Essen. Der Film „Katharina Luther“ zeigt die Reformation aus der Sicht einer Frau. Luther ist darin ein verletzlicher Mann mit Selbstzweifeln.

Das Fernsehen liebt die sogenannten Biopics, die vom Leben einer berühmten Persönlichkeit erzählen. Solche Filme – von „Käthe Kruse“ über „Margarethe Steiff“ bis zu „Dr. Hope“ – unterhalten und bilden gleichzeitig. Julia von Heinz schafft es mit ihrem ARD-Film über „Katharina Luther“, der Ehefrau des Reformators und geborene von Bora, auch noch zu überraschen. Das hat viel mit der durchdachten Kamera-Arbeit von Daniela Knapp („Poll“) zu tun.

Man merkt es schon in den ersten Minuten, wenn es um Katharina von Boras Zeit im Kloster geht. Da kann einem fast schwindelig werden bei dem geräuschlosen Tempo, mit der hier Briefe und Schriftstücke durch die Hände der jungen Nonnen gleiten, mit deren Hilfe Martin Luthers Thesen auch Einlass finden hinter katholische Klostermauern. Katharina wurde in dieses finstre Gemäuer einst als Kind gebracht, weil der Vater sie daheim angeblich nicht mehr ernähren konnte.

Mann mit Selbstzweifeln

Was damals eine simple Methode war, sich der Töchter zu entledigen, die bei der Kosten-Nutzen-Rechnung immer den Kürzeren zogen. Noch in Ordenstracht, brennen sich schon in diesen Szenen die Augen der Katharina-Darstellerin Karoline Schuch ein, die ihre Rolle bis ins Alter hinein glaubhaft verkörpert.

Wir lernen Katharina als selbstbewusste Frau kennen, die schon nach der Kenntnis erster Schriften Luthers weiß, dass sie dem Kloster entfliehen muss. Ebenso, wie sie später keinen anderen Mann akzeptieren will als nur Martin Luther (starker Auftritt: Devid Striesow) selbst. Dass der ein Geächteter ist, der unter Kirchenbann steht, ficht sie nicht an. Sie hat ihn erlebt, diesen verletzlichen Mann mit all seinen Selbstzweifeln, der ihre Zuneigung schließlich akzeptiert, obwohl er sich selbst als wenig familientauglich betrachtet.

Das Schicksal der Frauen

Es wird ein hartes Stück Arbeit, bei dem Katharina auf sich allein gestellt ist. Denn trotz des verwahrlosten Anwesens hat sie Luther versprochen, ihn niemals bei seiner Arbeit zu stören. Der Film geht über die Ehe hinaus, versucht Luthers Antisemitismus zu ergründen, beschäftigt sich mit dem Bauernaufstand und dem Schicksal der Frauen in jener Zeit.

Die entflohenen Nonnen etwa werden zur Heirat gedrängt, andernfalls bliebe ihnen nur das Bordell. Aber selbst eine verheiratete Frau wie Katharina ist auf dem Markt vor Pöbeleien nicht gefeit, denn ein gefallener Abt und eine entflohene Nonne, das gilt trotz allem noch als Unzucht. Wie tief der angstmachende Katholizismus jener Zeit auch in Katharina noch steckt, zeigt ihr Albtraum kurz vor der ersten Geburt, in dem sie von einem Teufelswesen entbunden wird.

Film zum Luther-Jahr

Besonders zugespitzt hat Drehbuchautor Christian Schnalke jene Szene, die geradezu revolutionär für die Zeit gelten kann: Vor Dutzenden von Anhängern fragt Luther seine Frau nach ihrer Meinung – und bietet ihr einen Platz an der Tafel an. Es sind auch solche Momente, die dem Film seine Kraft geben.

Fazit: Der Reformator aus dem Blickwinkel seiner Frau: Es hätte keinen besseren Film zum Luther-Jahr geben können.

• ARD, Mittwoch, 22. Februar, um 20.15 Uhr