Junge Ingenieure sind mehr denn je gefragt – Studienabsolventen haben nach Ansicht von Experten exzellente Berufsaussichten.

Wer schon in der Schule Interesse an Mathematik und Physik hat und auch noch ganz gut mit Computern umgehen kann, "sollte sich überlegen, ob nicht ein Hochschulstudium einer Ingenieurwissenschaft für ihn das Richtige wäre", sagt Professor Dr. Meinhard Schilling, Institutsleiter an der Fakultät Elektrotechnik, Informationstechnik und Physik an der Technischen Universität Braunschweig. "Alles ist lernbar", wirkt er Meinungen entgegen, die gerade das Elektrotechnik-Studium als besonders schwer qualifizieren.

Viele Hochschulen verstärken derzeit ihre Bemühungen, Abiturienten den Einstieg ins Studium so einfach wie möglich zu machen. Und sie buhlen um das Interesse der Schulabgänger – und zwar der männlichen wie weiblichen. Und das hat seinen Grund.

Unternehmen aus Forschung und Wirtschaft sind auf Ingenieurnachwuchs dringend angewiesen, das dürfte sich auch unter den potenziellen Studienanfängern schon herumgesprochen haben.

Eine aktuelle Erhebung des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) unterstreicht den Bedarf: "Beim Anstieg des Fachkräftemangels ist seit Monaten kein Ende abzusehen", betont VDI-Direktor Willi Fuchs. Im Mai 2011 gab es bundesweit 94 000 offene Stellen für Ingenieure. Dem standen nur gut 21 000 arbeitslose Ingenieure gegenüber. Mit der als "Ingenieurlücke" bezeichneten Differenz von fast 73 000 derzeit nicht zu besetzenden wissenschaftlichen Fachkräftestellen sei ein neues Allzeithoch erreicht, so Fuchs.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, setzen sich neben dem VDI und den Universitäten und Fachhochschulen längst auch Betriebe mit Informationsveranstaltungen und Schnupperpraktika dafür ein, Schüler möglichst früh und nachhaltig für Technik zu begeistern. Kooperationen mit weiterführenden Schulen gehören für viele Unternehmen mit hohem Fachkräftebedarf zum Tagesgeschäft.

"Selbst die zu erwartende größere Nachfrage an Studienplätzen in den Ingenieurwissenschaften durch den doppelten Abiturjahrgang in diesem Jahr sei "nur ein Tropfen auf den heißen Stein", so Meinhard Schilling von der TU Braunschweig. Die Hochschulen haben darauf reagiert. "Wir haben unsere Aufnahmekapazität für Studienanfänger für das kommende Wintersemester von 1700 auf 3400 verdoppelt", erklärt Evelyn Meyer-Kube, Sprecherin der Ostfalia-Hochschule für angewandte Wissenschaften mit Sitz unter anderem in Salzgitter, Wolfenbüttel und Wolfsburg.

"Man muss in Mathe, Physik und Informatik nicht die Note 1 haben", betont Schilling. Mit Technik sollte man sich indes schon gern beschäftigen, rät er. "Viele Studenten entwickeln erst während des Studiums ein Faible für die Aufgaben, die mit ihren Fächern in Zusammenhang stehen." Die drei großen Ingenieurs-Fachrichtungen sind nach wie vor das Bauingenieurswesen, Elektrotechnik und Maschinenbau. Allerdings würden von den Unternehmen Wirtschaftswissenschaftskenntnisse zunehmend gewünscht – darauf sind die Hochschulen vorbereitet.

Möglichst gute Fremdsprachenkenntnisse sind auf dem globalisierten Arbeitsmarkt ebenfalls eine Grundvoraussetzung auch für Ingenieure. Während des Studiums können fächerübergreifende Kurse je nach Angebot belegt werden.

Interdisziplinäre Qualifizierungen werden ohnehin immer wichtiger. Über den berühmten Tellerrand hinauszuschauen, ermöglicht den Wissenschaftlern, später die Wünsche der Kunden besser zu verstehen und punktgenaue Lösungen zu entwickeln. Aber auch die Universitäten sind längst kein Elfenbeinturm mehr wie es früher einmal war. Sie sind heutzutage viel enger mit der Industrie verzahnt. Daraus folgt auch, dass manch ein Studierender schon vor dem Abschluss seinen Arbeitsvertrag in der Tasche hat.

An der TU legt man Wert darauf, den künftigen Ingenieuren ein breites Grundwissen zu vermitteln und die Ausbildung im Studium nicht allzu sehr zu spezifizieren. "Wer vielseitige Kenntnisse hat, kann auf dem Arbeitsmarkt aus dem Vollen schöpfen", sagt Schilling. Und das nicht nur in den nächsten Jahren, sondern wohl auch in der Zukunft – die demographische Entwicklung macht’s möglich.

Die Hochschulen wollen gerade auch junge Frauen für das Studium einer Ingenieurwissenschaften begeistern. Durch das Gleichberechtigungsgesetz würden künftig immer mehr Unternehmen familiengerechte Bedingungen schaffen, prognostiziert Evelyn Meyer-Kube von der Ostfalia-Hochschule.