Kassel. Noch vor der offiziellen Eröffnung am Samstag bekommt die documenta viel Lob. Während frühere Ausgaben der weltweit bedeutendsten Ausstellung zeitgenössischer Kunst oft mit ätzender Kritik und Spott überzogen wurden, wird die 13. Ausgabe als abwechslungsreich, inspirierend und durchdacht gewürdigt.

So zeigte sich Kasper König, Direktor des Kölner Museums Ludwig und einer der einflussreichsten deutschen Ausstellungsmacher, bei einem Rundgang begeistert. «Unbedingt hinfahren!», sagte er am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa. «Es lohnt sich auf jeden Fall.» Der ehemalige Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) sagte der dpa, es sei eine spannende documenta, für die man sich Zeit nehmen müsse. Es sei auch eine sehr politische Ausstellung: «Sie lässt sich auf den Zustand der Welt ein, da wird nichts verkleistert, nichts beschönigt.»

Das Medienecho fiel durchweg positiv aus. «Eine Weltkunst-Schau, die sich lohnt», schrieb das «Hamburger Abendblatt». «Die Welt» urteilte: «Auf hoch respektable Weise setzt sie die Geschichte des stolzen Ausstellungsformats fort.»

Wenn die documenta am Samstag von Bundespräsident Joachim Gauck eröffnet wird, sind in Kassel nicht nur Werke von Künstlern zu sehen. Auch physikalische Experimente, ökologische Projekte und Arbeiten am Außenstandort Kabul gehören zum weit gefassten Konzept. Bis Mitte September erwartet das «Museum der 100 Tage» 750 000 Besucher.

Innerhalb Kassels wurde das documenta-Gelände so ausgeweitet wie nie zuvor. Außer in Museen und Parks wird Kunst auch an vielen alltäglichen Orten zu sehen sein - in einem alten Bahnhof, in einem Bunker, einem Hotel mit Ballsaal, Kaufhäusern oder leerstehenden Büros. Als einen der wichtigsten Orte bezeichnet die künstlerische Leiterin Carolyn Christov-Bakargiev ein ehemaliges Kloster außerhalb Kassels, das Gefängnis, KZ und Besserungsanstalt war und heute als psychiatrische Klinik genutzt wird.

Wie keine documenta zuvor geht die 13. Ausgabe auf die Geschichte Kassels ein: Ein Amerikaner baut mit Abbruchmaterial aus den USA ein verfallenes Haus wieder auf, ein von den Nazis zerstörter Brunnen entsteht als Negativform neu, eine Brasilianerin versteckt eine virtuelle Pyramide unter der Stadt.

Im Auepark sind rund zwei Dutzend Holzhütten aufgebaut, die von Künstlern genutzt werden. Viele Arbeiten sollen sich im Laufe der 100 Tage verändern: Eingetopfte Bäume etwa sollen wie von Geisterhand einmal quer durch den Park wandern, ein «Nichts-Tun-Garten» wächst auf einem Berg aus Abfall.

Viele Werke haben aber auch eine starke politische Aussage, ohne dabei mit einem nervenden Zeigefinger zu fuchteln. Im Park steht eine Hinrichtungsstätte, man sieht schockierende Bilder von Handy-Videos, deren Besitzer im Moment des Filmens erschossen werden.

Und nicht alles hat geklappt: Die Argentinier Guillermo Faivovich und Nicolas Goldberg wollten einen 37 Tonnen schweren Meteoriten nach Kassel bringen, was aber misslang, stattdessen wird jetzt nur der Versuch dokumentiert. Aber auch das passt ins Konzept der Kuratorin: «Diese documenta ist bewusst unbequem und unvollständig.» (dpa)

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