Rom. Benedikt XVI. lebt nach seinem Rücktritt zurückgezogen im Vatikan. Am Ostersonntag wird er 90 Jahre alt.

Es sind ruhige Tage im Kloster Mater Ecclesiae in den Vatikanischen Gärten. Der prominente Bewohner liest in der Bibel oder schreibt kurze Predigten für Gottesdienste, die er mit der Handvoll Mitbewohnern feiert. Gelegentlich empfängt er Besucher, und manchmal schaut auch sein Nachfolger vorbei, so wie letzten November, als Papst Franziskus mit 17 neu ernannten Kardinälen erschien. Der Gastgeber im Kloster, so wird berichtet, soll sich sehr gefreut haben.

Benedikt XVI., seit seinem Rücktritt am 11. Februar 2013 der „Papa emeritus“ der katholischen Kirche, wird am Ostersonntag 90 Jahre alt. Er hat sich Mater Ecclesiae als Domizil für seinen Ruhestand auserwählt. Seit gut vier Jahren lebt der gebürtige Bayer nun dort. Zwar im Herzen der katholischen Kirche, aber doch in weitgehender Abgeschiedenheit vom permanenten Trubel auf dem Petersplatz.

Feier im bayerischen Stil mit Besuch von Seehofer

Auch an seinem Geburtstag will er es ruhig angehen lassen. Von einer „bescheidenen Feier im bayerischen Stil“ spricht sein Privatsekretär, der deutsche Erzbischof Georg Gänswein. Erwartet wird, dass auch Franziskus persönlich gratulieren wird.

Zudem ist Ostermontag ein Besuch von Gebirgsschützen und von Ministerpräsident Horst Seehofer aus Bayern angesetzt. „Wir verdanken Papst Benedikt viel. Wie kein Zweiter hat Papst Benedikt XVI. bayerische Lebensart in die Welt getragen“, hatte Seehofer betont.

Klar im Kopf, aber müde in den Beinen – so sei der Zustand Benedikts, sagt Gänswein. Er sei völlig mit sich im Frieden. Ob er etwas vermisse, fragte ihn der Journalist Peter Seewald in seinem kürzlich veröffentlichten Interviewbuch „Letzte Gespräche“. „Überhaupt nicht, nein!“, lautete die Antwort. Er sei „Gott dankbar, dass diese Verantwortung, die ich nicht mehr tragen könnte, nicht mehr auf mir lastet“.

Acht Jahre lang, von seiner Wahl im Konklave am 19. April 2005 bis zu seinem Rücktritt, dem ersten eines Papstes seit 1000 Jahren, hatte Joseph Ratzinger als Benedikt XVI. diese „Last“ an der Spitze des Vatikans getragen. Er war in dieser Zeit ein Bewahrer – der dann mit einem einzigen Satz das Papstamt revolutionierte.

Benedikts spektakuläre Rücktrittserklärung, als er deutlich machte, „mit voller Freiheit auf das Amt des Bischofs von Rom, des Nachfolgers Petri, zu verzichten“, ist nicht der einzige Widerspruch in der Karriere dieses Mannes.

Joseph Ratzinger, geboJoseph Ratzinger, geboren am 16. April 1927, ein Karsamstag, wuchs in einem erzkatholischen Elternhaus auf. Der somit vorgezeichnete Weg in die Theologie führte ihn bald nach seiner Priesterweihe 1951 in die Wissenschaft. Nach nur 14 Monaten seelsorgerischer Tätigkeit als Kaplan erfolgte ein Ruf an das Freisinger Priesterseminar. Schon mit 30 hatte er sich habilitiert, lehrte in der Folge als Universitätsprofessor in Bonn, Münster und Tübingen. Seine Vorlesungen waren überfüllt. Ratzinger wurde zum theologischen Star.

Er galt als progressiver Theologe. So beklagte er, die Kirche habe „zu straffe Zügel, zu viele Gesetze“. Es war ein Vorgriff auf das Zweite Vatikanische Konzil ab 1962, an dem er mitwirkte. Das Konzil öffnete sich der modernen Welt. Doch Ratzingers vorsichtig liberaler Kurs wurde schnell beendet, als er mit der Studentenrevolte konfrontiert wurde. Der respektlose Umgang mit der Kirche kränkte den Geistlichen, der sich vom Liberalen immer mehr zum Konservativen wandelte

Als Papst Benedikt XVI. dann war er kein Menschenfischer wie sein Nachfolger Franziskus. Der „Philosoph Gottes“ (Seewald), der die Bücher liebt, fremdelte sichtlich mit dem Papstamt. Und sein Rücktritt war für ihn gleichsam eine Erlösung.