Essen . Eine Bergtour in Afrika als Selbstfindungstrip: Mit dem Drama „Kilimandscharo“ beginnt die neue ARD-Freitagsreihe „Reise ins Leben“.

Schöne Menschen vor traumhafter Kulisse: Die ARD entführt den Zuschauer wieder einmal in ferne Länder. Doch die neue Freitagsreihe „Reise ins Leben“ hat wenig gemein mit einschlägigen Fernsehfilmen, die wie Tourismuswerbung daherkommen. Was nicht bedeutet, dass der passiv Fernreisende bei der ersten Folge „Kilimandscharo“ nicht auf seine Kosten käme.

Giraffen und Elefanten traben durch den gleichnamigen Nationalpark im Nordosten Tansanias, diebische Paviane und ein Gepard säumen den Weg, die Kamera fängt liebevoll die grandiose Naturkulisse ein.

Erst muss der eigene Berg bewältigt werden

Und natürlich überragt immer wieder der mächtige Kilimandscharo die Szene, Afrikas höchster Berg. Doch dann arbeitet die Kamera (Wolfgang Aichhofer) mit Weitwinkel, und mit jeder Einstellung scheint das berühmte Massiv mit seinem knapp 6000 Meter hohen Hauptgipfel Kibo in unerreichbare Ferne zu rücken. Mehr und mehr wird deutlich, dass der Kilimandscharo nur eine Projektion ist, ein Symbol für vage Hoffnung.

Glamour und ernste Töne bei den Bambis

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    Am Flughafen haben Anna Kobek (Anna Maria Mühe) und Joschka Wagner (Simon Schwarz) eine uncharmante erste Begegnung. Und auch sonst verläuft der Urlaubsstart nicht eben ideal. Der vorgesehene Geländewagen hat eine Panne, die beiden müssen sich mit einem Einheimischen-Bus zur Lodge durchschlagen. Dort, der Film (Regie: Gregor Schnitzler, Buch: Marco Rossi) ist da nur wenige Minuten alt, wird die Anfangsvermutung des Zuschauers rasch zur Gewissheit: Bei der Tour zum Gipfel des Kibo müssen zunächst alle Teilnehmer ihren ureigenen Berg bewältigen.

    Seelische Grenzerfahrungen

    Denn jeder hat seine seelischen Grenzerfahrungen gemacht, jeder wird von Dämonen gequält und getrieben. Die junge Chirurgin Anna darf wegen eines gutartigen Hirntumors nicht mehr operieren. Die Angst vor dem notwendigen Eingriff führt bei ihr zu aggressivem Sozialverhalten. Der völlig untrainierte Lehrer Joschka möchte das zerrüttete Verhältnis zu seiner Tochter Paula (Caroline Hartig) heilen – und überrascht sie auf der Lodge. Denn die junge Frau war eigentlich von einem Urlaubsgeschenk der Oma ausgegangen.

    Und dann ist da noch der ehemalige Extremsportler Tom Färber (Kostja Ullmann), der seit einem Unfall querschnittsgelähmt ist und den Aufstieg in einem Hightech-Rollstuhl schaffen will.

    Fernreise endet beim eigenen Ich

    Je weiter die Gruppe durch den Regenwald in Richtung Fels und Eis vordringt, je mehr auch Tom zur Belastung zu werden droht, desto schwieriger wird es für Bergführer Simon (Ulrich Friedrich Brandhoff), die Truppe zusammenzuhalten. Klug, ungemein einfühlsam und trotz gelegentlicher Action-Szenen fast im Ton eines intensiven Kammerspiels, erzählt „Kilimandscharo“ von einer Fernreise, die ganz nah endet: beim eigenen Ich.

    Fazit: Wunderbare Darsteller in einem außergewöhnlichen Fernweh-Film, in dem sich Anspruch und hoher Unterhaltungswert die Waage halten. Die nächste „Reise ins Leben“ führt in einer Woche nach Mallorca.

    K „Reise ins Leben: Kilimandscharo“, Freitag, 17. November 2017, 20.15 Uhr, ARD