Berlin. Die ARD zeigt zwei neue Folgen der Krimiserie „Nord bei Nordwest“. Die beiden Filme lohnen sich – auch weil sie auf Bewährtes setzen.

Es gibt sie ja immer wieder im Fernsehen, diese kleinen, verschlafenen Orte, die das Verbrechen förmlich anziehen. Auch in Schwanitz an der Ostsee ist das Böse seit Herbst 2014 regelmäßiger Gast. Nur gut, dass Hauke Jacobs (Hinnerk Schönemann) vor Ort ist. Gleich zwei neue Fälle lässt die ARD den mundfaulen Ex-Ermittler heute und am nächsten Donnerstag in „Nord bei Nordwest“ lösen. Los geht es mit „Estonia“.

Jacobs will das ja gar nicht. Will nicht mehr ermitteln, keine Gangster mehr jagen, sondern lieber in seiner Tierarztpraxis arbeiten. Aber was soll er machen, wenn in der Seniorenresidenz „Schönblick“ Schüsse fallen und ihm ein Sterbender einen mysteriösen Gegenstand zusteckt, der einen Killer auf den Plan ruft? Als der den Fehler macht, auf Haukes Hund „Holly“ zu schießen, scheint Jacobs sich zu verwandeln. So etwas nimmt er persönlich. Und schnell zeigt sich, dass der Polizist im Zeugenschutz sein früheres Leben nicht damit verbracht hat, den Verkehr zu regeln.

Tempo steigt, aber der spezielle Humor bleibt erhalten

Doch der Fall ist komplizierter als gedacht. Schon bald ahnt Dorfpolizistin Lona Vogt (Henny Reents), dass ihr Vater in den Fall verwickelt sein könnte. Weil er möglicherweise nicht der harmlose Handlungsreisende in Sachen Sprinkleranlagen war, für den sie ihn ihr Leben lang gehalten hat, sondern ein Top-Agent des BND. Und weil der Erschossene laut Akten inzwischen schon seit 20 Jahren tot ist.

Die dritte „Nord bei Nordwest“-Folge ist mehr Spionage-Thriller Light als ein klassischer Mordfall. Was vielleicht auch daran liegt, dass Drehbuchautor Holger Karsten Schmidt sonst eher für ernstere Stoffe zuständig ist.

Dreh- und Angelpunkt bleibt Jacobs

Zum Glück aber gelingt es Regisseurin Dagmar Seume, die wunderbare Tonlage und den speziellen Humor nicht nur zu erhalten, sondern – auf einem Kostümfest – sogar zu steigern. Knapp und lakonisch sind die Dialoge, skurril die Nebenfiguren wie das ungleiche Bestatter-Duo, das stets sofort zur Stelle ist und auch schon mal fragt: „Gab es – hoffentlich – nicht noch mehr Tote ... eventuell?“

Dreh- und Angelpunkt aber bleibt Jacobs, dem das Drehbuch nach wie vor zwei starke Charaktere zur Seite stellt. Neben der etwas spröden, aber alles andere als einfältigen Polizistin Lona macht auch die aufgedrehte Tierarzthelferin Jule (Marleen Lohse) ihrem Chef Avancen und redet dabei beinahe mehr als das übrige Ensemble zusammen – ohne allerdings zu nerven.

Etwas auf der Strecke geblieben ist die Betulichkeit der ersten Episoden. Im vierten Fall, der nächste Woche ausgestrahlt wird, ist sie dann fast ganz verschwunden. „Der Transport“ ist fast schon ein „Action-Film“ und für deutsche Verhältnisse sogar ein guter. Darin jagt Jacobs eine schwedische Bande, die einen Geldtransporter überfallen hat. Hart und brutal geht es dabei teilweise zu, wie man es in der Reihe zuvor noch nicht gesehen hat. Und ganz nebenbei erfährt man immer mehr über die Ereignisse, die die Hauptfigur nach Schwanitz geführt haben. Ob er sich freue, bald in sein altes Leben zurückkehren zu können, wird Jacobs ganz am Ende von einem Vorgesetzten gefragt. Er müsse, antwortet er, im Dorf erst noch was erledigen. Hoffentlich lässt er sich Zeit damit.

Fazit: Zwei Filme, die Fahrt aufnehmen, ohne das Besondere der Reihe zu gefährden.

Donnerstag, 30. März, ARD, 20.15 Uhr.