Berlin. Von „Ben Hur“ bis „Dschungelbuch“ kommt man im Kino um Neuverfilmungen kaum herum. Wir fragen einen Kritiker: Muss das alles sein?

Das Kinojahr 2016 ist das Jahr der – mehr oder weniger gut umgesetzten – Neuverfilmungen von Klassikern aller Kino-Genres. „Ben Hur“ und „Die glorreichen Sieben“ laufen testosterongesteuert über die Leinwand. Disney bringt den Zeichentrick-Evergreen „Das Dschungelbuch“ mit echten Schauspielern zurück und kündigt gleich noch neue Versionen von „Aladdin“ und „Die Schöne und das Biest“ an.

Notwendige Updates verstaubter Streifen aus einer anderen Zeit? Oder werden da goldene Klassiker des Kinos verhunzt?

Hans-Ulrich Pönack ist in seinen Kritiken deutlich.
Hans-Ulrich Pönack ist in seinen Kritiken deutlich. © imago stock&people | imago stock&people

Der Filmkritiker Hans-Ulrich Pönack hat eine deutliche Meinung zu diesen Neuverfilmungen. Dabei ist die Meinung des Mannes, den die Satiriker von „Switch Reloaded“ mit Sketchen adelten, nicht immer negativ. Im Interview verrät Pönack, warum er am liebsten alle Filme von Deutschlands bekanntestem Filmemacher neu verfilmen würde – und warum manche Werke gern auch mehrfach verfilmt werden können.

Herr Pönack, wann ergibt die Neuverfilmung eines Filmstoffs überhaupt Sinn?

Hans-Ulrich Pönack Wenn es ein guter Stoff ist. Wenn es ein zeitloser Stoff ist. Bei einer guten Geschichte kann das Ganze auch gleich mehrmals verfilmt werden, das macht nichts.

Disney hat eine ganze Serie an Neuverfilmungen angekündigt. „Aladdin“ und „Die Schöne und das Biest“ sollen bald gedreht werden oder sind schon abgedreht. Muss das sein?

Pönack Es gibt genug Kinder und Jugendliche, die die Originalfilme ja gar nicht kennen. Aber „Aladdin“ mit Guy Ritchie als Regisseur, das weckt schon die Spannung. Es gibt einfach Regisseure, bei denen man gerne auf Filme wartet.

Den Stoff von „Die Schöne und das Biest“ aber hat ja eigentlich jeder Filmemacher schon einmal gemacht, überspitzt formuliert. Dazu gab es ein bekanntes Trickfilm-Musical. Da kann ich mir nicht vorstellen, was noch kommen soll. Das Thema dieser Liebesgeschichte ist einfach durch. Die ganzen Tarzan-Verfilmungen zähle ich übrigens auch schon gar nicht mehr.

Welche Neuverfilmung fanden Sie besser als die Originalvorlage?

Pönack Den aktuellen „Dschungelbuch“-Film fand ich besser, weil die Geschichte an unsere Zeit angelegt und etwas härter ist. Auch die Umsetzung mit kindlichem Schauspieler und sensationellen Effekten ist einfach ein Vergnügen. Das Ganze hat aber auch wenig mit dem Zeichentrick-Spaß-Klassiker von 1967 zu tun.

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Welche Neuverfilmung ging gar nicht?

Pönack Wenn man es so macht wie kürzlich bei Ben Hur, ist es einfach nur schlimm. Da sagt man ja nur noch: Was haben die sich denn dabei gedacht? Das gilt auch für „Die glorreichen Sieben“. Wenn Sie den Film mit Horst Buchholz und Charles Bronson von 1960 kennen und nicht im Kino wütend werden wollen, sollten Sie in den neuen Film nicht gehen.

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Es gibt auch Neuverfilmungen, die gar nicht mehr als solche gesehen werden. Zum Beispiel der Bond-Film „Sag niemals nie“ (1983), der eine Kopie von „Feuerball“ (1965) ist.

Pönack „Sag niemals nie“ wird von vielen zwar nicht offiziell mitgezählt, weil er von einer anderen Produktionsfirma kommt. Aber für mich ist und bleibt das ein richtiger Bond-Film, weil der originale Bond, Sean Connery, mitspielt; ebenso wie Kim Basinger als sexy Bond-Girl und der deutsche Star Klaus Maria Brandauer als eleganter Schurke. Ein typischer 007-Film also.

Von welchem Film wünschen Sie sich eine Neuverfilmung?

Pönack Von jedem Til-Schweiger-Film. Die müssten alle ohne ihn neu gedreht werden. Mit wem ist eigentlich egal. Das könnte von mir aus jeder andere Schauspieler oder Regisseur besser erledigen.

