Philipp Engel begegnete einer echten „Karen“ an einer Tankstelle – und war fasziniert, dass es die nicht nur im Internet gibt.

Neulich, an einer Autobahnraststätte zwischen Den Haag und Braunschweig, diskutierte eine Frau lauthals und zunehmend aggressiv mit einem Mitarbeiter in der Tankstelle darüber, dass sie keine Maske tragen wolle. Wohlgemerkt: Das ist nur wenige Wochen her, Corona und Masken gab es schon seit über einem Jahr.

Die Dame wurde beleidigend, hysterisch, verlangte nach dem Chef, drohte, die Polizei zu rufen. Es war unangenehm. Aber ich stand da voller Faszination und sagte zu meiner Frau: „Schau! Eine Karen in freier Wildbahn! Sei leise, sonst verschreckst du sie“.

Habe ich was gegen Menschen mit dem Namen Karen? Nein! Es gibt tolle Karens! Aber Karen, englisch ausgesprochen, ungefähr „Kerren“, ist im Netz das Synonym geworden für privilegierte weiße Frauen aus der Mittelschicht, die mit rassistischen, selbstgerechten, bisweilen psychotisch anmutenden Wutausbrüchen auffallen. Ich kenne viele Videos davon – jetzt habe ich endlich eine in echt gesehen.

Den Ursprung hat das ganze in der afroamerikanischen Community, die damit rassistische Übergriffe anprangerte. Aber wieso Karen? Das geht wohl auf den Auftritt eines Comedians zurück, in dem exakt dieser Frauen-Stereotyp aufgespießt wird – und der seine Figur eben Karen nennt. Die männliche Karen gibt es übrigens auch. Name: Ken. Ich hoffe drauf, auch ein solches Exemplar einmal in freier Wildbahn erleben zu dürfen. Oder gleich ein Paar – das wäre toll!