Braunschweig. Wenn Stellensucher in Bewerbungen ihren Gehaltswunsch nennen sollen, geraten sie oft ins Schwitzen.

Dies ist meist unbegründet. Denn mit dieser Frage wollen Unternehmen in der Regel nur checken: Schätzt der Bewerber seinen Marktwert einigermaßen realistisch ein?

Wenn Sie diese Position interessiert, senden Sie Ihre Bewerbung mit Angabe Ihres Gehaltswunschs bitte an: .....“ Dieser oder ein ähnlicher Satz steht am Schluss vieler Stellenanzeigen. Und regelmäßig bringt die Frage nach dem Gehaltswunsch Bewerber ins Schwitzen, weiß Personalberater Frank Adensam, Ludwigshafen, aus Erfahrung – „unabhängig davon, ob es sich um junge, eher unerfahrene Stellensucher oder berufserfahrene Männer und Frauen handelt, die sich nach vielen Jahren erstmals wieder bewerben“.

Denn kaum haben sie den Satz gelesen, beginnt sich bei ihnen im Kopf ein Karussell zu drehen: „Soll ich ein eher hohes Gehalt nennen, um Selbstbewusstsein zu dokumentieren? Oder katapultiere ich mich damit aus dem Bewerbungsrennen und sollte ich deshalb ein eher niedriges Gehalt angeben?“ Und weil sie auf diese Frage oft keine befriedigende Antwort finden, gehen viele Bewerber auf die in der Stellenanzeige formulierte Bitte überhaupt nicht ein.

Firmen erwarten eine Antwort: früher oder später

Dies ist laut Berater Adensam die „falscheste Reaktion“. Denn wenn Bewerber auf diesen „expressis verbis artikulierten Wunsch“ nicht reagieren, dann geben sie unvollständige Unterlagen ab: Das ist ein Minuspunkt. Und oft beginnt dann bei den Personalverantwortlichen das Kopfkarussell zu kreisen: „Warum nennt der Bewerber keine Zahl? Kann er seinen Marktwert nicht einschätzen?“ Und: „Wie reagiert er sonst auf an ihn herangetragene Wünsche? Negiert er diese ebenfalls?“

Deshalb rät Adensam im Anschreiben zumindest zu signalisieren: Ich habe Ihren Wunsch registriert. Zum Beispiel mit einer Formulierung wie: „Mein aktuelles Gehalt beträgt 45 000 Euro im Jahr“. Sinnvoller ist es jedoch, sich im Vorfeld zum Beispiel bei Personen, die eine vergleichbare Position haben, darüber zu informieren, was eine angemessene Forderung ist.

„Dies tun die meisten qualifizierten Bewerber auch“, berichtet Maike Unger, Personalreferentin beim Versicherungskonzern Allianz Deutschland. Dort bittet man zum Beispiel die Hochschulabsolventen, die sich für ein Trainee- oder Vorstandsassistenten-Programm bewerben, stets, auch ihre Gehaltsvorstellung zu nennen. Warum? „Wir wollen, dass die Bewerber sich mit der Frage befassen, welches Gehalt bei vergleichbaren Positionen in der Finanzbranche üblich ist und sich eine eigene Meinung bilden“, erläutert Unger. Fast alle Bewerber gehen auf den Allianz-Wunsch ein.

Und wenn ein Bewerber dies nicht tut? Dann wird er in der Regel in dem Telefoninterview, das sich meist an das erste Sichten der Bewerbungsunterlagen anschließt, nach seiner Gehaltsvorstellung gefragt.

Entscheidend ist das Gesamtpaket

Ähnlich agieren die meisten Unternehmen. „Warum diese also nicht gleich im Bewerbungsschreiben nennen und so verhindern, dass man eventuell beim Sichten der Unterlagen einen Minuspunkt erhält?“, fragt Adensam. Zumal die Angst, bei einem zu hohen Betrag aus dem Rennen zu fliegen, zumindest bei qualifizierten Stellen meist unbegründet ist. Maike Unger von der Allianz berichtet zum Beispiel: „Die Bewerber für unser Trainee- und Vorstandsassistenten-Programm nennen tendenziell eher ein zu hohes Gehalt.“ Eine Absage erhalten die betreffenden Bewerber deshalb aber nicht.

Auch kleinere Unternehmen fragen nach den Gehaltsvorstellungen der Bewerber. Rudolph Welcker, Geschäftsführer der Weseler Teppich GmbH, fragt nach eigener Aussage jedoch in Stellenanzeigen nicht nach der Gehaltsvorstellung der Bewerber. Erst beim ersten persönlichen Treffen stellt er diese Frage und erwartet eine Antwort, die zeigt, dass der Bewerber seinen Marktwert realistisch einschätzt. Realistisch heißt: Die Gehaltsvorstellung muss der Qualifikation und inserierten Stelle „angemessen“ sein. Ist dies nicht der Fall, fliegt der Bewerber in der Regel aus dem Rennen. Ist die Vorstellung hingegen einigermaßen realistisch, dann notiert sich Welcker diese zunächst – ohne größeren Kommentar. Das heißt, das Auswahlverfahren wird fortgesetzt.

„Wenn Unternehmen nach der Gehaltsvorstellung von Bewerbern fragen, geht es ihnen in der Regel nicht um den konkreten Betrag“, betont auch Personalberater Adensam. Sie wollen lediglich wissen: Schätzt der Bewerber seinen Marktwert angemessen ein? Unangemessen wäre es zum Beispiel, wie Uwe Goldschmidt, Key-Account-Manager bei der Werbeagentur Creativteam aus Hannover betont, wenn ein Grafiker, der frisch von der Hochschule kommt, ein Jahresgehalt von 50 000 oder 60 000 Euro fordern würde. „Denn dies ist eher das Gehalt eines Art-Directors mit mehrjähriger Berufserfahrung.“