Eltern sollten nicht desinteressiert am Rande stehen, wenn ihr Kind sich für ein Studium entscheidet. Aber auch ein Zuviel an Einmischung kann schaden. Das ist für Eltern eine schwierige Gratwanderung.

Das Erwachsenwerden fällt bei vielen Jugendlichen mit der Studienwahl zusammen: Sie sind meist volljährig, wenn sie die weiterführenden Schulen verlassen und sich für einen Berufsweg entscheiden. Für manche Eltern ist es nicht einfach, das richtige Verhältnis zu finden zwischen wohlwollender Unterstützung und nerviger Überbehütung.

"Eltern sind präsenter als früher", meint Peter Schott, Leiter der Zentralen Studienberatung (ZSB) der Universität Münster. Diese Präsenz bezieht sich auch auf den Prozess der Studienwahl, der oft lange vor dem eigentlichen Studium beginnt.

Peter Schott hat die Erfahrung gemacht, dass zunehmend Eltern in die Beratung mitkommen wollen. "Das kann hilfreich sein, aber auch die Ratsuchenden befangener machen – vor allem, wenn Eltern bestimmte Interessen haben und diese ständig in den Mittelpunkt der Beratung stellen wollen", sagt der Diplom-Psychologe.

In Münster können Eltern, wie in den meisten anderen Studienberatungsstellen, an den Orientierungsgesprächen teilnehmen. Natürlich werden die Ratsuchenden gefragt, ob sie das wollen – was meistens bejaht wird.

"Ich kann mich an einen Fall in meiner Amtszeit als Dekan erinnern, in dem Eltern unbedingt die Noten ihres Kindes wissen wollten", berichtet Professor Werner Deutsch, Psychologe an der TU Braunschweig. Die Rechtslage war allerdings eindeutig: Deutsch durfte die gewünschten Auskünfte nicht geben.

Mit der Volljährigkeit, also in Deutschland mit 18 Jahren, macht das soziale System einen Schnitt, und die Jugendlichen sind als Erwachsene zu behandeln. So lange es um einen Austausch auf freiwilliger Basis zwischen Eltern und Kindern geht, ist nichts dagegen zu sagen, wenn Eltern auch Informationen über Studiengänge und -ziele bekommen.

"Es gibt gerade bei Eltern, die keinen akademischen Hintergrund haben, ein berechtigtes Informationsbedürfnis", sagt Werner Deutsch. Studierende könnten mit ihren Erläuterungen zum besseren Verständnis des universitären Hintergrunds beitragen. Deutsch beobachtet eine stärkere Teilnahme der Eltern bei den Examensfeiern der Hochschulen. Nicht selten widmen Kinder sogar ihre wissenschaftlichen Arbeiten den Eltern. "Die Studierenden erkennen auf diese Weise an, dass ihre Eltern ihnen das soziale Rückgrat für ihr Studium geliefert haben", so Werner Deutsch.

Was aber tun, wenn die Eltern übertreiben und sich viel stärker einmischen als gewünscht? Die betroffenen Jugendlichen müssen dann deutlich machen, dass Eltern zwar beraten können, die Entscheidung letztlich aber ihre Sache ist. "Rat ja, Entscheidung für andere aber nicht", so zieht Peter Schott die Grenzen für Eltern.

Er und Werner Deutsch empfehlen Eltern, die diese Grenze nicht akzeptieren können, eine von ihren Kindern getrennte Beratung in Anspruch zu nehmen. Auch dazu sind manche Studienberatungsstellen der Hochschulen auf Nachfrage bereit.

Reinhard Böhm hat Sozialwissenschaften an der Universität Erlangen-Nürnberg studiert. Er ist Studienberater an der TU Braunschweig.