Berlin. Mit Laienschauspielern und improvisiert: Der Ludwigshafener „Tatort“ „Babbeldasch“ war ein Experiment – das krachend gescheitert ist.

Die „Tatort“-Folge „Babbeldasch“ aus Ludwigshafen wagte einiges: Der ganze Film wurde improvisiert gedreht und neben dem Ermittlerteam traten nur Amateurschauspieler auf. „Mumblecore“ nennt sich das Filmgenre, in dem Szenen ganz spontan ohne festes Drehbuch gespielt werden und bevorzugt Laiendarsteller mitspielen.

Das bekannteste Beispiel für einen improvisierten Film aus Deutschland ist „Victoria“. Das Werk von Sebastian Schipper erhielt beim Deutschen Filmpreis 2015 sechs Auszeichnungen. Nun versuchte auch der SWR, einen Impro-„Tatort“ zu drehen. Ein mutiger Versuch – der komplett scheiterte. Das sind die Gründe:

1. Improvisation ist nichts für Laienschauspieler

Spontan eine überzeugende Darstellung abzuliefern, zählt zu den schwierigsten Aufgaben im Schauspiel. Der Ludwigshafener Tatort hat gezeigt: Das ist nichts für Amateure. Häufige „Ähs“ und Schauspieler, die sich selbst verbessern. Das wirkt einerseits authentisch. So reden echte Menschen nun mal, wenn sie kein Drehbuch aufführen.

Doch gerade in den hitzigen Streit-Szenen erinnerte der Tatort dadurch eher an die Vorhölle der RTL-Doku-Soaps. Gefehlt hat dafür jegliche Ästhetik, die einen guten Film ausmacht. Vielen Laiendarstellern fehlte dafür einfach die schauspielerische Klasse.

Dabei hat auch die ARD schon mit dem Spielfilm „Altersglühen“ bewiesen, dass improvisierte Filme gut funktionieren können. Da spielte jedoch kein Laientheater sondern Altmeister wie Mario Adorf, Senta Berger und Michael Gwisdek.

2. Spontan ist auch die Kommissarin überfordert

Dass sich mit improvisiertem Agieren nicht nur Laien schwer tun, zeigt das Ermittlerteam. Allen voran Ulrike Folkerts in ihrer Rolle als Lena Odenthal bekommt hier ihre darstellerischen Grenzen aufgezeigt.

Szene um Szene steht sie eher als teilnehmende Beobachterin denn als ermittelnde Kommissarin im Raum. Wenn Odenthal etwa nach der Trauerfeier dem Vermieter Herr Bohlmann nachläuft und zum Streit mit der Theatergruppe befragt, wirkt sie wie eine Streitschlichterin aus dem Reality-TV.

3. Die Handlung ist dünn und an den Haaren herbeigezogen

Auch bei improvisierten Dialogen folgt der Film einer vorher geplanten Geschichte. Die ist in Ludwigshafen aber derart schwach, als sei sie selbst nur eine spontane Erfindung des Laientheaters, in dem sie spielt.

Beispiele? Odenthal wird Mitglied der Theatertruppe, um undercover zu ermitteln. Ohne auch nur einmal richtig geprobt zu haben, dient man ihr die Hauptrolle für das nächste Stück an.

Als sie später mit den Kindern ihrer Kollegin auf dem Spielplatz spielt, sieht sie ganz zufällig, wie sich Bini aus der Schauspielgruppe konspirativ mit dem eigentlich verhassten Vermieter Bohlmann trifft. Ein Krimi soll keine Dokumentation über Polizeiarbeit sein. Ein bisschen glaubwürdiger hätte die Geschichte aber sein müssen.

