Berlin. Einen Tag vor der Sondierungsrunde fühlte Illner vor, ob Jamaika kommen könnte. Um es mit Ole von Beust zu sagen: Hilft ja nichts.

Bis Donnerstagabend hatten sie nur in Teilen miteinander gesprochen. Die Union mit der FDP, die FDP mit den Grünen, die Grünen mit der Union. In Maybrit Illners Talk-Runde saßen sie hingegen schon an einem Tisch – und wirkten nicht gerade abgeneigt, das in Zukunft öfter zu tun.

„Wohlstand, Werte, Wechsel – wofür soll Jamaika stehen?“, lautete die pfiffige Alliteration der Woche. Antwort Nummer eins: für irgendwas mit Mitte. Ob allerdings eher linke Mitte, rechte Mitte, „vernünftige Mitte“ (FDP-Chef Christian Lindner) oder auch „vielfältige Mitte“ (Grünen-Chef Cem Özdemir), muss wohl noch sondiert werden. Erschwerend kommt hinzu, dass die Union noch nicht mal ihre eigene Position zu kennen scheint.

Wie weit rechts soll’s denn sein?

„In der Union gibt es jene, die vor einer offenen rechten Flanke warnen, aber auch CDU-Ministerpräsidenten, die daran erinnern, dass man in Ländern mit dem eher sozialdemokratischen Merkel-Kurs weniger Verluste einstecken musste“, sagte Bettina Schausten, Leiterin des ZDF-Hauptstadtstudios. Das werde ihrer Ansicht nach in der Union nicht ausdiskutiert. Der Konflikt schwele.

Für Bayerns CSU-Finanzminister Markus Söder liegt die Richtung auf der Hand: „Die Wähler haben ein Signal gesetzt: Bitte nehmt die Sorge nach sozialer Sicherheit ernst.“ „Die Frage ist aber, wie man darauf reagiert“, entgegnete Schausten. Laufe man nur den Rechtspopulisten hinterher, könnte der Preis zu hoch sein. Das sehe man gerade in Österreich.

Um welche Themen wird sich Jamaika kümmern?

Da gehen die Ideen bei Schwarz-Gelb-Grün zum Teil auseinander. Schwarz (Söder): „Die Leute wollen keine Experimente, sondern handfeste Verbesserungen für ihr Leben.“ Konkreter? Bezahlbaren Wohnraum, bessere ärztliche Versorgung.

Gelb (Alexander Graf Lambsdorff) betonte vor allem die Digitalisierung. „Die Technologie, auf die sich unser jetziger Wohlstand gründet, stammt aus dem 19. Jahrhundert. In Zukunft wird aber digital dominieren, deshalb müssen wir jetzt dafür die Grundlagen legen.“

Grün (Simone Peter): „Wir wollen in Bildung, Wohnungsbau und Klima investieren. Familien entlasten, aber auch die einbeziehen, die genug haben.“ Sprich: Reiche stärker besteuern.

Kommt etwa die Vermögenssteuer für Superreiche?

Auf keinen Fall, sagte Söder: „Das sind Vorschläge aus der Mottenkiste!“ FDP-Politiker Graf Lambsdorff pflichtete ihm bei: „Es ist praktisch unmöglich, sie verfassungskonform einzutreiben. Das kostet mehr als es bringt.“ Und wenn man es mache, wie Hollande in Frankreich mit einem Steuersatz von 75 Prozent, „dann macht man Gerard Depardieu zum Russen und wer weiß, was Til Schweiger dann macht.“

Schafft Jamaika den Soli ab?

Auch hier fand sich bereits eine schwarz-gelbe Koalition. Lambsdorff: „Den Soli abzuschaffen, wäre nur fair.“ Söder: „Wenn eine Aufgabe erfüllt ist, endet auch die Abgabe. Das ist nur gerecht.“ Grünen-Bundesvorsitzende Peter sah das etwas anders: „Wir werden uns an der Diskussion beteiligen, aber es dürfen nicht nur obere Einkommen dadurch entlastet werden.“

Kommt die Jamaika-Koalition?

Hier ließ sich CSU-Mann Söder zu einem beherzten „Joa“ hinreißen, nur um kurz darauf einzuschränken, dass man das ja heute alles noch gar nicht sagen könne. Aber man habe natürlich schon eine Verantwortung. Ebendiese nehmen auch die Grünen laut ihrer Bundesvorsitzenden ernst: „Wir fangen ja gerade erst mit den Gesprachen an. Man muss sehen, was dabei herumkommt.“ Und auch Graf Lambsdorff hielt sich bedeckt: „50:50. Auf jeden Fall darf es keinen Zeitdruck geben.“

Was alle drei eigentlich sagen wollten, fasste Hamburgs früherer Erster Bürgermeister Ole von Beust zusammen: „Hilft ja nichts.“

Die Sendung zum Nachschauen finden Sie hier.