Berlin. Fünf Jahre ist es her, dass Franka Potente zuletzt fürs deutsche Fernsehen gedreht hat. Nun kehrt sie für eine ARD-Krimireihe zurück.

In „Der Island-Krimi“ (27. Oktober und 3. November, ARD, um 20.15 Uhr) spielt Franka Potente die Hobby-Ermittlerin Solveig Karlsdottir. Sie reist in ihr Heimatdorf, um sich um ihre an Demenz erkrankte Mutter zu kümmern. Doch dann wird die Leiche ihres Jugendfreundes Jon im Hafenbecken gefunden. An einen Unfall glaubt Solveig nicht und ermittelt auf eigene Faust. Damit setzt sie eine Kette verhängnisvoller Ereignisse in Gang. Im Interview mit „GOLDENE KAMERA“ verrät die 42-Jährige, warum der „Island-Krimi“ so riskant ist – und wieso sie ein „Tatort“-Angebot ausschlug.

Sie haben Ihre neue Rolle in „Der Island-Krimi“ als Mix aus Bridget Jones und Miss Marple beschrieben. Das müssen Sie bitte erklären.

Franka Potente: Solveig ist Single und tapsig wie Bridget Jones, und wie Miss Marple ist sie Hobbydetektivin. Ihr fallen die Fälle zu. Wenn alle sagen: „Die Sache ist klar“, sagt sie: „Moment mal ...“ Das verbindet mich mit ihr.

Solveig wird von Visionen geplagt und sieht manchmal Dinge, die nicht da sind. Hat Sie der übersinnliche Aspekt gereizt?

Potente: Um ehrlich zu sein: Ich war skeptisch. Solche Elemente sind gefährlich. Das kann auch in die Hose gehen. Meine erste Frage war deshalb: Wie setzen wir das um? Ich denke, es funktioniert sehr gut, auch weil Mystik in Island fest verwurzelt ist. Eine Elfenbeauftragte, wie sie in unserem Film vorkommt, gibt es wirklich.

In den Filmen spielen Deutsche, Amerikaner und Isländer. Sie haben einige Szenen auf Deutsch gespielt, andere auf Englisch und sich anschließend selbst synchronisiert. Ist Ihnen das schwer gefallen?

Franka Potente spielt Solveig Karlsdottir und trifft in dem ARD-Krimi ihre Jugendliebe Binni (Felix Klare) wieder.
Franka Potente spielt Solveig Karlsdottir und trifft in dem ARD-Krimi ihre Jugendliebe Binni (Felix Klare) wieder. © ARD Degeto/NDF/Grischa Schmitz | ARD Degeto/NDF/Grischa Schmitz

Potente: Ich mache nicht gerne Synchronisationen. Ich finde es immer schade, da im Nachhinein herumzuwurschteln. Beim „Island-Krimi“ hatten wir in ein babylonisches Sprach-Kauderwelsch. Dein Partner in einer Szene spricht Dich auf Isländisch an, Du schaust smart zurück und antwortetest auf deutsch oder englisch. Grauenhaft! Da fällt es sehr schwer, in der Szene zu bleiben. Das war das erste und hoffentlich auch letzte Mal. Aber gleichzeitig muss ich auch sagen: Mit einer Nachsynchronisation kann man auch sehr viel reparieren. Bei „Lola rennt“ etwa mussten wir rund ein Viertel des Films nachsynchronisieren, weil wir solche Tonprobleme hatten. Ich war wegen des Rennens ja ständig außer Atem.

„Der Island-Krimi“ läuft am Donnerstag – ein neuer Krimisendeplatz im Ersten neben dem „Tatort“-Sonntag. Hatten Sie eigentlich mal ein Angebot vom „Tatort“?

Potente: Ja, da war mal was. Aber darüber will ich gar nicht viel reden. Sagen wir so: Dem „Tatort“ habe ich abgesagt, weil es eine Verpflichtung war, die nicht in mein Leben passte. Ich lebe ja mit meiner Familie in den USA.

Dort spielten Sie zuletzt in vielen Serien. Wie groß war eigentlich die Umstellung aufs US-Fernsehen? Schließlich hat dort nicht der Regisseur das Sagen, sondern der Autor ist der Showrunner.

Mit dem „Island-Krimi“ kehrt Franka Potente nach fünf Jahren wieder ins deutsche Fernsehen zurück.
Mit dem „Island-Krimi“ kehrt Franka Potente nach fünf Jahren wieder ins deutsche Fernsehen zurück. © ARD Degeto/NDF/Frank Lübke | ARD Degeto/NDF/Frank Lübke

Potente: Das war eine große Umstellung. Ich bin anfangs in den USA immer zum Regisseur gegangen. Der hat nur gesagt: „Nee, frag mal lieber den da drüben.“ Die Beziehung zu den Showrunnern ist sehr unterschiedlich. Bei „The Bridge“ habe ich mich mit den Autoren so gut verstanden, dass ich mit im Writer’s Room saß, in dem die Storys entwickelt wurden. Aber es gibt auch Serien, wo die Autoren sehr geheim tun. Die verraten Dir nicht mal, ob Du in der nächsten Episode dabei bist.

Erinnern Sie sich an Ihren seltsamsten Castingmoment in den USA?

Potente: Für ein geheimes Kinoprojekt kam eine Frau mit dem Drehbuch zu mir nach Hause. Sie setzte sich in die Ecke, und während ich das Skript las, wich sie mir nicht von der Seite. Sie hatte höllische Angst, ich könnte die Seiten kopieren oder fotografieren.

Gibt es eine Rolle, die Sie besonders gern bekommen hätten?

Potente: Ich habe für die Rolle von Steve Jobs’ polnischstämmiger Marketingchefin im Kinofilm „Steve Jobs“ vorgesprochen. Zur Vorbereitung wurde mir mein Text online freigeschaltet, aber nur für zwei Stunden! Ich war ziemlich gestresst, weil ich für so lange Texte mehr Zeit zum Lernen brauche. Die Rolle hat dann Kate Winslet bekommen und super gespielt. (Oscarnominierung 2016, Anm. d. R.)

Warten Sie beim Casting manchmal mit Dutzenden Frauen gleichen Alters?

Potente: Solche Massenaufläufe erlebe ich nur noch selten. Meine Rolle in der neuen Serie „Taboo“ mit Tom Hardy bekam ich etwa durch ein zu Hause selbst aufgenommenes Video.

Ihr Englisch klingt praktisch perfekt. Hören die Castingexperten da noch einen Akzent?

Potente: Sie hören eine Färbung, das ist auch okay. Für US-Rollen gibt es genug tolle Amerikanerinnen. Ich spiele meist Europäerinnen und bin inzwischen etabliert – da gibt es keine 50 Mitbewerberinnen mehr. Früher dachte ich: „Mist, jetzt stecke ich in einer Schublade!“ Bis mir jemand sagte: „Ist doch besser als gar keine Nische zu haben.“ Recht hat er. Ich habe meine gefunden.

Welche Projekte stehen für Sie als nächstes an?

Potente: Die bereits erwähnte Historienserie „Taboo“ von und mit Tom Hardy habe ich abgedreht. Gerade arbeite ich an einem neuen Regieprojekt. Ich habe ein Drehbuch geschrieben, das jetzt schon in der 9. Fassung ist, also fertig. Gedreht werden soll auf Englisch und fürs Kino.

Dieses Interview ist zuerst auf goldenekamera.de erschienen.