Aber im Ernst: Für mich ist einer der besten Filme überhaupt ein deutscher: „Der Untertan“ von Wolfgang Staudte (DDR 1951). Mit Werner Peters in der Rolle seines Lebens. In diesem Film wird gedacht, gesagt, gezeigt warum wir Deutschen so sind wie wir sind beziehungsweise wie wir so geworden sind. Dies wäre heutzutage – angesichts der zunehmenden Rechtsradikalität in unserem Land – ein ebenso mutiges wie spannendes und unterhaltsames Unterfangen.

Ich bezweifle allerdings, ob wir dafür geeignete Autoren und einen klugen Regisseur haben. Wer traut sich wirklich an solch ein wagemutiges Thema und kriegt es bei den vorsichtigen, ängstlichen Förder-Figuren in den Förder-Instanzen durch? Unsere Filmemacher sind vieles, vor allem aber nicht politisch-mutig. Das wird inzwischen nur dem TV-Krimi wie dem „Tatort“ überlassen.

Welcher Film sollte aus Ihrer Sicht nie neu verfilmt werden?

Pönack Zwei: „Citizen Kane“ und „Uhrwerk Orange“ – davon will ich nie eine Neuverfilmung sehen. Das sind herausragende Filme mit so viel Kunst-Gewalt, dass es nicht sein muss. Aber da wird sich wohl auch keiner heran wagen.

