Braunschweig.

Gut schlafen ist was anderes. Uwe Goretzki kann sich gut an so manche Sommernacht erinnern. Auf langen Touren stellte er seinen Lkw auf Parkplätzen an der Autobahn ab. „Wenn man von elf Stunden nur zwei schläft, ist das hart“, sagt er. Vorbeirasende Autos und stickig-warme Luft im Fahrzeuginneren sind unangenehm.

Der 49-Jährige ist gelernter Bergmann. Doch in den 1980er Jahren wurden immer mehr Gruben stillgelegt, so dass er den Job wechselte. Seit 23 Jahren ist er nun Berufskraftfahrer für das Braunschweiger Speditionsunternehmen Wandt. Den damaligen Quereinstieg hat er trotz einiger unruhiger Nächte nie bereut. „Man übernimmt Verantwortung, arbeitet eigenständig und muss täglich Entscheidungen treffen“, beschreibt er die Reize seines Berufs.

Allerdings kommen diese offenbar bei vielen nicht an. Denn die Transportbranche klagt über Nachwuchsmangel. Eine Fachstudie der Hochschule Heilbronn im Auftrag des Automobilzulieferers ZF Friedrichshafen ergab: Junge Menschen schrecken das negative Image des Berufs, die oft unattraktiven Arbeitsbedingungen, die ungünstigen Arbeitszeiten mit Überstunden, der Termindruck, die schlechte Vereinbarkeit des Berufs mit dem Privatleben sowie das relativ geringe Einkommen ab.

Ein weiteres Problem: Durch den Wegfall der Wehrpflicht fehlt die Möglichkeit, den Lkw-Führerschein bei der Bundeswehr zu erwerben. Davon machten früher jährlich etwa 15 000 Menschen Gebrauch. Wer den Führerschein jetzt selbst finanzieren muss, hat mit Kosten von 6000 bis 8000 Euro zu rechnen.

Für Christian Heib ist der Erwerb der Fahrerlaubnis Bestandteil seiner Ausbildung bei Wandt. Der 25-Jährige ist im dritten Ausbildungsjahr. Als Maler und Lackierer wollte er trotz abgeschlossener Ausbildung nicht arbeiten. Jetzt ist er in die Fußstapfen vieler Familienmitglieder gestoßen. „Opa, Vater, Tante, Onkel – bei mir sitzt die halbe Familie beruflich am Steuer“, erzählt der Halberstädter.

„Man muss gewillt sein, körperlich und geistig zu arbeiten“, skizziert Heib die Anforderungen an einen Berufskraftfahrer. Die Arbeitszeiten seien nicht regelmäßig. „Das mit dem Feierabend ist immer eine Gratwanderung“, ergänzt sein erfahrener Kollege Uwe Goretzki. Stau, Reifenpanne oder ein Problem mit der Ladung – und schon wird’s später.

Das Klischee von stunden- oder gar tagelangen Touren auf der Autobahn trifft aber oft nicht zu. „Es gibt Tage, da fährt man nur Strecken wie Braunschweig – Salzgitter. „Da ist man mehr mit Be- und Entladen und Ladungssicherung beschäftigt als mit dem Fahren“, sagt Heib. Auch der Termindruck bei Wandt sei nicht zu groß. „Vor einer meiner Fahrten hatte Eisregen eingesetzt“, erzählt Goretzki. Sein Chef habe ihm gesagt, er solle einfach dann losfahren, wenn er es verantworten könne.

„Es ist schon eine enorme Verantwortung, wenn ein junger Mensch mit einer Lkw-Ladung im Wert von 150 000 Euro unterwegs ist“, sagt ihr Chef Adalbert Wandt, der es als Präsident des Bundesverbands Güterkraftverkehr wissen muss. Schon während der dreijährigen Ausbildung seien die Nachwuchskräfte viel mit dem Lkw unterwegs. Der Berufsschulunterricht finde an der Heinrich-Büssing-Schule in Braunschweig statt.

„Eins ist sicher: Ein geprüfter Berufskraftfahrer wird nicht so schnell arbeitslos“, betont Wandt. Denn: Laut Studien gehen in den nächsten 10 bis 15 Jahren etwa 250 000 der jetzt rund 660 000 Berufskraftfahrer in den Ruhestand. Die Lücke kann durch nachrückenden Nachwuchs immer seltener gedeckt werden.