Starke Frauen ermitteln im „Tatort“

Charlotte Lindholm ermittelt seit 2002 als etwas unterkühlte LKA-Beamtin in Hannover. Gespielt wird sie von Maria Furtwängler, die zuletzt mit der Episode „Spielverderber“ etwa 10,55 Millionen Zuschauer anlockte.
Charlotte Lindholm ermittelt seit 2002 als etwas unterkühlte LKA-Beamtin in Hannover. Gespielt wird sie von Maria Furtwängler, die zuletzt mit der Episode „Spielverderber“ etwa 10,55 Millionen Zuschauer anlockte. © NDR | Marc Meyerbröker
In der Sonderepisode „Fünf Minuten Himmel“ kehrt Hauptkommissarin Berlinger nach 14 Jahren nach Freiburg zurück und meistert ihren ersten Fall: Ein Jobcenter-Mitarbeiter hat scheinbar Suizid begangen, doch schnell bestätigt sich Berlingers Gespür, dass sich mehr hinter dem Fall verbirgt.
In der Sonderepisode „Fünf Minuten Himmel“ kehrt Hauptkommissarin Berlinger nach 14 Jahren nach Freiburg zurück und meistert ihren ersten Fall: Ein Jobcenter-Mitarbeiter hat scheinbar Suizid begangen, doch schnell bestätigt sich Berlingers Gespür, dass sich mehr hinter dem Fall verbirgt. © SWR | SWR-Pressestelle/Fotoredaktion
... ihren Kollegen Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) im Wiener „Tatort“.
... ihren Kollegen Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) im Wiener „Tatort“. © rbb/ORF | Petro Domenigg
 Mit Christian Ulmen als Lessing (ohne Vornamen) bildet sie ein schräges Duo.
Mit Christian Ulmen als Lessing (ohne Vornamen) bildet sie ein schräges Duo. © MDR | Andreas Lander
Seit mehr als einem Vierteljahrhundert ermittelt schon am „Tatort“ Ludwigshafen. Damit ist die TV-Kommissarin, gespielt von Ulrike Folkerts, nach Angaben des Südwestrundfunks eine der ersten Ermittlerinnen – und heute die dienstälteste.
Seit mehr als einem Vierteljahrhundert ermittelt schon am „Tatort“ Ludwigshafen. Damit ist die TV-Kommissarin, gespielt von Ulrike Folkerts, nach Angaben des Südwestrundfunks eine der ersten Ermittlerinnen – und heute die dienstälteste. © SWR | Alexander Kluge
Für die Neu-Auflage des „Tatorts“ aus Dresden geht erstmals ein rein weibliches Ermittlerduo an den Start. Karin Gorniak und Henni Sieland, gespielt von Karin Hanczewski (r.) und Alwara Höfels (l.), sind seit dem 6. März 2016 das junge Team des MDR.
Für die Neu-Auflage des „Tatorts“ aus Dresden geht erstmals ein rein weibliches Ermittlerduo an den Start. Karin Gorniak und Henni Sieland, gespielt von Karin Hanczewski (r.) und Alwara Höfels (l.), sind seit dem 6. März 2016 das junge Team des MDR. © MDR | Andreas Wünschirs
Inga Lürsen ist seit 1997 als Hauptkommissarin in Bremen im Dienst. Gespielt wird die oft ruppige Ermittlerin von Sabine Postel. „Harte Schale, weicher Kern“ – so beschreibt die ARD ihre Rolle.
Inga Lürsen ist seit 1997 als Hauptkommissarin in Bremen im Dienst. Gespielt wird die oft ruppige Ermittlerin von Sabine Postel. „Harte Schale, weicher Kern“ – so beschreibt die ARD ihre Rolle. © Radio Bremen | Jörg Landsberg
Seit Dezember 2001 bildet Lürsen zusammen mit Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) das Ermittlerteam in den „Tatort“-Filmen von Radio Bremen.
Seit Dezember 2001 bildet Lürsen zusammen mit Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) das Ermittlerteam in den „Tatort“-Filmen von Radio Bremen. © Radio Bremen | Jörg Landsberg
Die Konstanzer Kommissarin Klara Blum gehört seit 2002 zu den „Tatort“-Ermittlerinnen. Gespielt wird Blum von Eva Mattes – allerdings nicht mehr lang: Am 4. Dezember 2016 lief die letzte Folge des Bodensee-„Tatorts“.
Die Konstanzer Kommissarin Klara Blum gehört seit 2002 zu den „Tatort“-Ermittlerinnen. Gespielt wird Blum von Eva Mattes – allerdings nicht mehr lang: Am 4. Dezember 2016 lief die letzte Folge des Bodensee-„Tatorts“. © SWR | Peter Hollenbach
Unterstützung erhält Blum von Hauptkommissar Kai Perlamm, gespielt von Sebastian Bezzel.
Unterstützung erhält Blum von Hauptkommissar Kai Perlamm, gespielt von Sebastian Bezzel. © SWR | Stephanie Schweigert
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4. Szenen mit Fremdschämpotential

Zu der dünnen Handlung gesellen sich dann noch Szenen, die an Absurdität schwer zu überbieten sind. Wenn die getötete Theaterchefin Kommissarin Odenthal im Traum heimsucht und ihr bei den Ermittlungen hilft, sind das Momente zum Fremdschämen.

Seinen Höhepunkt findet der Schmarrn, als sich Odenthal am Ende des Films in einer letzten Traumsequenz als dunkle Königin verkleidet einzeln von allen Mitgliedern der Theatergruppe verabschiedet und zuletzt von ihrem Kommissaren-Compagnon Kopper eine rote Rose zugeworfen bekommt.

5. Pfälzisches Gebabbel für Ortsfremde schwer zu ertragen

Zu allem Überfluss kommen die Laienschauspieler aus dem Ludwigshafener Mundarttheater Hemshofschachtel – und babbeln daher natürlich auch im Film in breitestem Pfälzisch. Für jeden, bei dem das keine Heimatgefühle weckt, lässt sich der ohnehin schon grausige Film so noch schwerer ertragen.

Der Ludwigshafener Tatort ist in der an schwachen Ermittlerteams nicht armen „Tatort“-Landschaft ohnehin einer der schwächsten. Mit dieser Folge hat er bewiesen, dass es immer noch schlechter geht. Letztlich blieb einem als Zuschauer nur eine Option: Abschalten.

Besonders den Amateurschauspielern haben sie mit diesem Klamauk keinen Gefallen getan. Was ein Loblied auf das Laientheater werden sollte, geriet so letztlich zur Farce.