Berühmte Filme – und ihre Remakes

Disney hat gleich mehrere seiner Zeichentrickfilme mit realen Schauspielern neuverfilmt. Auch andere Klassiker wurden überarbeitet. So zum Beispiel „Die glorreichen Sieben“. In der Originalversion von 1960 spielten unter anderem Steve McQueen (li.), Horst Buchholz (vierter v. li.) und Charles Bronson (re.) mit.
Disney hat gleich mehrere seiner Zeichentrickfilme mit realen Schauspielern neuverfilmt. Auch andere Klassiker wurden überarbeitet. So zum Beispiel „Die glorreichen Sieben“. In der Originalversion von 1960 spielten unter anderem Steve McQueen (li.), Horst Buchholz (vierter v. li.) und Charles Bronson (re.) mit. © imago/United Archives | imago stock&people
In der Version von 2016 mit dabei (v. li.): Byung-hun Lee, Ethan Hawke, Manuel Garcia-Rulfo, Denzel Washington, Chris Pratt, Vincent D’Onofrio und Martin Sensmeier.
In der Version von 2016 mit dabei (v. li.): Byung-hun Lee, Ethan Hawke, Manuel Garcia-Rulfo, Denzel Washington, Chris Pratt, Vincent D’Onofrio und Martin Sensmeier. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
Charlton Heston spielte 1959 den adeligen Judah Ben-Hur, der versehentlich versklavt wird und sich dann zurückkämpft.
Charlton Heston spielte 1959 den adeligen Judah Ben-Hur, der versehentlich versklavt wird und sich dann zurückkämpft. © imago stock&people | imago stock&people
Im Jahr 2016 wird Ben-Hur von Jack Huston verkörpert.
Im Jahr 2016 wird Ben-Hur von Jack Huston verkörpert. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
Das Dschungelbuch aus dem Jahr 1967 als Zeichentrickfilm mit vielen Musical-Elementen. Im Original wurde der Junge Mowgli von Brucer Reiterhman gesprochen.
Das Dschungelbuch aus dem Jahr 1967 als Zeichentrickfilm mit vielen Musical-Elementen. Im Original wurde der Junge Mowgli von Brucer Reiterhman gesprochen. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
Im Jahr 2016 wird Mowgli nicht als Zeichentrickfigur, sondern als reale Person gezeigt – und zwar von Neel Sethi (li.). Ben Kingsley (re.) leiht dem computeranimierten Panther Baghira seine Stimme.
Im Jahr 2016 wird Mowgli nicht als Zeichentrickfigur, sondern als reale Person gezeigt – und zwar von Neel Sethi (li.). Ben Kingsley (re.) leiht dem computeranimierten Panther Baghira seine Stimme. © Getty Images | Anthony Harvey
„Es“: Die Fernseh-Verfilmung des Horror-Romans von Stephen King stammt aus dem Jahr 1990. Der britische Schauspieler Tim Curry verkörperte den Clown des Grauens Pennywise und terrorisierte eine Kleinstadt.
„Es“: Die Fernseh-Verfilmung des Horror-Romans von Stephen King stammt aus dem Jahr 1990. Der britische Schauspieler Tim Curry verkörperte den Clown des Grauens Pennywise und terrorisierte eine Kleinstadt. © imago/United Archives | imago stock&people
Über zwanzig Jahre später ist „Es“ ist wieder da: Die Neuverfilmung des Clownhorrors hatte im September 2017 deutsche Kinopremiere. In der Hauptrolle spielt der schwedische Schauspieler Bill Skarsgård („Die Bestimmung – Allegiant“, Serie „Hemlock Grove“) den bösen Clown Pennywise.
Über zwanzig Jahre später ist „Es“ ist wieder da: Die Neuverfilmung des Clownhorrors hatte im September 2017 deutsche Kinopremiere. In der Hauptrolle spielt der schwedische Schauspieler Bill Skarsgård („Die Bestimmung – Allegiant“, Serie „Hemlock Grove“) den bösen Clown Pennywise. © Courtesy of Warner Bros. Entertainment Inc. | Courtesy of Warner Bros. Enterta
„Die Schöne und das Biest“ als Disney-Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1991 begeisterte Groß und Klein. Die Liebesgeschichte um die schöne Belle und den verzauberten Prinzen Adam, das Biest, wurde mehrfach ausgezeichnet – unter anderem mit zwei Oscars und sieben Golden Globes. Das Märchen basiert auf dem gleichnamigen französischen Volksmärchen „La belle et la bête“.
„Die Schöne und das Biest“ als Disney-Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1991 begeisterte Groß und Klein. Die Liebesgeschichte um die schöne Belle und den verzauberten Prinzen Adam, das Biest, wurde mehrfach ausgezeichnet – unter anderem mit zwei Oscars und sieben Golden Globes. Das Märchen basiert auf dem gleichnamigen französischen Volksmärchen „La belle et la bête“. © Disney Channel | Disney Channel
Im Jahr 2017 gleiten Emma Watson als Belle und Dan Stevens als Biest über das Parkett. „Twilight“-Regisseur Bill Condon hat die Neuverfilmung des Disney-Klassikers „Die Schöne und das Biest“  behutsam und fantasievoll modernisiert. Watson, die allwissende Hermine aus „Harry Potter“, verkörpert eine Disney-Prinzessin wie aus dem Bilderbuch.
Im Jahr 2017 gleiten Emma Watson als Belle und Dan Stevens als Biest über das Parkett. „Twilight“-Regisseur Bill Condon hat die Neuverfilmung des Disney-Klassikers „Die Schöne und das Biest“ behutsam und fantasievoll modernisiert. Watson, die allwissende Hermine aus „Harry Potter“, verkörpert eine Disney-Prinzessin wie aus dem Bilderbuch. © 2016 Disney Enterprises | 2016 Disney Enterprises
„James Bond – Feuerball“ aus dem Jahr 1965 mit Sean Connery als Geheimagent 007 und Claudine Auger als Bond-Girl.
„James Bond – Feuerball“ aus dem Jahr 1965 mit Sean Connery als Geheimagent 007 und Claudine Auger als Bond-Girl. © imago stock&people | imago stock&people
1983 kam der gleiche Filmstoff unter einer anderen Filmproduktion und mit verändertem Cast in die Kinos. Unter dem Titel „Sag niemals nie“ war unter anderem Kim Basinger an der Seite von Sean Connery zu sehen. Den Bösewicht spielte Klaus Marie Brandauer.
1983 kam der gleiche Filmstoff unter einer anderen Filmproduktion und mit verändertem Cast in die Kinos. Unter dem Titel „Sag niemals nie“ war unter anderem Kim Basinger an der Seite von Sean Connery zu sehen. Den Bösewicht spielte Klaus Marie Brandauer. © imago stock&people | imago stock&people
„Flatliners – Heute ist ein schöner Tag zum Sterben“ aus dem Jahr 1990. Der Nahtod-Thriller war mit Julia Roberts, Kevin Bacon (r.) und Kiefer Sutherland (liegend) als Medizinstudenten hochkarätig besetzt.
„Flatliners – Heute ist ein schöner Tag zum Sterben“ aus dem Jahr 1990. Der Nahtod-Thriller war mit Julia Roberts, Kevin Bacon (r.) und Kiefer Sutherland (liegend) als Medizinstudenten hochkarätig besetzt. © imago | TBM
27 Jahre später kommt das Remake in die Kinos – mit Ellen Page und James Norton.
27 Jahre später kommt das Remake in die Kinos – mit Ellen Page und James Norton. © imago/ZUMA Press | Columbia Pictures
In der Neuauflage wirkt auch Kiefer Sutherland wieder mit und übernimmt die Rolle des Dr. Barry Wolfson.
In der Neuauflage wirkt auch Kiefer Sutherland wieder mit und übernimmt die Rolle des Dr. Barry Wolfson. © imago/ZUMA Press | Columbia Pictures
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