen, dass sie im Unterbewußtsein abgespeichert sind. Es soll aber auch nicht so selbstverständlich sein, dass es oberflächlich wirkt. Es muss jeden Abend frisch serviert werden, dafür bezahlen die Leute ihr Geld. Es ist unser Anspruch, jeden Abend alles zu geben.

So ein Abend auf der Bühne verlangt einem schon einiges ab. Jeder weiß am besten, ob er viel oder eher wenig Sport braucht, um dafür fit genug zu sein. Zum Glück haben wir beide eine recht robuste Gesundheit.

Lampenfieber haben wir eigentlich nicht, aber wir lachen unheimlich viel vor dem Auftritt. Eine Art von Aufregung gibt es also schon, aber keine Angst.

Rau: Gibt es Konzerte oder Projekte, die sie getrennt voneinander machen?

Alexander: Ja, aber die Priorität liegt schon auf dem Duo Marshall und Alexander. Dem gilt unsere ganze Kraft.

Rau: Bis 2006 waren Ihre Programm ja eher bunt gemischt, seitdem sind sie eher themenbezogen. Woher kam dieser Umbruch?

Marshall: Der Auslöser war eigentlich eine Weihnachtsplatte. Da könnte man zwar stilistisch experimentieren, aber Weihnachten ist Weihnachten – also ein Thema. Diese Platte wurde sehr erfolgreich, und wir haben gespürt, dass es eigentlich sehr schön ist, wenn man sich mal einer Sache konsequent widmet. So ging es dann weiter, bis zum aktuellen Programm „La Stella“, bei dem alle Lieder in italienischer Sprache gesungen werden.

Uns hat das sehr gut getan, weil sich daraus einfach konsequentere Bühnenprogramme entwickelt haben. Und es fordert einen immer wieder auf neue Art.

Über Marc Marshall (48) und Jay Alexander (30)

Die beiden Sänger begannen ihre gemeinsame Karriere im Jahr 1998. Sie nahmen seither mehr als zehn Alben auf und veranstalteten mehrere Konzerttourneen. Derzeit sind sie auf Deutschlandtour mit ihrem jüngsten Album „La Stella“, auf dem alle Titel in italienischer Sprache gesungen sind. Marc Marshall ist der Sohn des Schlagersängers Tony Marshall, er wuchs in Baden-Baden auf. Jay Alexander kam als Alexander Pfitzenmeier in Neulingen bei Pforzheim zur Welt. Das Duo engagiert sich auch auf sozialem Gebiet, insbesondere für Menschen in den Flüchtlingslagern der Welthungerhilfe.