Berlin. Im „Jenke Experiment“ will Jenke von Wilmsdorff wissen, wie es ist, an Essstörungen zu leiden. Er scheitert an diesem sensiblen Thema.

„Mir fällt es immer leichter, auf Essen zu verzichten. Ich hab sogar Gefallen daran, das leichte Hungergefühl auszuhalten.“ Es sind Sätze wie diese, die den Zuschauer aufhorchen lassen. Vier Wochen lang nimmt RTL-Reporter Jenke von Wilmsdorff keine feste Nahrung zu sich. Verzichtet auf Brot, Kuchen oder die leckere Grillwurst und nimmt so mal eben zehn Kilo ab. Doch im vierten und letzten Teil der aktuellen Staffel von „Das Jenke Experiment“ geht es nicht um die nächste Hollywood-Diät, sondern um Essstörungen. Und die werden erschreckend oberflächlich thematisiert.

Mehr als 500.000 Menschen in Deutschland leiden an Anorexie, wie die Magersucht in der medizinischen Fachsprache heißt. Vor allem junge Mädchen sind betroffen. Ursachen können Spott oder Hohn, Missbrauch oder Gewalt in der Kindheit sein. „Was kränkt, das macht krank“, fasst eine Psychologin zusammen.

Reportage geht Ursachen nicht auf den Grund

Denise erzählt von ihrer Krankheit. Sie hat Anorexie, seit 13 Jahren. Dreimal wollte sie sich das Leben nehmen. Sie ritzt sich selbst, um sich wieder zu spüren. Johanna wiederum leidet an Bulimie, sie hat Essattacken und übergibt sich anschließend. „Mein ganzer Tag besteht aus essen, kotzen, essen, kotzen“, sagt sie. Ihr sei es egal, ob es für ihren Körper schädlich sei. „Dünn sein, ist wichtiger.“ Auch Männer können betroffen sein. Ein Betroffener verweigert den Zucker im Kaffee: „Das ist für mich wie Gift. Eine Todsünde.“

Für den Zuschauer sind die Erzählungen nur schwer zu begreifen. Die betroffenen Frauen und Männer sind jung, abgemagert und trotzdem scheinen sie sich dick zu fühlen. Doch den Ursachen für ihre Krankheit geht Jenke von Wilmsdorff in seiner Sendung nicht auf den Grund. Der Kampf gegen die Krankheit spielt keine Rolle.

Anzeichen einer Anorexie

Stattdessen filmt sich der RTL-Reporter am Mittagstisch, vor ihm ein leerer Teller, ein leeres Glas. Es fühle sich gut an, nichts zu essen. Sein Körper sei nicht so schwer wie sonst nach dem Essen. Als der Arzt ihm empfiehlt, abends einen Joghurt zu essen, wird ihm sogar übel und Jenke von Wilmsdorff geht wieder zur Null-Kalorien-Diät über. Eine Warnung gibt es nur vom Psychologen, der dem Moderator erste Anzeichen einer Anorexie attestiert, ihn aber weitermachen lässt.

RTL-typisch werden dann auch noch durchtrainierte Unterwäschemodels auf dem Laufsteg präsentiert. Klar, so sehe die Durchschnittsfrau nicht aus. Aber Arbeit gehöre zu so einer Figur eben dazu. Der Zuschauer bleibt orientierungslos zurück und fragt sich: Was hat das mit Essstörungen zu tun?

Reporter wird von Herzmuskelschwäche gestoppt

Jenke von Wilmsdorff wird in der Kölner Innenstadt als „Fettsack“ beschimpft.
Jenke von Wilmsdorff wird in der Kölner Innenstadt als „Fettsack“ beschimpft. © RTL / Jánik von Wilmsdorff | RTL / Jánik von Wilmsdorff

Fast demaskierend wird es, als von Wilmsdorff im Fatsuit durch die Kölner Innenstadt tigert. 1,5 Millionen Deutsche seien adipös. Viele würden bei Stress oder Frust zum Essen greifen. Der Reporter will nachempfinden, wie man sich so fühlt. Er schwitzt, ihm rutscht die Hose runter und während er sich in einer Rikscha durch die Stadt fahren lässt, wird er als „Fettsack“ beschimpft.

„Wir sollten verständnisvoller sein. Und uns fragen, warum Menschen dieses Gewicht mit sich rumschleppen“, sagt der RTL-Mann. Vielleicht hätte er sich seine Ratschläge zu Herzen nehmen sollen. Dann wäre ihm dieser Kommentar zu seinem Aussehen nicht herausgerutscht: „Sieht aus wie eine Mischung aus Harry Wijnvoord und Sigmar Gabriel.“

Experiment durch eigenen Körper gestoppt

Gestoppt wird Jenke von Wilmsdorffs Experiment dann von seinem eigenen Körper. Der Arzt attestiert ihm eine Herzmuskelschwäche. Als eine Art Belohnung für die Hungerkur gönnt sich der Reporter dann Currywurst und Pommes. Doch anstatt es zu genießen und einen gesunden Umgang mit Essen zu predigen, steckt er sich über der Toilette den Finger in den Hals: „Das würden Bulimiker jetzt machen“, sagt er fast stolz. Doch erst mit Salz kommt das Essen wieder hoch.

Das Fazit seines fragwürdigen Experiments: Essstörungen sind schwere psychische Krankheiten. Doch die Bulimie-Erfahrung sei der schlimmste Part gewesen. Viele Betroffene werden anders denken.