Braunschweig. Ein Geschwisterpaar erzählt, wie es die Trennung der Eltern erlebt hat.

Als sich seine Eltern getrennt haben, war das für Marc* erst einmal ein Schock. „Klar haben wir mitbekommen, dass unsere Eltern sich oft gestritten haben. Aber Scheidung war kein Thema bei uns, das passierte anderen Familien. Aber doch nicht uns!“, erinnert sich Marc, der bei der Trennung vor nunmehr fünf Jahren acht Jahre alt gewesen ist.

Marcs Schwester Carolin war damals 11 Jahre alt. „Ich fand zu der Zeit eh alles total doof, habe besonders mit meiner Mutter viel gestritten. Ich war in dieser typischen Mädchenphase, in der man alles schrecklich findet. Ich hatte eine Trend-Depression nach der anderen. Pubertät eben. Da kam die Trennung von Mama und Papa noch obendrauf. Konflikte gab es auch vorher, die Trennung war dann nur noch ein Grund mehr, öfter mal auszurasten“, sagt Marcs ältere Schwester.

Wenn man so mit den Geschwistern im gemütlichen Wohnzimmer zusammensitzt und die beiden sehr offen und ernsthaft über die Trennung ihrer Eltern sprechen, dann stellt sich recht schnell dieser Eindruck ein, der sich auch während des Gesprächs nicht verlieren wird: Dass Mutter und Vater kein Paar mehr sind, hat die Kinder nicht nachhaltig aus der Bahn geworfen. „Es hat uns eher runtergezogen, dass unsere Eltern sich in der Ehe so oft gestritten haben. Das drückt ja auch auf die eigene Stimmung. Jetzt, wo Mama in einer neuen Beziehung glücklich ist, wirkt sich das natürlich auch auf uns aus“, sagt Carolin, die die Scheidung der Eltern, zumal als unmittelbar Beteiligte, erstaunlich reflektiert betrachtet.

Die Mutter ist während des Gesprächs nicht dabei, niemand verlangt, den Text vor dem Druck noch einmal lesen zu dürfen. Die Antworten sind also glaubhaft, nicht abgesprochen. Beide stellen ihren Eltern ein gutes Zeugnis aus. „Ich glaube, es war gut, dass Mama und Papa diesen KiB-Kurs (siehe Service, Anmerkung der Red.) gemacht haben. Da haben sie begriffen, dass es nicht nur um sie geht. Jedenfalls haben sie immer darauf geachtet, wie wir mit der Situation klar kommen“, erinnert sich Carolin. Für Marc war es wichtig, dass der Vater, als die Trennung auf dem heimischen Sofa „offiziell“ in der Familie verkündet wurde, nicht einfach weg war. Der Auszug ging allmählich vonstatten.

„Es gab keinen Streit um irgendwelche Sachen, Möbel, das Haus, das ist, auch im Vergleich zu anderen, echt gut gelaufen“, sagt Carolin. Das Verhältnis sei nicht zerrüttet, die Eltern hätten sich bemüht, die vertraute Basis zu erhalten. Zudem gab es von Anbeginn feste Strukturen. Die Geschwister verbringen alle zwei Wochen das Wochenende beim Vater, der mittlerweile in einer anderen, nahe gelegenen Stadt wohnt. Zudem hat der Vater ein Gästezimmer im Haus. Das ist praktisch und vernünftig, denn so kann der Vater seine Kinder auch an Wochenenden sehen, an denen sie keine Zeit hätten, ihn zu besuchen.

„Klar gibt es bei Mama und Papa auch Zickereien. Aber das geht. Die reden eigentlich ganz normal miteinander. Sonst könnten wir ja auch nicht Weihnachten zusammen feiern“, sagt Carolin. Weihnachten ohne Papa – das fänden beide schon komisch. Der Vater tat ihnen auch ein bisschen leid, weil er Silvester allein war. „Ich bin immer ein totales Papakind gewesen“, sagt Carolin. Ein bisschen habe sich diese ganz enge Verbindung zum Vater schon verloren, „es ist irgendwie schwieriger geworden, weil er ja auch nicht mehr unseren Alltag mit lebt“. Das fehle ihr manchmal, sagt Carolin, aber der Vater bemüht sich, noch regelmäßiger Kontakt zu halten, mal anzurufen oder eine SMS zu schicken. „Aber vielleicht wäre das auch so, wenn wir noch alle zusammen leben würden. Das ist vielleicht normal. Abnabelung eben.“ Marc ist eher der Typ, der Probleme mit sich selbst ausmacht. Carolin beredete viel mit Freundinnen, wandte sich aber auch an den Beratungslehrer in der Schule. „Und ich war auch bei der Jugendberatung. Das war auch gut.“

HILFE FÜR BETROFFENE

Kinder im Blick (KiB) ist für getrennt lebende Eltern gedacht, die sich und ihren Kindern helfen wollen, mit der neuen Situation besser leben zu können (www.kinder-im-blick.de). In Braunschweig gibt es diese Kurse unter anderem bei Beta – Beratungsstelle für Eltern in Trennungssituationen und Alleinerziehende (www.drk-beta.de). Weitere Hilfen für Eltern gibt es unter www.braunschweig-hilft.de. Kinder können sich auch an die Beratungsstelle Domplatz 4 in Braunschweig wenden. Dort gibt es montags (14 bis 17 Uhr) und mittwochs (16 bis 19 Uhr) Sprechstunden. Da kann man ohne Voranmeldung einfach hingehen (www.erziehungsberatung-bs.de). suja