Braunschweig. Welche „Krankmacher“ gibt es am Arbeitsplatz? Das ist bei Büroarbeit oft schwer erkennbar. Denn viele „Krankheiten“ haben ihre Wurzeln im Privatleben.

Zugluft. Giftige Dämpfe. Ohrenbetäubender Lärm. Solche „Krankmacher“ am Arbeitsplatz können Unternehmen leicht erkennen. Anders ist es bei der Büroarbeit. „Hier ist oft auf den ersten Blick nicht erkennbar, was die Gesundheit der Mitarbeiter belastet“, erklärt Katrin Schwarz, Projektleiterin Gesundheitsmanagement bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall.

Trotzdem gibt es auch bei der Büroarbeit „Krankmacher“ – jedoch teils andere als in der Produktion. Das zeigt ein Blick auf die häufigsten Erkrankungen von Büroangestellten. Neben Infektionskrankheiten sind dies Erkrankungen der Wirbelsäule und des Bewegungsapparats, Herzkreislauf- und Stoffwechselerkrankungen sowie psychosomatische Erkrankungen. Diese „Zivilisationskrankheiten“ verursachen laut Michael Treixler, Geschäftsführer des Präventionsspezialisten Skolamed, Königswinter, fast 80 Prozent der krankheitsbedingten Fehltage – „auch weil ihr Verlauf oft chronisch ist“.

Deshalb sollte ihre Prävention früh beginnen. Darüber sind sich die Experten einig. Weniger klar ist: Wie können sie vermieden werden? Denn diese Erkrankungen haben meist keine eindeutige Ursache. So werden zum Beispiel viele Herzkreislauf- und psychosomatische Erkrankungen durch Stress (mit-)verursacht. Und der kann wiederum durch viele Faktoren – zum Beispiel Termindruck oder Überforderung – ausgelöst werden.

„Persönliche Denk- und Verhaltensmuster spielen beim Stressempfinden eine wichtige Rolle“, sagt Julia Voss, Geschäftsführerin des Trainingsunternehmens Voss+Partner, Hamburg. Diese zeigen die Mitarbeiter auch zu Hause. „Wer im Beruf schnell gestresst ist, ist auch privat kein ruhender Pol.“ Diese Erfahrung hat Susanne Scale von der Mittelstandsberatung Nollens, Dessel & Kollegen in Soyen (Oberbayern) gesammelt. Berufliches und Privates sind folglich eng verwoben, wenn es um den Krankmacher Stress geht.

Dies gilt auch für die anderen Risikofaktoren, die häufig die genannten Zivilisationskrankheiten auslösen. Zum Beispiel eine ungesunde Ernährung. „Wer in der Kantine bevorzugt Fleisch und Pommes ‚rot-weiß’ isst, ist auch zu Hause kein Salat- und Körneresser“, stellt Beraterin Scale fest.

Ähnlich verhält es sich mit dem Bewegungsmangel. Viele Büroarbeiter verbringen auch ihre Freizeit weitgehend sitzend – zum Beispiel im Auto und vor Laptop oder Fernseher.

„Deshalb kommen Unternehmen mit einem Präventionskonzept, das sich auf das gesundheitsgerechte Gestalten des Arbeitsumfelds konzentriert, allein nicht weit“, betont Evelin Großmann. Sie müssten den Menschen als Ganzen im Blick haben, erklärt die Betriebsärztin der Bausparkasse Schwäbisch Hall. Auf das Freizeitverhalten ihrer Mitarbeiter haben die Unternehmen aber keinen direkten Einfluss. Einstellungs- und Verhaltensänderungen vollziehen Mitarbeiter nur, „wenn sie dies als persönlichen Gewinn erfahren“. Deshalb greifen aus Sicht der Bausparkasse betriebliche Work-Life-Balance-Konzepte zu kurz, die ihren Blick ausschließlich auf die Arbeitswelt richten. Ihr Ausgangspunkt müsse vielmehr sein: Wie leben die Mitarbeiter heute und mit welchen Anforderungen sehen sie sich aufgrund ihrer Lebenssituation konfrontiert?

Diese Konzepte greifen aber nur dann, wenn die Mitarbeiter aktiv mitarbeiten. Zum Beispiel in Gesundheitszirkeln – Gesprächskreisen also, bei denen die Mitarbeiter selbst ermitteln, welche Faktoren ihr Wohlbefinden negativ beeinflussen. „So geraten auch Krankmacher ins Blickfeld, die Außenstehende nur schwer erkennen“, erklärt Susanne Scale.