Berlin. Syrien, Putin, Terror: Maybrit Illner nahm sich mit ihren Gästen die Weltpolitik vor. Letztlich ging es um alles – und auch um nichts.

Immerhin, man redet wieder. Der erste Berlin-Besuch von Wladimir Putin seit vier Jahren war die Vorlage für den Talk bei Maybrit Illner am Donnerstag. Im Kern ging es in der Sendung um die desaströse Lage in Aleppo. Kanzleramtschef Peter Altmaier betonte gleich zu Beginn, dass es sich um „sehr harte Gespräche“ mit dem russischen Präsidenten gehandelt habe, Gräueltaten seien „schonungslos angesprochen“ worden. Konsequenz: Russland verlängerte die Waffenruhe für Aleppo. Aber reicht das? „Wie umgehen mit Feldherr Putin“, fragte Moderatorin Illner.

In der ersten Hälfte der Sendung ging es allerdings kaum um den russischen Präsidenten. Die Diskutanten zerkauten zunächst mühsam die komplizierte Konstellation der Konfliktparteien. Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken im Bundestag, schlug schnell den Ton an, der die Debatte bestimmte: Er beklagte die „Hilflosigkeit der Politik“.

Bartsch sieht die großen Linien

Und Altmaier als Mann der Regierung war mehr oder weniger den Rest der Sendung damit beschäftigt, diesen Vorwurf zu entkräften. „Wir sollten uns zunächst dem Kern des Problems nähern. Als erstes müssen wir verhindern, dass die Leute in Aleppo verhungern und verdursten“, so der CDU-Politiker. In West-Aleppo stehe ein Konvoi bereit, der nach Ost-Aleppo durchfahren könnte – wenn Assad und Putin das nicht verhindern würden.

Wohl eher Kleinkram für Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch, der den Blick lieber auf die ganz großen Linien richtete: „Assad ist letztlich nur eine Figur.“ Es brauche eine Perspektive für die gesamte Region, eingeschlossen den Irak. „Diese Länder sind nur noch auf unserem Atlas eingezeichnet. Sonst gibt es die gar nicht mehr“, so der Linken-Politiker.

Terroristen ihre Territorien nehmen

Einen der wenigen erhellenden Momente der Sendung war dem Terrorexperten Peter R. Neumann vom Londoner King’s College zu verdanken. „Im Vergleich zum Jahr 2014 hat der ,Islamische Staat’ rund 15 Prozent seines Territoriums verloren“, stellte er fest. Und: „Seit mehr als 18 Monaten hat die Terrormiliz keine größeren Siege mehr eingefahren“.

Neumann lobte die Strategie der Staatengemeinschaft gegen den Terror: Denn spätestens seit Afghanistan sei deutlich, dass es das oberste Ziel sein müsse, Terroristen ihre Territorien zu nehmen. Kurzfristig führe dies zwar zu einer erhöhten Terrorgefahr, langfristig sei es jedoch der einzige Weg, um den IS zu entmachten.

Mit der Krim hat es „sich so hochgeschaukelt“

Und schließlich ging es doch noch um den russischen Präsidenten. Eine eigentümliche Rolle spielte der Putin-Biograf Alexander Rahr. Der Ehrenprofessor des Moskauer Staatsinstituts für Internationale Beziehungen fand eine originelle Formulierung für Putins Annektierung der Krim. Völkerrechtsbruch? Rahr: Das Ganze habe sich so hochgeschaukelt, es ging um einen Stützpunkt, den Russland eben nicht der Nato überlassen wollte. Den russischen Präsidenten sehe er „nicht so negativ“. Er stehe eben für eine neue „multipolare Welt“, so Rahr.

Da drängte sich eine Frage auf: „Sind wir in einer neuen Welt gelandet?“, wollte Illner wissen. Und zwar von ihrem Gast Florence Gaub, Senior Analyst beim Europäischen Institut für Sicherheitsstudien in Paris. „Ja, Putin will nicht nur ein neues weltpolitisches System, sondern er stellt grundsätzlich das demokratische System in Frage und das geht einfach zu weit.“ Ob sich Putin damit Anerkennung verschaffe? Nicht bei Kanzleramtschef Altmaier: Putin werde dann Anerkennung bekommen, wenn er sich an die Spielregeln hält.