Berlin. In der WDR-Sendung „Ich stelle mich“ versucht Til Schweiger zu zeigen, wie er wirklich drauf ist: kritikfähig, engagiert, ein Tanzbär.
Also Freunde werden Til Schweiger und Robert De Niro wohl nicht mehr. Was schade ist, haben die beiden Männer doch so viel gemeinsam: Der „Keinohrhasen“-Star ist Deutschlands größter Filmstar („Nach nackten Zahlen stimmt das“, sagt er selbst), der andere hat immerhin zwei Oscars eingeheimst.
Außerdem verdienen die zwei ihr Geld in der Gastronomie: Schweiger mit seinem Deli „Barefood“ in Hamburg, De Niro als Eigentümer der Edel-Sushi-Kette „Nobu“. Ach ja, und weder der eine noch der andere hat Scheu, seine politische Meinung kundzutun. Der Amerikaner mit italienischen Wurzeln hält Donald Trump für ein „nationales Desaster“, während der 53 Jahre alte Kollege aus good old Germany Frau Merkel dufte findet („Was sie gemacht hat, ist so schlecht nicht“).
Porträt mit Tiefgang und facettenreich?
Hätte also was werden können mit der Männerfreundschaft – wäre die WDR-Sendung „Ich stelle mich“ nicht gewesen. In dem Format, das einen Gast „mit Tiefgang und facettenreich portraitiert“, lästert Schweiger am Sonntagabend nämlich über den Hollywood-Veteran. „Wenn man alle seine Filme guckt, sieht man, dass er sich wiederholt“, gibt der Schauspieler, Regisseur und Produzent bei Gastgeberin Sandra Maischberger zu Bedenken.
Na wenn die Kollegen-Klatsche mal nicht bis nach Hollywood vordringt! Wobei: Vielleicht sieht De Niro die Kritik auch ganz locker – und erweist sich Schweiger damit als ebenbürtig. Dem wiederum ist die negative Resonanz auf seine Arbeit nämlich „schon ganz lange egal“. Ist der Ruf erst ruiniert...
Maischberger und Schweiger verstehen sich gut
Egal, in der Sendung bei Sandra Maischberger hat Schweiger jedenfalls nichts zu befürchten. Nicht nur, weil sich die Moderatorin und ihr Gast auffallend gut verstehen. Zwar hakt die Journalistin immer wieder kritisch nach, etwa bei der Frage, ob Schweiger seine viel diskutierten Meinungsäußerungen in den Sozialen Medien nüchtern formuliere („meistens ja“).
Der Großteil des Gesprächs findet aber unter Freunden statt. So kommen neben Schweigers Bruder Florian („Til kann alle Hausmanns-Tätigkeiten rauf und runter“) auch seine ältesten Freunde Horst Hack und Martin Simon, die schon zusammen in Gießen in die Disco gingen, ins Studio. Aus der Stadt in Hessen, verrät Kumpel Hack, habe Schweiger auch sein Nuscheln: „Das ist Gießener Slang.“ Der Schauspieler sieht das anders. Er sei seit seinem 13. Lebensjahr einfach „mundfaul“.
Flüchtlingskrise war Schweiger ein Anliegen
Das kann man auch anders sehen. Immer wieder hatte sich der vierfache Vater in der Vergangenheit zu den Herausforderungen der Gesellschaft geäußert. Insbesondere die Flüchtlingskrise ist Schweiger ein Anliegen. 2015 legte er sich deshalb mit dem – leider in der Sendung am Sonntag nicht anwesenden – CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer an („Sie gehen mir auf den Sack“). Er sei eben ein extrem emotionaler Mensch, erklärt Schweiger den Ausraster: „Wenn mich etwas ärgert, dann lasse ich es raus.“
Til Schweigers bekannteste Rollen
Gerechtigkeit sei dem 1,7-Abiturienten mit abgebrochenen Medizinstudium schon immer wichtig gewesen; er werde sich auf die Seite der Schwächeren stellen, „bis ich in die Grube fahre“. Das Publikum im Kölner Studio applaudiert. Eigentlich ganz sympathisch, der Schweiger. Oder?
Lieber Merkel statt Schulz
Lässt sich so unterschreiben – auch wenn die ein oder andere Aussage des Schauspielers doch etwas bizarr anmutet. Warum er in einer Art Vergleichsspiel lieber Merkel statt Martin Schulz wählen würde, erklärt er damit, dass die Kanzlerin „damals hochmoralisch gehandelt hat und die Führerin der bedeutendsten deutschen Wirtschaftsmacht ist.“ Interessant.
Im Fall von Trump und Putin entscheidet sich der 53-Jährige für den Russen, weil die USA im Nahen Osten alles aus der Balance gebracht hätten und nur an Öl wollten. Und außerdem hätten die Vereinigten Staaten zum Ende des Zweiten Weltkriegs erst in allerletzter Minute beigetragen. Na ja.
Schweiger findet sich nicht zu eitel
Aber „Ich stelle mich“ soll kein Abfragen korrekter geschichtlicher Zusammenhänge sein, sondern eine Sendung über und mit Til Schweiger. Den Mann, der lange vor den ruhmreichen Zeiten auf der 80.Geburtstagsparty eines großen deutschen Herstellers den strippenden „Tanzbär“ gibt. Der in der Zeit an der Theaterschule den knackigsten Hintern von allen hatte, wie Ex-Freundin Nika von Altenstadt ausplaudern darf. Und der eitel ist, „ja“, aber nicht zur Selbstüberschätzung neigt – „sonst hätte ich schon längst eine Platte aufgenommen, Angebote hatte ich genug“.
Ein besonderes Angebot bekommt Schweiger auch von Maischberger: Nach 25 Jahren kehrt er in seiner Rolle als Jo Zenker in die „Lindenstraße“ zurück. Am Tresen des „Café Bayer“ wartet seine Stiefmutter, gespielt von Andrea Spatzek, in die er sich in der Serie verliebt. Großes Hallo, ein bisschen Improvisation.
Keine guten Erinnerungen an „Lindenstraße“
An sich möchte er seinen Auftritt in dem TV-Klassiker aber lieber vergessen: „Ich kann mir das nicht angucken, weil ich das damals schon so furchtbar fand.“ Dass andere ihn kritisieren, habe er aber nicht so gern, wirft ihm Susan Vahabzadeh vor. Die Filmkritikerin der „Süddeutschen Zeitung“ hatte Maischberger zum „Duell“ mit Schweiger in die Show geladen. Er habe das Feuilleton nie gebeten, gut über ihn zu schreiben, zumal er Kritik durchaus vertragen könne. „Aber“, erklärt Schweiger, „sie muss konstruktiv sein“. Und: Er wolle sie „während des Films hören, nicht danach“. Wie das gehen soll, hat er leider nicht erklärt.
Dafür hat er noch einen Tipp für alle Zuschauer: „Du musst die Schnauze halten, dann passiert dir nichts.“ Das mag für manchen Menschen logisch klingen, doch wer wäre Til Schweiger, wenn er sich auf einmal die Meinung verbitten ließe? Da kann Robert De Niro lange warten.