Oldenburg. Beim großen ARD-„Schlagercountdown“ feiert die Kelly Family ihr Comeback. Nur eine Frau kann der Band kurzzeitig die Show stehlen

Ist es nicht schön zu wissen, dass sich manche Dinge nie verändern, egal, was auch in der Welt geschieht? Dass sie jeder Veränderung trotzen, Trends verweigern, Jahrzehnte überdauern? Ja, es gibt sie noch, die guten Dinge – beziehungsweise: Angelo Kellys hüftlanges Haar.

1994, und das ist fast ein Vierteljahrhundert (!) her, schmetterte der Strolch mit den Engelslocken einen der größten Hits seiner Familie, „An Angel“, und am Samstagabend hat er es als 35-jähriger Mann wieder getan. Gleiche Frisur, gleicher Titel, ganz besonderer Anlass: Die Kelly Family ist wieder da. Das Warten hat ein Ende.

Comeback nach 18 Jahren

Die fürs Comeback zusammengekommenen Kellys machen vor ihrem Auftritt im
Die fürs Comeback zusammengekommenen Kellys machen vor ihrem Auftritt im "Schlagercountdown" ein Selfie. © The Kelly Family/Facebook | The Kelly Family/Facebook

Und was es für ein Warten war. Stolze 18 Jahre hat sich einer der wohl bekanntesten Clans der Musikgeschichte Zeit gelassen für ein Comeback, und hätte es einen passenderen Ort geben können als Florian Silbereisens „Schlagercountdown – Das große Premierenfest“? Selbstredend nicht. Und so dürfen Kathy (54), John (50), Patricia (47), Jimmy (46), Joey (44) und Goldschopf Angelo (35) zeigen, was sie nicht verlernt haben.

Wer gehofft hatte, die Band würde nur einen Tag nach Veröffentlichung ihres neuen Albums „We Got Love“ auch neue Titel präsentierten, irrte allerdings. Aber wer um Himmels willen möchte denn etwas Aktuelles hören, wenn er Klassikern wie „An Angel“, „Fell in Love with an Alien“ oder „Nanana“ lauschen kann? Na also.

„Jenseits von Eden“: Es konnte nur besser werden

Zumal sich Florian Silbereisen jede Mühe gibt, das „Comeback des Jahres“ so spannend wie möglich zu gestalten. Vor dem ersten Auftritt der Familie nach bald 20 Jahren müssen sich in der Oldenburger Arena erst Jürgen Drews, Semino Rossi und Ihre Durchlaucht Fürstin Gloria von Thurn und Taxis abstrampeln (nur um dann Genosse Silbereisen samt „Klubbb3“-Kollegen zu einem Videodreh ins heimische Schloss einladen zu müssen, die Frau kann einem leidtun). Und dann flötet auch noch Nino de Angelo sein „Jenseits von Eden“, der Abend kann nur besser werden.

Tatsächlich muss sich der Zuschauer geschlagene 60 Minuten gedulden, bis die Familienmitglieder zu Silbereisens Frage-Antwort-Spiel an die „Bar“ – beziehungsweise einen durchsichtigen Plastikklotz – schreiten. Vorher hatte zwar schon Patricia Kellys Sohn Iggi „Every Baby“ erklingen lassen, aber das zählt natürlich nicht. Der Bub ist erst 13 Jahre alt und damit kein Original-Mitglied der einst vergötterten/veralberten Familienbande.

Die ganze Kelly Family zählt 28 Köpfe

Nun gut, was wollen die Zuschauer wissen? Sonja aus Neunkirchen: „Wie bekommt ihr Familie und Musiker unter einen Hut?“ Joey: „Wir musizieren gemeinsam.“ Florian Silbereisen: „Ach toll, dann können ja jetzt alle Familien zu Hause ein paar Instrumente kaufen!“ Spitzen Idee, ist ja auch gar nicht teuer. Spitzenfrage von Rudolf aus Weimar: „Wie viele Familienmitglieder seid ihr, wenn ihr alle auf die Bühne kommt?“ Herr Rudolf, es sind 28.

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Von denen aber leider – so wie Ex-Mädchenschwarm Paddy Kelly sowie Schwester Maite – nicht alle für die Wiedervereinigung zur Verfügung stehen. Für diesen Fall hat Angelo, mit 35 bereits fünffacher Vater ,vorgesorgt. In den Startlöchern: seine Tochter Emma (11). Sie stimmt bei „An Angel“ mit ein und verzaubert dank glasklarer Stimme und weißem Kleidchen wohl auch den nüchternsten „Schlagercountdown“-Zuschauer (sollte es Nüchternheit unter Partizipienten dieser Art von Show geben).

Patricia Kelly: „Es ist ein Wunder“

Feuchte Augen dürfte der ein oder andere dann wohl auch bei dem kurzen Rückblick auf den tatsächlich legendären Erfolg der Kelly Family empfinden. Da waren die ersten Hits in Belgien und den Niederladen, ihr Erfolgsalbum „Over The Hump“, die Stadien, die sie später in Deutschland füllen (und es womöglich wieder ab Mai tun, wenn die Familie in der Dortmunder Westfalenhalle aufläuft). Zeitreise pur, da werden Erinnerungen wach. „Es ist ein Wunder, dass wir wieder gemeinsam singen“, gesteht Patricia Kelly auf der Bühne. Ebenso erstaunlich: das Warm-up für die Familie, die Zipfelbuben.

Doch dann endlich der Countdown für den großen Auftritt. „Zehn, neun, acht“, ruft Silbereisen, „sieben, sechs, fünf…“ Endlich stehen die Sieben auf der Bühne, als hätten sie sie nie verlassen, die „Kellys, Welcome Back!“-Plakate am Stadion-Horizont. Schon nach dem ersten Song, „Fell in Love with an Alien“ von 1996, verlangt das Publikum nach Zugabe, und Patricia muss „heulen“.

Starker Joey wird schwach

Joey, der große Sportsmann, fällt, die Gitarre um den Hals, auf die Knie. Da ist jemand überwältigt. Erst recht, als bei ihrem allerersten Hit – „Who’ll Come With Me“ von 1979 – das Video des gleichen Jahres über die Stadionleinwand flackert. John Kelly hat jedenfalls noch den gleichen Longbob, minus Pony. Da löst auch Angelo am Schlagzeug gleich mal seinen Zopf.

Also, Hosen runter, Haare auf: Wie war’s? Schön. Die Kelly Family wieder in der deutschen Musikszene zu wissen, das hat doch was. Die Texte, auch wenn von anno dazumal, versprühen noch immer deutlich mehr Tiefgang als – nichts für ungut – etwa Andy Borgs neueste Schnulzette („Sarah, du musst der Sommer sein, Sarah, so süß wie Sommerwein“).

Und dann kam Helene Fischer

Einziger Wermutstropfen für La Familia Grande: Kurz vor Schluss machte Helene Fischer mit gleich drei neuen Titeln noch mal ganz schön Show. Da konnten die Kellys etwas untergehen, da flossen sogar Tränen des Glücks im Publikum.

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Wobei, i wo, die packen das, Comeback, zweiter Frühling, wird schon. Und wenn das Album der Band jetzt noch auf Nummer eins der Charts einsteigt, dann dreht sich Angelo sogar noch mal Papilloten ins Haar, für die süßen Löckchen, so wie früher. Wir können’s kaum erwarten.