Köln. Die Kölner „Tatort“-Kommissare Ballauf und Schenk ermitteln im närrischen Trubel. Bei einer Karnevalsgesellschaft kracht es gewaltig.

Von wegen Frohsinn: Man ahnt ja, dass es nirgendwo humorloser zugeht als im Karneval – vor allem hinter den Kulissen. Das richtige Umfeld also auch für einen Krimi, und der muss bitteschön aus Köln kommen. Kurz vor Altweiberfastnacht will der „Tatort: Tanzmariechen“ aus der Feder von Stammautor Jürgen Werner in die Narrenwelt eintauchen. Er schwimmt allerdings weitgehend an der Oberfläche herum.

Natürlich kracht es in der Karnevalsgesellschaft „De Jecke Aape“ kurz vor Sessionsbeginn gewaltig. Der ehrgeizige Chef, Bauunternehmer Kowatsch (Herbert Knaup) träumt vom großen Auftritt seiner Tanztruppe in der Köln Arena. Die Tänzerinnen zicken herum, weil jede das „Tanzmariechen“ sein will. Die Trainerin (Katja Heinrich) droht mit dem Ausstieg. Plötzlich liegt sie erschlagen zwischen den Pappköpfen, und Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) müssen sich auf der Suche nach dem Täter in die närrischen Befindlichkeiten einarbeiten.

Berührende Charakterstudie

Dabei stapeln Jürgen Werner und Regisseur Thomas Jauch erst mal fleißig die Klischees. Knaup gibt als Präsident den Gernegroß mit Geltungsdrang und Zweitwohnung für die heimliche Freundin. Sinja Dieks und Natalia Rudziewicz legen ihre rivalisierenden Tänzerinnen als zischende Biester an, die sich in fast jeder Szene ihres gegenseitigen Hasses versichern. Die eine mobbt die Konkurrenz mit Nacktbildern im Internet, die andere giftet pausenlos herum.

