Binz. In „Praxis mit Meerblick“ verschlägt es eine Ärztin aus dem Ruhrgebiet nach Rügen. Mehr als Herzschmerz-Drama bietet der Film nicht.

Sie hatte einen Traumjob als Ärztin auf einem Luxuskreuzfahrtschiff in der Karibik, jetzt wagt Nora Kaminski (Tanja Wedhorn) einen bescheidenen Neustart. Sie zieht auf die Ostseeinsel Rügen und steigt mit in die Arztpraxis ihres früheren Studienkollegen Richard Freese (Stephan Kampwirth) ein. Wie es ihr dort ergeht, erzählt der Film „Praxis mit Meerblick – Willkommen auf Rügen“, der gleichzeitig der Auftakt zu einer neuen Reihe ist (Regie: Jan Ruzicka, Drehbuch: Lars Albaum und Michael Vershinin).

Warum der Umzug nach Rügen notwendig wurde, erfahren die Zuschauer nach einer Stunde. Vorher sind andere Dinge wichtiger. Denn gerade auf der Insel angekommen, ist schon ihr Fachwissen gefragt: Die 17-jährige Wiebke (Sinje Irslinger) wurde von einem Auto angefahren. Nora Kaminski untersucht das Mädchen und begleitet sie in die Klinik. Zum Glück hat es die junge Patientin nicht allzu schwer erwischt, in Schwierigkeiten steckt sie trotzdem. Sie ist schwanger, und ihr Vater (Martin Lindow) darf davon nichts wissen, weil er ihren Freund hasst.

Dieser Familienzwist nimmt viel Raum ein. Natürlich geht es auch um den Neuanfang der Ärztin, die es trotz (oder gerade wegen) ihres zur Schau gestellten Selbstbewusstseins nicht leicht mit den eigenwilligen Einwohnern hat.

Resolute Figur mit sprödem Witz

Das alles sorgt für einige gute Momente, und diese Nora Kaminski ist in manchen Szenen eine ansprechend resolute Hauptfigur mit sprödem Witz. Trotzdem löst der Auftakt der neuen Reihe keine Vorfreude auf weitere Folgen aus. Denn der erste Film erhebt sich kaum über die Herzschmerz-Dramen aus diversen Arztserien.

Da darf das erwartete Knistern zwischen den Medizinern nicht fehlen: Noras Praxiskollege Richard hat offenbar ein Auge auf sie geworfen. Das könnte man als annehmbare Liebesgeschichte durchgehen lassen, weitere Schwächen lassen sich dagegen nicht ignorieren. So wird aufdringlich oft darauf hingewiesen, dass Nora Kaminski keinen Doktortitel hat. Dafür wird es in Zukunft vermutlich eine Erklärung geben, aber nach dem vierten Hinweis auf den fehlenden Titel möchte man diese schon gar nicht mehr erfahren.

Ossi-Wessi-Klischees

Dass die Ärztin ursprünglich aus dem Ruhrgebiet stammt, bietet die Grundlage für eine schier endlose Thematisierung von Ost-West-Gegensätzen. Als sie sich etwa über die karge Praxiseinrichtung wundert, erwidert ihr Kollege: „Wir sind hier im tiefsten Osten. Hier legen Patienten Wert darauf, dass sie überleben. Designermöbel sind eher zweitrangig.“ Ein Satz wie aus einer anderen Zeit. Immer wieder empören sich hier Ossis über Wessis, als wäre dies ein Film aus den frühen 90er-Jahren.

Ein weiterer Schwachpunkt sind die gewollt skurrilen und doch langweiligen Nebenfiguren – vom Rocker mit Malaria bis zum Rentner mit Entzündung im Intimbereich. Das soll schräg sein, verstärkt aber nur den biederen Gesamteindruck.

Fazit: Seichtes Herzschmerz-Programm mit Medizinern und altbackenen Ost-West-Klischees. Nur etwas für bekennende Fans von Arztserien.

Freitag, 21. April, ARD, 20.15 Uhr