Berlin. Mit „Netz Natur“ zeigt 3Sat eine achtteilige Doku über heimische Tiere. Der Erzählstil ist eigenwillig, doch er hinterlässt Eindruck.

Zwei kleine gelbe Schmetterlinge fliegen nebeneinander durch den sonnigen Wald, eine leichte Klaviermusik deutet sich an, und eine Stimme aus dem Off kommentiert: „Hier haben sich zwei gefunden und flattern sorglos im lockeren Duett.“ Als ob das noch nicht genug Poesie wäre, setzt die Stimme noch eines drauf: „Kaum ein böser Vogel stört so früh im Jahr ihre Romanze, verliebt tauschen sie Düfte aus und setzen sich, wenn es passt, irgendwo zur Paarung ab.“

Das ist schon äußerst kreativ, welche Gefühle der Schweizer Biologe Andreas Moser hier in den Alltag zweier kleiner Zitronenfalter hineininterpretiert. Es ist der Höhepunkt des ersten Teils von „Netz Natur“, einer achtteiligen Tierdokumentation des SRF. Es werden vornehmlich einheimische Wildtiere in ihrer natürlichen Umgebung präsentiert.

Zuschauer wird nicht an der Nase herumgeführt

Das Team bedient sich verschiedener Quellen: eigene Aufnahmen wechseln sich mit Museumsfunden von historischen Filmen oder Youtube-Clips ab. Das ist nicht nur unterhaltsam, sondern holt die Betrachter in ihrer Sehgewohnheit ab. Wo Moser es kann, nennt er die Quelle, und wenn eine Detailaufnahme aus einem Terrarium stammt, dann zeigt er immer die Bedingungen der Produktion. An keiner Stelle soll den Zuschauern etwas als echt präsentiert werden, wenn es im Grunde unter künstlichen Bedingungen entstanden ist.

Das Eichhörnchen vergräbt seine Nüsse als Wintervorrat. Und die Nüsse, die es vergisst, treiben im nächsten Frühjahr aus.
Das Eichhörnchen vergräbt seine Nüsse als Wintervorrat. Und die Nüsse, die es vergisst, treiben im nächsten Frühjahr aus. © ZDF und SRF | SRF

Der erste Teil trägt den großen Titel „Der Sinn des Lebens“ und behandelt unterschiedliche Naturkreisläufe aus den heimischen Gefilden: Zum Beispiel vom Haselnussstrauch und der Haselmaus, vom Marder bis zum Wolf. Oder Moser erklärt, warum der Wald ohne 200 Regenwürmer pro Quadratmeter oder ohne den Biber kaum ein überlebensfähiges Ökosystem wäre. Alles hängt mit allem zusammen und bedingt einander. Moser drückt es auf seine Art so aus: „Der Sinn des Lebens besteht in den vielfältigen Beziehungen zu den anderen Lebewesen.“ Und gleich darauf noch direkter: „Wer den Sinn des Lebens bei sich selbst sucht, wird Schwierigkeiten haben, ihn zu finden.“

Kommentar ist gewöhnungsbedürftig

Durchaus: Seine Art, die durchweg interessanten und schönen Naturbilder zu kommentieren, ist etwas gewöhnungsbedürftig. Ein altbackenes „Männlein sucht Weiblein“ findet sich bei ihm genauso wie die „lebende Spaghetti“ als Synonym für einen Regenwurm. Aber wer sich auf ihn und seinen Humor einlässt, kommt dem „Organismus Natur“ um einiges näher. Man erfährt, warum einige Schmetterlinge bei minus 20 Grad überleben können, wie der Winterschlaf bei Nagern funktioniert und welcher fundamentaler Unterschied zwischen Hirschgeweih und Rinderhorn besteht.

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    Der Fuchs ernährt sich zum großen Teil von Mäusen und erbeutet diese mit seinem berühmten Mäusesprung.
    Der Fuchs ernährt sich zum großen Teil von Mäusen und erbeutet diese mit seinem berühmten Mäusesprung. © ZDF und SRF | SRF

    Auch im zweiten Teil „Schildkröten — der Charme des Alterns“ bleibt Moser seinem Credo treu, die Tiere so wenig wie möglich zu stören. So hebt er auf Sardinien nur das Gras etwas an, um einen Panzer zu zeigen und das Tier nicht zu irritieren. Eins durchzieht alle Teile: Mosers Haltung, dass die Menschen sich häufig zu sehr als überlegene Spezies betrachten.

    Fazit: Dass letztlich alles mit allem zusammenhängt, war vielen schon vor diesem Ausflug in die Schweizer Fauna und Flora klar. Aber nach nur wenigen Minuten werden viele Zuschauer überzeugt sein, dass es nichts Schöneres gibt, als „verliebten“ Zitronenfaltern beim Flattern zuzusehen.

    • Montag, 26. Juni, 20.15 Uhr, 3sat: „Netz Natur“