Gifhorn. Seit einem Jahr ist das Otto-Hahn-Gymnasium einzige Fair Trade School im Landkreis Gifhorn. Das haben die Schüler schon alles bewegt.

Wenn die neuen Fünftklässler im Otto-Hahn-Gymnasium in Gifhorn ihren ersten Schultag haben, dann bekommen sie liebevoll von Mitschülern zusammengebunden eine Rose und einen Schokoriegel überreicht. Das Besondere: Beides sind garantiert fair gehandelte Waren. Das ist nur eine der vielen Aktionen der frisch gekürten Fair Trade School. Dass die Schule seit fast einem Jahr als einzige im Landkreis Gifhorn diesen Titel trägt, ist ausschließlich ein Verdienst der Schüler.

Neue Fünftklässler bekommen am OHG als Willkommensgruß faire Schokoriegel.
Neue Fünftklässler bekommen am OHG als Willkommensgruß faire Schokoriegel. © Privat

„Die Idee ist an der Basis entstanden“, sagt Schulleiterin Susanne Pilarski stolz. Nachhaltigkeit habe schon lange vorher eine Rolle am OHG gespielt. Der Vorschlag der Schüler Solveig Böhme und Philipp Knotz, die sich auch bei Fridays for Future und Viva con Aqua engagieren, dass die Schule auch Fair Trade ins Visier nehmen soll, war da nur der nächste Schritt. Mittlerweile wird nicht nur fair gehandelter Kaffee im Lehrerzimmer ausgeschenkt, sondern es drehen sich viele Aktionen der Schule um das Thema, wie die Interessen der Hersteller in fernen Länder berücksichtigt werden können.

Fair-Trade-AG am OHG sorgt für Impulse

Die Gründer haben mittlerweile schon ihr Abitur in der Tasche, aber die darauf ins Leben gerufene Fair-Trade-AG unter Leitung der Lehrer Silke Dudda und Guido Klosterberg gedeiht weiterhin. „Wir haben mit Videokonferenzen angefangen in einer Zeit, in der die Schüler durch Corona eh schon stark belastet waren“, so Klosterberg, „das war schon beachtlich.“ In die nun regelmäßigen Sitzungen sind auch engagierte Eltern eingebunden – eine Voraussetzung für eine offizielle Fair Trade School.

Buchautor Frank Herrmann hielt vor den Schülern des 10. Jahrgangs einen Vortrag über Fast Fashion.
Buchautor Frank Herrmann hielt vor den Schülern des 10. Jahrgangs einen Vortrag über Fast Fashion. © Privat

„Diese AG ist ein guter und leichter Weg, sich zu engagieren“, findet Schülerin Miriam Böwing. „Ich wollte mehr über Fair Trade erfahren“, sagt Luisa Pahlmann, warum sie sich an der Initiative beteiligt. Diesen Wunsch erfüllte die Gruppe sich und den Mitschülern mit einem Vortrag, zu dem sie den Buchautor Frank Herrmann in die Schule einlud. „Er sprach über Fast Fashion“, erinnert sich Luis Schubert, „über die Arbeitsbedingungen bei der Herstellung, warum diese Kleidung so billig ist. Das war sehr beeindruckend.“ Die nächsten Schul-T-Shirts und Kapuzenpullover sind schon bestellt – natürlich ab sofort mit Zertifikat.

Faire Rosen als Willkommensgruß für die Neuankömmlinge

Das erste Projekt, das die Schüler vergangenes Jahr angingen, hatte dann auch gleich einen großen Wert für die ganze Stadt: „Wir haben nachgeschaut, welche Geschäfte in Gifhorn überhaupt Fair-Trade-Produkte anbieten“, erzählt Schubert. Insgesamt waren das 20 Läden. Aus ihren Recherchen haben sie dann für Interessierte eine Karte zusammengestellt und die einzelnen Angebote bewertet. Die Präsentation ihrer Ergebnisse schaffte es bis ins Rathaus der Stadt.

Auf die Idee mit den Rosen als Willkommensgruß für die Neuankömmlinge kamen die Schüler bei einer Aktion, mit der sonst die Abijahrgänge Geld für Ball und Partys sammeln: Wenn sie Rosen mit anonymem Gruß zum Valentinstag verteilen. Diese mehr als 200 Blumen sind ab sofort ebenfalls immer aus fairem Handeln, genauso wie die ähnlich verteilten Schoko-Nikoläuse im Dezember. „Die Schokolade bestellen wir im Gifhorner Weltladen“, so Dudda, „somit unterstützen wir auch noch die lokalen Läden.“ Rosen dagegen fänden sich tatsächlich in ganz normalen Supermärkten. Klosterberg: „Es ist gar kein geringer Anteil, der dort fair verkauft wird.“

Fair-Gedanke wird weiter in die Bevölkerung getragen

Dass Fair Trade auch richtig Spaß machen kann, wurde beim großen Schokoladen-Tasting klar. „Ich konnte gar nicht alle Sorten probieren“, beschwert sich Luisa Pahlmann heute noch – „sie waren zu schnell weg.“ Das Ergebnis war aber klar: Fair-Trade-Schokolade schmeckt super. „Sie schmeckt voller“, findet Luis, „da ist mehr Kakao drin.“ Und wenn man weiß, dass die Bauern dafür auch ordentlich bezahlt werden, könne man die Süßigkeit doppelt genießen, meint Miriam.

Die vielen Aktionen führten dazu, dass alle merken: „Wir können selbst etwas tun“, sagt Klosterberg. Luisa hofft, dass es bei ihren Mitschülern so ähnlich läuft wie bei ihr, dass der Fair-Gedanke weiter in die Bevölkerung getragen wird: „Wenn meine Eltern einkaufen, achten die jetzt auch schon auf das Fair-Trade-Logo.

Nur fair gehandelte Speisen kommen am OHG auf den Tisch

Die Ideen gehen den Gymnasiasten noch lange nicht aus: „Wir planen weitere Aktionen“, so Luisa, „zum Beispiel ein faires Frühstück für den 7. Jahrgang.“ Da kommen dann nur fair gehandelte Speisen auf den Tisch – alles aus den zuvor ausgekundschafteten heimischen Läden. Ein Sportfest auch mit anderen Schulen zusammen soll gleich doppelt fair sein (auf dem Spielfeld und bei der Produktion der Bälle). Und: „Wir wollen auch noch eine Modenschau mit den Lehrern machen“, sagt Miriam. Dabei schwingt ein wenig mit, dass die Freude nicht nur der fair gehandelten Textilien gilt, sondern auch einem noch geheimen Plan. „Noch lachen sie“, sagt die Schülerin mit einem breiten Grinsen.

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