Frechen. Mit seiner vornehmen Zurückhaltung hat Moderator Ernst Huberty Geschichte geschrieben. Jetzt wird „Mister Sportschau“ 90 Jahre alt.
Natürlich meldet er sich mit Namen, als man anruft, um einen Termin zu vereinbaren. Aber selbst wenn er nur „Hallo“ sagen würde oder „Guten Tag“, wüsste man sofort, wer da abgehoben hat. Weil die Stimme, die man so oft gehört hat, noch immer unverkennbar ist und Erinnerungen weckt. Erinnerungen an einen stets elegant gekleideten, streng gescheitelten Mann, der sachlich und souverän mit einem angedeuteten Lächeln durch eine Fernsehsendung führt, die zu ihren besten Zeiten jede Woche bis zu 15 Millionen Menschen vor den Bildschirm lockt.
Heute wird „Mr. Sportschau“ Ernst Huberty 90 Jahre alt. Das Haar ist mittlerweile so licht geworden, dass selbst der legendäre Klappscheitel, den er früher getragen hat, die Lücken nicht mehr kaschieren könnte, ansonsten aber sieht man ihm das Alter nicht an, es könnten auch zehn Jahre weniger sein.
Seine Ehefrau treibt ihn an
„Gute Gene“, haben seine Ärzte ihm gesagt. „Aber ich soll sie nicht vergraben.“ Deshalb geht Huberty dreimal die Woche ins Fitnessstudio und viel schwimmen. Mit Unterstützung seiner „extrem sportlichen“ Ehefrau. „Mein Motor“ nennt er sie lächelnd. „Sie treibt mich an.“
Es ist eines dieser Wortspiele, für die er bekannt ist. „Nichts ist schlimmer als der schludrige Umgang mit der Sprache“, pflegte Huberty zu sagen. Wahrscheinlich hat er sie deshalb so kultiviert, so wohlüberlegt eingesetzt. Bei der Sportschau, deren bekanntestes Gesicht er viele Jahre war, vor allem aber bei den Fußballspielen, die er live kommentiert hat. Als Borussia Dortmund das „Wunder von Glasgow“ vollbringt und 1966 den Europapokal der Pokalsieger gewinnt, sitzt Huberty am Mikrofon.
„Ausgerechnet Schnellinger“
Beim vielleicht besten DFB-Pokalendspiel aller Zeiten zwischen Gladbach und Köln ist er 1973 dabei, und als Uli Hoeneß drei Jahre später beim EM-Finale in Belgrad den entscheidenden Elfer in den Nachthimmel jagt, fragt Kommentator Huberty nur: „Muss ich mehr sagen?“ Muss er nicht, macht er selten. Auch im – gerne „Jahrhundert-Spiel“ genannten – WM-Halbfinale zwischen Italien und Deutschland 1970 in Mexiko bewahrt der gebürtige Trierer die Contenance.
Frank Zander: Bilder aus seiner Karriere
Anders als die brasilianischen Kollegen, die schon Stunden vor dem Anpfiff so laut ins Mikro schreien, dass Huberty sich beim Roten Kreuz Watte für die Ohren geben lässt. Als den Deutschen Sekunden vor Schluss der Ausgleich gelingt, spricht er angesichts des in Italien spielenden deutschen Torschützen ganz ruhig nur drei Worte ins Mikro. „Schnellinger. Ausgerechnet Schnellinger.“
Huberty wirbt für eine Art von Zurückhaltung
Er habe sich sofort vorgestellt, was in diesen Sekunden in Deutschland los sei, erklärt Huberty heute. „Was soll ich da groß erzählen. Die Leute wissen schon, wie sie feiern“, sagt er. Es ist die Art von Zurückhaltung, für die er auch bei seinen Seminaren wirbt, die er bis vor drei Jahren gegeben hat und an denen viele große Namen teilgenommen haben, darunter Oliver Welke oder Monica Lierhaus.
„Man darf den Zuschauer nicht bevormunden, ihn nicht entmündigen und muss auch nicht zwanghaft originell sein“, sagt er. „Meister der Pausen“, hat ihn Reinhold Beckmann, einer seiner „Schüler“, mal genannt. Und wahrscheinlich trifft es das ganz gut.
Feier im kleinen Kreis
Man kann mit Ernst Huberty über den aktuellen deutschen Fußball reden oder über das Fernsehen an sich. Nur über die angebliche und nie bewiesene Spenden-Affäre, die ihn Anfang der 80er vom „Ersten“ ins Regionalprogramm katapultierte, möchte er nicht mehr sprechen.
Sie trübt auch nicht die Erinnerung an die TV-Jahre, eine „wunderschöne Zeit“, in der nicht alles besser war als heute, aber vieles anders, wie der Jubilar sagt. Gefeiert wird heute in kleinem Kreis, Wünsche hat Huberty keine. „Ich nehme das Leben, wie es ist. Ändern kann ich es ja ohnehin nicht.“