Tanzmariechen im Kölner „Tatort“

Im Kölner „Tatort“ geht es um das harte Geschäft der Karneval-Tanzgarden. Die Ermittler versuchen, den Mord an der Trainerin des Vereins „De Jecke Aape“ aufzuklären.
Im Kölner „Tatort“ geht es um das harte Geschäft der Karneval-Tanzgarden. Die Ermittler versuchen, den Mord an der Trainerin des Vereins „De Jecke Aape“ aufzuklären. © WDR | Thomas Kost
Im Zentrum stehen die Tänzerinnen der Gruppe. Die jungen Frauen konkurrieren um die beliebtesten Positionen der Tanzgarde.
Im Zentrum stehen die Tänzerinnen der Gruppe. Die jungen Frauen konkurrieren um die beliebtesten Positionen der Tanzgarde. © WDR | Thomas Kost
Karnevalspräsident Günther Kowatsch (Herbert Knaup) und Tanztrainerin Elke Schetter (Katja Heinrich) beobachten kritisch den Auftritt ihrer Tanzgarde.
Karnevalspräsident Günther Kowatsch (Herbert Knaup) und Tanztrainerin Elke Schetter (Katja Heinrich) beobachten kritisch den Auftritt ihrer Tanzgarde. © WDR | Thomas Kost
Ganz zu Beginn der Handlung nimmt sich Evelyn Pösel (Stella Holzapfel) das Leben. Auch sie gehörte zur Tanzgarde von „De Jecke Aape“ und hielt den Druck offenbar nicht mehr aus.
Ganz zu Beginn der Handlung nimmt sich Evelyn Pösel (Stella Holzapfel) das Leben. Auch sie gehörte zur Tanzgarde von „De Jecke Aape“ und hielt den Druck offenbar nicht mehr aus. © WDR | Thomas Kost
Vor allem die zwei Rivalinnen Annika Lobinger (Natalia Rudziewicz, rechts) und Saskia Unger (Sinja Dieks) geraten aneinander. Saskia ist das Tanzmariechen.
Vor allem die zwei Rivalinnen Annika Lobinger (Natalia Rudziewicz, rechts) und Saskia Unger (Sinja Dieks) geraten aneinander. Saskia ist das Tanzmariechen. © WDR | Thomas Kost
Sie hat aber auch unter dem enormen Druck zu leiden. Das geht nicht spurlos an ihr vorüber. So greift sie beispielsweise zu Medikamenten, um den Anforderungen zu entsprechen.
Sie hat aber auch unter dem enormen Druck zu leiden. Das geht nicht spurlos an ihr vorüber. So greift sie beispielsweise zu Medikamenten, um den Anforderungen zu entsprechen. © WDR | Thomas Kost
Trainerin Elke Schetter führt ein strenges Regiment. Sie nimmt wenig Rücksicht auf die Befindlichkeiten ihrer Tänzerinnen. Und wird eines Nachts in der Lagerhalle des Vereins erschlagen.
Trainerin Elke Schetter führt ein strenges Regiment. Sie nimmt wenig Rücksicht auf die Befindlichkeiten ihrer Tänzerinnen. Und wird eines Nachts in der Lagerhalle des Vereins erschlagen. © WDR | Thomas Kost
Rechtsmediziner Dr. Joseph Roth (Joe Bausch, 2.v.l.) teilt den Kommissaren Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, l.) und Freddy Schenk (Dietmar Bär, Mitte, hinten) mit, dass eine Kopfverletzung zum Tod der Tanztrainerin Elke Schetter (Katja Heinrich) geführt hat.
Rechtsmediziner Dr. Joseph Roth (Joe Bausch, 2.v.l.) teilt den Kommissaren Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, l.) und Freddy Schenk (Dietmar Bär, Mitte, hinten) mit, dass eine Kopfverletzung zum Tod der Tanztrainerin Elke Schetter (Katja Heinrich) geführt hat. © WDR | Thomas Kost
In dieser Szene erfahren die Tänzerinnen Annika (l.) und Saskia (r.), wer von beiden das Training nach dem Tod von Elke Schetter leiten soll.
In dieser Szene erfahren die Tänzerinnen Annika (l.) und Saskia (r.), wer von beiden das Training nach dem Tod von Elke Schetter leiten soll. © WDR | Thomas Kost
Zoff in der Umkleide der Tanzgarde: Hier entdeckt Annika, dass Saskia sich mit Medikamenten pusht.
Zoff in der Umkleide der Tanzgarde: Hier entdeckt Annika, dass Saskia sich mit Medikamenten pusht. © WDR | Thomas Kost
Ballauf und Schenk stellen Saskia zur Rede: Was ist hinter den Kulissen des Karnevalsvereins „De Jecke Aape“ wirklich los?
Ballauf und Schenk stellen Saskia zur Rede: Was ist hinter den Kulissen des Karnevalsvereins „De Jecke Aape“ wirklich los? © WDR | Thomas Kost
Günther Kowatsch (Herbert Knaup) ist Präsident des Karnevalsvereins und will „De Jecke Aape“ ganz groß rausbringen.
Günther Kowatsch (Herbert Knaup) ist Präsident des Karnevalsvereins und will „De Jecke Aape“ ganz groß rausbringen. © WDR | Thomas Kost
Kowatsch weist die Kommissare darauf hin, dass aus der Vitrine des Karnevalsvereins ein Pokal verschwunden ist. Dieser könnte als Tatwaffe benutzt worden sein.
