„E s braucht Zeit, bis etwas in Fleisch und Blut übergeht.“

Wenn man mit kleinen Kindern lesen übt, dann merkt man mal wieder, wie verdammt schwer es ist, aus diesem undurchdringlichen Buchstabendickicht sinnvolle Wörter herauszugabeln. Das kleine Mädchen neben mir erarbeitete sich die einzelnen Worte geradezu körperlich: die Finger ineinander verknetet, als könnten die Hände dem Geist die Worte abwringen! Die Schultern so angespannt zu den Ohren gezogen, dass ich eine Schlotterlotterlockerungsübung einlegte, um Nackenverspannungen vorzubeugen.

Lesen ist ja so wie schwimmen: Hat man es einmal drauf, verschwendet man keinen Gedanken mehr an die Technik. „In Fleisch und Blut übergegangen“ nennt man das wohl.

Als das Mädchen nun im siebten Satz zum siebten Mal über das siebenmal gleiche Wort Lotta stolperte, geriet meine Geduld ein klein wenig aus dem Takt und ich stolperte in diesen etwas verunglückten Satz: „Siehst du denn nicht, dass es immer das gleiche Wort ist?“

Die Kleine strahlte mich kein bisschen verstimmt an und sagte: „Ich bin eben eine Schnellvergesserin.“