Berlin. Bei „Maybrit Illner“ stritt eine muntere Runde über die Flüchtlingspolitik. An Ideen fehlte es nicht – auch nicht an starken Worten.

Gerd Müller ist eigentlich einer der Stilleren im lärmigen Berliner Politik-Betrieb. Bei Maybrit Illners ZDF-Talk am Donnerstag fand der Entwicklungsminister und CSU-Politiker drastische Worte. „500.000 bis 600.000 Flüchtlinge“ aus verschiedenen afrikanischen Ländern, so Müller, warteten „im großen Problemland Libyen“ auf ein Boot, das sie übers Mittelmeer nach Südeuropa bringen soll. Diesen verzweifelten Menschen hätten nur zwei Möglichkeiten: „Zurück gehen und sterben oder nach vorn und ersaufen im Mittelmeer.“

Die Realität stützt Müllers fatale Diagnose: Erst am vorigen Dienstag haben sich nach Angaben der Vereinten Nationen drei neue schwere Unglücke mit Flüchtlingsbooten im Mittelmeer ereignet. Dabei seien mindestens 130 Menschen ums Leben kommen, als ihre Schlepperboote kenterten, so die UN. Wie viele verzweifelte tatsächlich schon ihre Hoffnung auf eine bessere Zukunft mit dem Tod durch Ertrinken bezahlten, weiß niemand. Das Schreckensbild vom „Mittelmeer als Massengrab“ – es ist bereits Realität.

„Verteidigungsbündnis gegen die Flüchtlinge“

„Helfen oder abschotten – scheitert Europa an den Flüchtlingen?“, fragte Maybrit Illner ihre Gäste. Und: Soll

Auch interessant

? Und geht das überhaupt?

Für den FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff ist die Antwort klar: „So wie im Moment geht es nicht.“ Europa müsse „viel mehr tun“, um die südliche Flanke der EU zu schützen, als dies bisher durch die Grenzschutzagentur Frontex geschehe. „Wenn wir mehr Schiffe hätten, die dort patrouillieren, wenn wir Hubschrauber hätten, die den Luftraum kontrollieren“, so Lambsdorff, ja dann wäre der Flüchtlingsstrom einzudämmen – indem man die Menschen nicht nach Italien oder Griechenland holt, sondern zurück nach Libyen bringt.

Ist das der „Plan Europas“, den Gastgeberin Illner erfahren wollte? Ein „Verteidigungsbündnis gegen die Flüchtlinge“, wie sie es spitz formulierte?

Menschen in Heimat mehr helfen

Nahezu einig war sich die Runde jedenfalls in der Forderung, den potenziellen Flüchtlingen in ihrer Heimat mehr zu helfen als bislang, etwa in Libyen. Minister Müller forderte dafür einen Krisenfonds der UN in Höhe von zehn Milliarden Euro jährlich: „Wir müssen dort Zukunft schaffen.“

Weltflüchtlingstag: "Flucht ist kein Verbrechen"

weitere Videos

    Die Generalsekretärin der österreichischen Konservativen, Elisabeth Köstinger, warnte, mit der Aufnahmebereitschaft sende Europa „das falsche Signal“ übers Mittelmeer. Die Menschen in den Fluchtländern glaubten einem „Heilsversprechen“, nämlich „in Europa gibt es ein besseres Leben“ für sie. Das sei aber nicht so.

    Und Péter Györkös, der Botschafter des EU-Mitglieds Ungarn, ein Land, das sich buchstäblich eingemauert hat und bislang keinen einzigen Flüchtlinge aufnahm, sekundierte: „Ordnung muss sein. Die Probleme der Migration können wir auf europäischem Boden nicht lösen.“

    Wohlstand eine Verpflichtung

    Patrouillen-Schiffe und Hubschrauber, Abschottung und Abschreckung – sieht so das Europa der Zukunft aus? Eine Vision, die Jörg Thadeusz auf die Palme brachte. Der Journalist und Moderator, der sich im „Willkommensbündnis für Flüchtlingshilfe“ engagiert, konterte mit ähnlich klarer Kante: „Ihren Kleinmut finde ich jämmerlich.“ Europa habe sich „in Wehleidigkeit eingerichtet“. Stets sehe man nur die Gefahren und Risiken, habe Angst, „dass die Lebensqualität sinkt“. Dabei sei der Wohlstand in Europa „eine Verpflichtung“, den Flüchtlingen zu helfen.

    Fazit: Der Masterplan für den Umgang mit den Flüchtlingen – Europa hat ihn nicht. Die EU ist gespalten. Es fehlt an Geld – und an einem Konsens, was man damit machen sollte, wenn man es denn hätte. Gleichzeitig wird die Fraktion der Abschotter immer stärker. Wenn es für diese traurige Diagnose noch eines Beweises bedurfte – Maybrit Illners Runde hat ihn erbracht.