Kowatsch weist die Kommissare darauf hin, dass aus der Vitrine des Karnevalsvereins ein Pokal verschwunden ist. Dieser könnte als Tatwaffe benutzt worden sein. © WDR | Thomas Kost
Die Ermittlungen laufen lange Zeit ins Leere. Einer der Verdächtigten ist auch der Vereins-Präsident Kowatsch.
Die Ermittlungen laufen lange Zeit ins Leere. Einer der Verdächtigten ist auch der Vereins-Präsident Kowatsch. © WDR | Thomas Kost
Rainer Pösel (Tristan Seith, Mitte) wird bei der Arbeit in seinem Müllwagen von der Polizei gestoppt: Er ist der Vater der Tänzerin Evelyn, die zu Beginn Selbstmord begangen hat. Auch er steht unter Tatverdacht.
Rainer Pösel (Tristan Seith, Mitte) wird bei der Arbeit in seinem Müllwagen von der Polizei gestoppt: Er ist der Vater der Tänzerin Evelyn, die zu Beginn Selbstmord begangen hat. Auch er steht unter Tatverdacht. © WDR | Thomas Kost
Pösel liebt den Karneval – vielleicht ein wenig zu sehr. Sein Sohn Paul (Luke Piplies) soll für einen Auftritt als Redner in der „Bütt“ üben.
Pösel liebt den Karneval – vielleicht ein wenig zu sehr. Sein Sohn Paul (Luke Piplies) soll für einen Auftritt als Redner in der „Bütt“ üben. © WDR | Martin Menke
Polizei-Mitarbeiter Tobias Reisser (Patrick Abozen, l.) bekommt im Polizeipräsidium Besuch von seinem Freund David (Marc Rissmann). Die Zärtlichkeiten werden nicht von allen gut aufgenommen.
Polizei-Mitarbeiter Tobias Reisser (Patrick Abozen, l.) bekommt im Polizeipräsidium Besuch von seinem Freund David (Marc Rissmann). Die Zärtlichkeiten werden nicht von allen gut aufgenommen. © WDR | Thomas Kost
Dienst ist Dienst: Kommissar Schenk sieht nicht gerne, dass sein Kollege Zärtlichkeiten austauscht.
Dienst ist Dienst: Kommissar Schenk sieht nicht gerne, dass sein Kollege Zärtlichkeiten austauscht. © WDR | Thomas Kost
Martina Pösel (Milena Dreissig) hat den Tod ihrer Tochter Evelyn noch nicht verarbeitet.
Martina Pösel (Milena Dreissig) hat den Tod ihrer Tochter Evelyn noch nicht verarbeitet. © WDR | Martin Menke
Im Hause der Familie Pösel ist Karneval alles. Obwohl sich die Tochter auch wegen des hohen Drucks umgebracht hat, setzen die Eltern alles daran, dass auch ihr Sohn Karriere als Jeck macht.
Im Hause der Familie Pösel ist Karneval alles. Obwohl sich die Tochter auch wegen des hohen Drucks umgebracht hat, setzen die Eltern alles daran, dass auch ihr Sohn Karriere als Jeck macht. © WDR | Martin Menke
Nachdem sie den Mord aufgeklärt haben, gönnen sich auch die Kommissare ein wenig Spaß. Auch wenn Ballauf, wie unschwer an seinem Gesichtsausdruck zu erkennen, alles andere als ein Fan der „tollen Tage“ ist.
Nachdem sie den Mord aufgeklärt haben, gönnen sich auch die Kommissare ein wenig Spaß. Auch wenn Ballauf, wie unschwer an seinem Gesichtsausdruck zu erkennen, alles andere als ein Fan der „tollen Tage“ ist. © WDR | Thomas Kost
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Immerhin gelingt Tristan Seith als kölschem Familienvater mit Ambitionen die durchaus berührende Charakterstudie eines Besessenen, der alles dem Karneval unterordnet und die eigene Familie mit ins Verderben reißt: Die Ehe mit seiner Frau (stark: Milena Dreißig) steht vor dem Aus, die Tochter hat sich von der Brücke gestürzt, der Sohn (Luke Piplies) müht sich in tragischer Vergeblichkeit als Büttenredner ab. Dieser Mann macht den Verein für seine Lebensmisere verantwortlich und steht damit auch auf der Liste der Verdächtigen.

Schnöde Routine

Selten indes hat man Ballauf und Schenk derart lustlos beim Abarbeiten der vielen Spuren erlebt, die das Drehbuch vor ihnen ausbreitet. Mit schnöder Routine spulen sie ihr Befragungsprogramm ab, ähnlich routiniert bis langweilig steuert das Geschehen auf eine relativ biedere Auflösung zu. Erzählerischer Fernsehkrimi-Standard, da hat der „Tatort“ längst mehr zu bieten.

Sicher, Jürgen Werner streift die Auswüchse des Mobbings und vermittelt etwas vom Leistungsdruck im Karnevalsgeschäft. Aber das bleibt seltsam lehrbuchhaft. So fühlt man sich am Ende wie der muffige Ballauf, dem sie auf dem Revier die rote Pappnase aufzwingen: ein bisschen genervt.

ARD, Sonntag, 19. Februar, 20.15 Uhr