Braunschweig.

Mit kräftigen und konzentrierten Bewegungen reibt Rudolf Schäfer ein Stück Putzwatte über die Taufschale, bis das Messing funkelt. Die Sakristei der Riddagshäuser Klosterkirche bei Braunschweig ist von einem Geruch nach Firnis und Terpentin erfüllt. Es ist winterlich kühl, doch der 62-Jährige ist zu sehr in die Arbeit vertieft, als dass er das wahrnehmen würde. Als Küster ist er das unverzichtbare „Mädchen für alles“, sagt er, jedoch auch: „Wer weiß, wie lange es unseren Berufsstand noch in dieser Form gibt?“

Schäfer ist Vorsitzender des Deutschen Evangelischen Küsterbundes. Dem Zusammenschluss gehören bundesweit zwölf regionale Verbände mit etwa 5800 Kirchendienern an. In der braunschweigischen Landeskirche feierte die örtliche Arbeitsgemeinschaft der Kirchenvögtinnen und Kirchenvögte am vergangenen Sonnabend ihr 50-jähriges Bestehen. Die Küster oder Mesner - mancherorts auch Kirchenvogt oder Kirchner genannt - sorgen für den reibungslosen Ablauf von Gottesdiensten. Zudem kümmern sie sich um die Pflege von Gebäuden und Anlagen. „Wir sind aber weit mehr als nur Hausmeister“, betont Schäfer.

In der Regel finde die Gemeinde eine saubere Kirche vor, mit Blumenschmuck, den korrekt ausgewählten Altartüchern, gut begehbaren Wegen auf dem Gelände und einer gepflegten Gartenanlage. „Wer die graue Eminenz hinter all dieser Arbeit ist, das machen sich die wenigsten bewusst“, sagt Schäfer. Zwei Tage brauche er beispielsweise, um in der gesamten Kirche Staub zu saugen. „Fegen geht nicht“, sagt er. Der Staub würde aufgewirbelt, und bei 24 Metern Deckenhöhe würde er sich an unerreichbaren Stellen festsetzen.

Schäfer kennt zu beinahe jedem Metall den passenden Reiniger. Er kennt die Geschichte seiner Kirche, die er Touristengruppen erläutert: „Und einmal hatte der Organist bei einer Trauung verschlafen, da habe ich mich schnell an die Orgel gesetzt und den Einzug gespielt“, verrät er. Angesichts klammer Kassen fürchtet er dennoch um den Fortbestand vieler Küsterstellen.

Viele Ehrenamtliche machten gute Arbeit und seien mit ähnlich viel Herzblut bei der Sache, wenn es um „ihre Kirche“ gehe. Doch an vielen Stellen fehle ihnen die grundlegende Ausbildung eines Küsters, sagte Schäfer. Davon, dass Ehrenamtliche den Berufsstand ersetzen, hält er nichts. Die Stellen werden jedoch immer weiter zusammengestrichen, berichtet er: „Bei diesem Tempo kann man alle Hauptamtlichen in Vollzeit auf dem Gebiet der braunschweigischen Landeskirche bald mit zwei Händen abzählen.“ Dabei sei eigentlich in jeder Kirche „Arbeit pur“ zu finden.

„Bis nach Silvester habe ich in diesem Jahr kein einziges freies Wochenende mehr“, sagt Schäfer nach einem Blick in seinen Kalender. Die Arbeit könne daher auch zur Belastung für die ganze Familie werden. Es habe beispielsweise Jahre gebraucht, bis sich sein Enkel damit abfinden konnte, dass Opa an Weihnachten morgens aus dem Haus geht und erst nach Mitternacht zurückkommt. Doch die Loyalität mit dem Beruf wiegt schwer. Schäfer bringt sie so auf den Punkt: „Ein Küster ist der Erste, der kommt, und der Letzte, der geht.“ epd