Berlin. Der Kindersender Disney Channel wollte die Wettbewerber Super RTL und Kika angreifen. Geklappt hat es nicht. Topmanager mussten gehen.

Der bisherige Chef des deutschen Disney Channel, Lars Wagner, besucht regelmäßig die Fernsehmesse MipCom in Cannes. Meistens logiert er im Hotel „Splendid“. Mitunter lädt er Journalisten zu Hintergrundgesprächen auf dessen große Frühstücksterrasse.

Auch in diesem Jahr war Wagner in Cannes. Hintergrundgespräche gab es aber keine. Und bei Disney ist der Medienmanager, wie er selbst sagt, auch nicht mehr. Bereits vor einem Monat hatte der Mediendienst DWDL spekuliert, dass sich die Wege von ihm und dem US-Konzern trennen. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es bisher nicht. Von Senderseite steht sie auch nach wie vor aus. Ein Disney-Channel-Sprecher mag die Personalie Wagner nicht kommentieren. Mitte August hatte der Sender gemeldet, Wagner kümmere sich nun um digitale Innovationen in Europa, Afrika und dem Nahen Osten. Es spricht viel dafür, dass der einstige Senderchef diesen Job nie angetreten hat.

Angriff auf Super RTL und Kika ist gescheitert

Ebenso wenig mag sich der Disney Channel zu zwei weiteren Personalien äußern: Wie zahlreiche Quellen übereinstimmend berichten, hat sich der Micky-Maus-Sender auch von seinem Programmchef Ralf Gerhardt sowie von seinem Marketingleiter Nico Wohlschlegel getrennt. Darüber hatte DWDL ebenfalls Mitte September geschrieben. Dass gut einen Monat nach der Trennung von drei Topmanagern der Disney Channel noch immer sprachlos ist, lässt tief blicken. Man muss es wohl in dieser Deutlichkeit sagen: Der Versuch, die führenden deutschen Kindersender Super RTL sowie den öffentlich-rechtlichen Kika frontal anzugreifen, ist krachend gescheitert.

Dabei hatte alles so gut begonnen. Als der Disney Channel Anfang 2014 vom Pay TV ins frei empfangbare Fernsehen wechselte, konnte er auf bereits in Deutschland eingeführte Formate des eigenen Konzerns setzen wie etwa „Hannah Montana“ oder „Phineas und Ferb“, die bis dahin bei Super RTL gelaufen waren. Der Wettbewerber aus Köln musste auf sämtliche Disney-Produktionen verzichten, die etwa 30 Prozent seines Programms ausmachten.

Ziel von zehn Prozent Marktanteil nicht erreicht

Im ersten Jahr erreichte der Disney Channel aus dem Stand bei den Drei- bis 13-Jährigen einen Marktanteil von 8,3 Prozent, was für einen neuen Sender ein guter Wert ist. Doch das Ziel, im zweiten Schritt die Zehn-Prozent-Marke zu knacken, wurde bis heute nicht erreicht. 2015 bis 2016 erreichte der Sender einen Marktanteil von jeweils 9,5 Prozent. Im laufenden Jahr rutschte der TV-Kanal gar auf 9,1 Prozent ab. Die Marktführer Super RTL und Kika sind mit Marktanteilen von aktuell 21,1 und 19,6 Prozent weit enteilt. In Branchenkreisen heißt es, die Amerikaner hätten zu sehr auf die Strahlkraft der Marke Disney gesetzt und zu wenig auf Besonderheiten des deutschen Marktes geachtet.

Dass der Abgang der drei Topmanager auch diesen Problemen geschuldet ist, liegt nahe. Aber der Anlass der Trennung ist ein anderer: Weltweit müssen Disneys Fernsehtöchter ihre Kosten um zehn Prozent senken. Dies soll vor allem durch Personalabbau geschehen. Hintergrund sind Probleme im TV-Geschäft, insbesondere beim konzerneigenen Sportsender ESPN, der mit gestiegenen Preisen für Sportrechte und rückläufigen Abonnentenzahlen zu kämpfen hat. Dass mit einem solchen Personalabbau aber an der Senderspitze begonnen wird, ist ungewöhnlich und spricht eher dafür, dass dieser Schritt auch mit den Problemen im deutschen Markt zu tun hat.

Die Geschicke des Disney Channel leitet nun Thorsten Braun, der eigentlich Chef des Werbevermarkters Disneymedia+ ist. Wie es ansonsten weitergeht ist unklar. Gemunkelt wird über weniger eng definierte Zielgruppen. Immerhin kann man sich bei Disney auch ein klein wenig über den Wettbewerber Super RTL freuen. Der Sender mit Erfolgsformaten wie „Bob der Baumeister“ und der Spielshow „Super Toy Club“ gehört nämlich zu gleichen Teilen den Amerikanern und der RTL Group.