Braunschweig. Soll ich Informatik studieren oder nicht? Das fragen sich viele Schulabgänger, die sich für die IT-Technik interessieren.

Computer-Spezialisten gesucht – das liest man zurzeit in fast jedem Arbeitsmarktbericht. Doch wie sieht es in vier, fünf Jahren aus? Sind dann die meisten Stellen nach Indien und China verlagert? Das fragen sich viele Schulabgänger, die ein Informatik-Studium erwägen.

„Die Karrierechancen für Informatiker werden auch in einigen Jahren gut sein“, beruhigt Maurice Shahd, Sprecher des Branchenverbands Bitkom. Shahds Optimismus fußt auf zwei Faktoren. Erstens: „Die Informationstechnik ist heute eine Schlüsseltechnologie.“ Ohne IT geht in den meisten Betrieben nichts mehr. Zweitens: „Die Zahl der Absolventen von Informatikstudiengängen war in den letzten Jahren zu niedrig. Deshalb sind und bleiben IT-Experten gefragt.“

Jedoch ändert sich allmählich das Anforderungsprofil an die Computer-Spezialisten. Zur raren Spezies werden Programmierer, die wochenlang vor sich hin programmieren, ohne mit ihrer Umwelt zu kommunizieren. Gefragt sind zunehmend „teamfähige Spezialisten, die mit anderen Experten maßgeschneiderte Problemlösungen entwickeln können – fürs eigene Unternehmen und für Kunden“, betont Professor Michael Löwe, Leiter der Abteilung Informatik an der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) Hannover. „Also müssen die Informatiker von morgen zumindest ein Überblickswissen in anderen Fachgebieten haben.“

Ähnlich äußern sich Unternehmensvertreter. So zum Beispiel Daniela Apel, verantwortlich für die Personalbetreuung bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall: „Wir brauchen ITler, die auch das nötige betriebs- und finanzwirtschaftliche Know-how haben, um die Geschäftsprozesse in unserem Unternehmen zu verstehen.“

Doch solche Spezialisten sind rar. Deshalb finanziert die Bausparkasse Jahr für Jahr mehreren Abiturienten das (Wirtschafts-)Informatikstudium.

Einen ähnlichen Bedarf signalisieren zahlreiche Unternehmen. Entsprechend boomen zurzeit die „Bindestrich-Informatiker“. Der Klassiker unter ihnen ist der Wirtschaftsinformatiker, der auch über betriebswirtschaftliches Know-how verfügt. Immer stärker sind aber auch andere „Bindestrich-Informatiker“ gefragt – zum Beispiel solche, die vom Maschinenbau, der Medizintechnik oder vom Versicherungswesen eine Ahnung haben. „In diesen Grenzbereichen zu anderen Disziplinen entstehen ganz neue Berufsfelder“, bestätigt Rolf Chung vom IT-Mittelstandsverband VDEB.

Was folgt daraus für Abiturienten, die sich für ein Informatik-Studium interessieren? Sie sollten laut Elisabeth Heinemann, Professorin für Schlüsselqualifikationen am Fachbereich Informatik der FH Worms, darauf achten, dass ihnen ihr Studium auch „fundierte Einblicke in andere Wissens- und Anwendungsbereiche“ bietet – zum Beispiel durch Praktika oder Projekte, bei denen Studenten mit Vertretern anderer Disziplinen zusammenarbeiten. Sie können auch entsprechende Schwerpunkte im Studienprogramm setzen. Heinemann, die den Karriereratgeber für ITler „Jenseits der Programmierung“ schrieb, sagt Informatikern mit einem solchen Profil auch langfristig gute Job- und Karrierechancen voraus.