Der Beruf der Woche: Unterwegs mit einem Postboten: Hundebisse sind nicht wirklich das Problem heutiger Briefträger – eher der wachsende Konkurrenz- und Zeitdruck.

Klapp, klapp, klapp. Der will nicht, klapp. Der geht nicht durch. Quetsch, quetsch. So, das war’s, weiter! Hagen Floßdorf hat gerade wieder acht Briefe, eine dicke Wochenzeitung und mehrere Werbesendungen eingeworfen. Das war eine Sache von Sekunden. Muss auch so sein, denn andernfalls wäre der Postbote noch bis zum Abend beschäftigt. Es muss alles ganz fix gehen, sonst kriegt man die riesige Menge an Briefen und Broschüren einfach nicht verteilt.

Floßdorfs Revier ist die Kölner Altstadt. Hier kennt er sich aus. Er weiß, dass man bei dem einen Kunden ein Rolladengitter anheben und den Brief darunterschieben muss. Er kennt sich aus im Gängegewirr zwischen den Kölschkneipen. Er hat herausgefunden, wo man sich noch an den Mülltonnen vorbeiquetschen kann, um dann in einer Stiege zwischen abgestellten Fahrrädern zwei versteckte Briefkästen zu erreichen.

Er hat im Kopf, bei wem man anklingeln muss, weil es da gar keinen Briefkasten gibt, und er weiß, welcher Ladenbesitzer es vorzieht, dass man ihm die Briefe persönlich auf die Theke legt. Gehört alles zum Kundenservice. Und dabei darf nie eine Sendung aus dem Briefkasten rausgucken – zur Not muss man so lange drücken und schieben und klopfen, bis auch die dickste Wochenzeitung nicht mehr zu sehen ist.

Der Arbeitstag der 80 000 Briefträger bei der Deutschen Post ist hektischer und länger geworden. Früher kamen sie meist schon mittags wieder zurück in die Poststelle, heute erst nachmittags. Dabei beginnen sie schon früh am Morgen. Viele kommen sogar freiwillig eher, um die Post in Ruhe sortieren zu können. "Die Zusteller fangen früher an, der Arbeitgeber sagt aber: Abgerechnet wird erst ab Dienstbeginn", sagt Rolf Bauermeister, der bei der Gewerkschaft Verdi für die Postdienste zuständig ist.

Hagen Floßdorf (46) macht gerade einen kleinen Bogen um eine Gruppe von Touristen, die den Kölner Dom fotografieren. "Ich selbst seh den nicht mehr", sagt er. Er läuft jeden Tag um den schwarzen Koloss herum, aber er hat keine Augen dafür, weil der Dom keinen Briefkasten hat. Als Postbote bewegt sich Floßdorf durch eine Stadt, die so nur er allein sieht. Es ist eine Aneinanderreihung von Adressen. Groß St. Martin, Kindergarten, Restaurant, Restaurant, Schmitz, Schmidt, Müller. Jeden Tag macht er diese Runde.

Dieter Pietruck, Pressesprecher der Deutschen Post, sagt, Briefträger sei ein schöner Beruf. "Wenn man das Haus verlässt, ist man sein eigener Herr. Da läuft kein Chef hinter. Und man ist immer an der frischen Luft." Allerdings ist man mit ziemlich schwerem Gepäck unterwegs: Auf seinem Wagen kutschiert der Postbote das Gewicht von sieben Sprudelkästen durch die Gegend. Wenn es leer ist, wird nachgefüllt.

"Postboten, die mit dem Fahrrad unterwegs sind, beladen das oft in einer Weise, die kaum noch verantwortlich ist", sagt Bauermeister von Verdi. Und dann noch die Hunde? Pietruck lächelt müde. "Ach, wissen Sie, Hundebisse sind nicht ein wahres Problem eines Postboten."

Am Tag verteilt die Deutsche Post 68 Millionen Briefsendungen. Der Großteil sind gewerbliche Briefe. Persönliches schreibt man sich heute als E-Mail.

Aber das ist es nicht, was den Arbeitsalltag der Briefträger in den letzten 20 Jahren entscheidend verändert hat – es ist der Wegfall des Postmonopols, die zunehmende Konkurrenz durch Billiganbieter. "Die Arbeitsbelastung hat schon gewaltig zugenommen", räumt Pietruck ein. Die Bezirke sind größer geworden und gleichzeitig muss mehr ausgeliefert werden.

Floßdorf ist nicht so der Typ, um zu klagen. Er macht wenig Worte. "Ich geh’ dann mal weiter", sagt er. Ratter-ratter-ratter. Und schon ist er mit seinem Wägelchen um die nächste Ecke verschwunden. dpa