Wiesbaden. Bei innerer Kündigung sollten Betroffene reagieren – sonst können sie krank werden.

Schlechte Laune am Montagmorgen, Egal-Einstellung dem Arbeitgeber gegenüber und höchstens noch Dienst nach Vorschrift: Wenn es einem so geht, sollten alle Alarmglocken läuten. Denn das können Anzeichen für ein ernsthaftes Problem im Job sein – die innere Kündigung. Höchste Zeit, etwas zu ändern. Denn wer versucht, die Situation auszuhalten und nichts unternimmt, riskiert seelische und körperliche Beschwerden.

„Wer innerlich gekündigt hat, identifiziert sich nicht mehr mit dem Unternehmen“, erklärt Anette Wahl-Wachendorf, Vizepräsidentin des Verbands der Werks- und Betriebsärzte. Der Mitarbeiter ist nicht mehr mit dem Arbeitgeber verbunden und handelt gegebenenfalls nicht mehr loyal.

Das Problem der inneren Kündigung scheint nicht gerade selten zu sein. Das Beratungsunternehmen Gallup hat 1429 Arbeitnehmer befragt und herausgefunden: 16 Prozent haben keine emotionale Bindung zu ihrem Unternehmen – sie haben innerlich gekündigt. Laut einer Studie der von Kassen und Unfallversicherern getragenen Initiative Gesundheit und Arbeit unter 381 Personalverantwortlichen interessiert sich deren Schätzungen zufolge jeder fünfte Arbeitnehmer nicht mehr für seinen Job.

Die innere Kündigung ist ein schleichender Prozess. „Viele spüren zunächst eine innere Unruhe und haben das Gefühl, nicht mehr angekommen zu sein“, erklärt Karriereberaterin Ute Bölke aus Wiesbaden. Öfter krank sein, sich selbst und seine Hobbys vernachlässigen, die schlechte Stimmung aus dem Job ins Privatleben tragen, keinen Sinn mehr in der Arbeit sehen – wer das bemerkt, gibt besser auf sich Acht. „Ein erstes unangenehmes Gefühl sollte man nicht dramatisieren, aber wenn sich die Anzeichen häufen, sollte man etwas unternehmen“, sagt Lothar Drat vom Verein gegen psychosozialen Stress und Mobbing in Wiesbaden.

Als erstes ist Ursachenforschung wichtig. Wahl-Wachendorf empfiehlt zunächst ein Gespräch – Freunde und Familie sind erste Ansprechpartner. Die Ursachen können vielfältig sein, sagt Berater Drat. Etwa Konkurrenz, Neid oder Antipathien unter Kollegen sowie zu viel oder zu wenig Arbeit oder Aufgaben, die nicht zu einem passen.

Betroffene können zunächst versuchen, die Unzufriedenheit bei der Arbeit über das Privatleben auszugleichen: Sport treiben, Freunde treffen, sich ein Hobby suchen. „Das Leben sollte nicht nur aus Arbeit bestehen“, sagt Bölke. Wenn man eine konkrete Ursache im Job ausgemacht hat, lässt sich unter Umständen auch dort gegensteuern: Wer sich unterfordert fühlt, kann vielleicht eine Weiterbildung machen, wem das Feedback fehlt, sollte das bei seinem Chef einfordern, rät Bölke.

Das Problem: „Viele Menschen reduzieren genau das, was ihnen eigentlich guttut, wenn es schwierig wird“, sagt Drat. Das verschlimmert die Situation zusätzlich und ist genau das, was man keinesfalls tun sollte: aushalten und weiter durchziehen.

Manchmal hilft nur noch eines: Die innere Kündigung in die Tat umsetzen. Aber Vorsicht: Auch beim neuen Job sollte man sich genau überlegen, was man will. Wem zum Beispiel Weiterentwicklungsmöglichkeiten fehlen, sollte beim neuen Arbeitgeber genau nach den Aussichten fragen. Sonst droht erneut die innere Kündigung. dpa