Hannover. Obwohl es Hunderte Lehrberufe gibt, steuern 40 Prozent der Bewerber seit Jahren nur auf zehn Berufe zu.

Die Jungs wollen am liebsten in die Werkstatt, die Mädchen am liebsten ins Büro: Mit ihrem Ansturm auf die immer gleichen Berufe machen es sich viele Auszubildende unnötig schwer. Denn ein Großteil von ihnen bewirbt sich laut der amtlichen Statistik seit Jahren trotz weitaus größerer Auswahl immer auf die gleichen beliebten Lehrberufe.

Dort herrscht dann aber auch die größte Konkurrenz. Dabei gäbe es der Arbeitsagentur zufolge in der Regel viele Alternativen, die durchaus noch den Vorlieben der Bewerber entsprechen, aber eben nicht auf die überlaufenen Top-Ten-Ausbildungsgänge entfallen.

„Wer gerne Kaufmann oder Kauffrau werden möchte, hat deutlich mehr Auswahl als Einzelhandel und Büro. Es gibt rund 50 Berufe in diesem Feld“, sagt eine Sprecherin der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit. „Kaufleute werden auch im Bereich Automobil, Immobilien, Informatik, Marketing und Tourismus ausgebildet. Jugendliche sollten einen Beruf wählen, der zu ihren Interessen passt und gleichzeitig aber nicht so überlaufen ist.“

Für den nächsten Ausbildungsstart in Niedersachsen hatten sich bis Juni gut 55 000 Bewerberinnen und Bewerber bei der Arbeitsagentur gemeldet. 40 Prozent von ihnen beschränken sich bei ihren Wünschen auf nur zehn Ausbildungsberufe. Den rund 22 500 Top-Ten-Wünschen stehen dabei aber nur gut 16 000 freie Stellen in diesen Berufen gegenüber.

Und die Arbeitsmarktexperten sehen über die Jahre praktisch keine Verschiebung bei den Berufsvorlieben junger Schulabsolventen. Bei den männlichen Bewerbern liegt Kfz-Mechatroniker ganz vorne – früher hieß das Kfz-Mechaniker. Es folgt Einzelhandelskaufmann und auf Rang drei steht mit dem Industriemechaniker wieder ein technischer Beruf. Bei den Bewerberinnen liegt die Büro- vor der Einzelhandelskauffrau und vor der medizinischen Fachangestellten (der Beruf hieß früher Arzthelferin).

Der Arbeitsagentur zufolge sind die Mütter und Väter bei der Ausbildungswahl ihrer Kinder nach wie vor die wichtigsten Ratgeber. Es sei wichtig, dass auch sie ihr Wissen über die Berufswelt aktualisierten. So fielen in den vergangenen Jahren etliche Berufsbilder weg, etwa der Foto- und Filmlaborant. Andere hätten ihre Inhalte stark verändert. So lernten angehende Dachdecker inzwischen viel über energetische Herausforderungen, und beim früheren Gas- und Wasserinstallateur gehöre die Klimatechnik mittlerweile zum Alltag.

Andere Ausbildungen hingegen seien aufgewertet worden: Speiseeishersteller lernten die Auszubildenden früher zwei Jahre lang, das moderne Berufsbild „Fachkraft für Speiseeis“ ist inzwischen ein Beruf mit dreijähriger Ausbildungszeit.

Im Internet informiert die Arbeitsagentur mit Videos über Berufe. Ein Klick lohnt. Der „Mediengestalter Flexografie“ etwa dürfte vielen wohl kein Begriff sein. Er gestaltet Stempel, Schilder und Gravuren und stellt sie mit den unterschiedlichsten Geräten her. dpa